> Peter Fechter - Tod an der Mauer 1962

Peter Fechter - Tod an der Mauer 1962

Am 17. August 1962 erschossen Angehörige der Grenztruppen der NVA in Ost-Berlin Peter Fechter. Der 18-Jährige hatte versucht, die Berliner Mauer zu überwinden. Während einem Freund die Flucht in die Freiheit glückte, erlag Fechter vor den Augen zahlreicher entsetzter Passanten nach rund einstündigem Todeskampf seinen schweren Verletzungen. Fotografien und Filmaufnahmen des sterbenden Fechters gingen um die Welt - und sie berührten und schockierten Millionen Menschen: Ein Jahr und vier Tage nach Beginn des Mauerbaus gab Fechter der menschenverachtenden Rücksichtslosigkeit der SED-Führung gegenüber der eigenen Bevölkerung ein Gesicht.

Im Mai 1962 entschlossen sich der Maurergeselle Peter Fechter und sein Kollege Helmut Kulbeik zur Flucht in den Westen. Die beiden Ost-Berliner empfanden die Verhältnisse in der DDR zunehmend als bedrückend und einengend. In der Bundesrepublik Deutschland wollten sie frei sein, auch wenn sie dafür Eltern, andere Familienangehörige und Freunde zurück lassen mussten. Als Fechter und Kulbeik im Sommer 1962 auf einer Baustelle in Berlin-Mitte arbeiteten, suchten sie gezielt nach geeigneten Stellen für ihr Vorhaben. In der Zimmerstraße in der Nähe des Grenzüberganges Checkpoint Charlie wurden sie fündig. Hier erreichten die beiden Freunde die Mauer - doch während Kulbeik die Überquerung der Grenze gelang, endete der Fluchtversuch Fechters im Kugelhagel der Grenzposten.

Blutend, schreiend und schließlich nur noch vor Schmerzen wimmernd lag Fechter am Fuß der Mauer. Nur wenige Meter von ihm entfernt verfolgten auf westlicher Seite Zivilisten, Polizisten und US-Soldaten das Schreckensszenario hautnah mit. Zwar konnten sie Fechter Verbandspäckchen zuwerfen, direkte Hilfe war allerdings unmöglich, da der Sterbende auf Hoheitsgebiet der DDR lag. Deren Grenzsoldaten wagten laut eigenen Angaben angesichts der Präsenz der zahlreichen bewaffneten Polizisten und Soldaten auf der Westseite keine Bergung Fechters, da man Beschuss befürchtete: Nur drei Tage zuvor war einer ihrer Kollegen an der innerdeutschen Grenze in Thüringen von einem Bundesgrenzschutzbeamten erschossen worden.

Die beiderseitige Propagandaschlacht um die zwei Toten an der Grenze vom August 1962 begann unmittelbar. Der erschossene Grenzsoldat Rudi Arnstedt wurde in der DDR zu einem "sozialistischen Märtyrer" stilisiert, der den "imperialistischen Kräften Westdeutschlands und ihren Söldnern" zum Opfer gefallen sei - Aussagen, denen Viele in der DDR Glauben schenkten. Im Westen wurde Peter Fechter schnell zu einem Symbol für Freiheitswillen und die Unmenschlichkeit des SED-Regimes. Der Schock über das Verbrechen, das in den Foto- und Filmaufnahmen so unmittelbar miterlebt werden konnte, saß insbesondere bei den West-Berlinern tief. Wut und Zorn gegen SED-Machthaber und DDR-Grenzsoldaten, aber auch gegen Angehörige der sowjetischen Streitkräfte waren überall im Westteil Berlins spürbar - wie auch die Verzweiflung über die anscheinend unwiderrufliche Teilung der Stadt durch eine zumindest für DDR-Bürger todbringende Mauer.

Arnulf Scriba
August 2012

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