> Bernhard Randerath: Als Kindersoldat in Holland 1945

Bernhard Randerath: Als Kindersoldat in Holland 1945

Dieser Eintrag stammt von Bernhard Randerath (*1927 ) aus Mönchengladbach , März 2005 :

Es war im Mai 1944 als ich, noch keine 17 Jahre alt, zum Reichsarbeitsdienst eingezogen wurde. Mit einem großen Transport gleichaltriger Jungen ging es von Mönchengladbach nach Hessen in die Gegend von Marburg/Lahn. In Niederklein bei Allendorf war die ARD Abteilung 5/221 stationiert, der ich zugeteilt wurde. Es war eine Fahrabteilung. Sie hatte die Aufgabe, mit Pferdefuhrwerken Baumaterial für den Ausbau des Munitionswerkes in Allendorf heran zu schaffen. Die Abteilung hatte ca. 170 Pferde und Mulis, die in großen Barackenställen untergebracht waren. In der Mitte unseres Barackenlagers war ein riesiger quadratischer Misthaufen der auch zum Strafexerzieren benutzt wurde. Wenn man dieser Zeit etwas Gutes abgewinnen möchte, war es die Tatsache, dass wir keine direkten Belästigungen durch ständigen Fliegeralarm hatten. In unserer rheinischen Heimat waren wir ja gewohnt, mehrmals in der Nacht den Luftschutzkeller aufsuchen zu müssen. Das gab es hier nur ganz selten. Im November 1944 war meine Arbeitsdienstzeit beendet und ich wurde in die Heimat entlassen. Die Entlassung war mit der Auflage verbunden, mich sofort beim Wehrbezirkskommando in Mönchengladbach zu melden. Aber es ging, nach 6 Monaten, zunächst mal heimwärts. Wegen der ständigen Luftangriffe dauerte die Heimreise mit der Reichsbahn mehr als 2 Tage.

Am 19. Dezember 1944 wurde ich zum Militär eingezogen. In Bonn Duisdorf in der weißen Kaserne sollten wir in 6 Wochen zum Kriegseinsatz ausgebildet werden. Die Einheit hieß: Grenadier Ersatz und Ausbildungs- Bataillon 78. Nach 4 Wochen wurden wir aber schon an die Front geschickt und zwar in den halbgeschlossenen Kessel nach Holland. Zu diesem Zeitpunkt waren schon Teile von Deutschland, wie die Stadt Aachen, in der Hand der Alliierten. Wir wurden über die Stadt Leer in Nordfriesland, in den Kessel Holland, eingeschleust. Nach kurzer Zeit wurde auch diese Öffnung geschlossen und wir waren völlig eingekesselt. Zunächst war ich bei der 3. Korps-Nachrichtenabteilung 430. Als Bautrupps wurden wir zum Kabelverlegen eingesetzt. Da gab es immer Arbeit, wenn Leitungen durch Kriegseinwirkung gestört waren. Mit der Kabeltrommel auf dem Rücken hasteten wir durch die Gegend um die Schäden zu beheben oder neue Leitungen zu legen. Ein Ausbruch aus dem Kessel war nicht mehr möglich, weil Ende Februar 1945 die Offensive der Alliierten begonnen hatte, und ganz schnell weite Teile Deutschlands in alliierter Hand waren. Nach einiger Zeit hieß es, es sollen Jagdkommandos gebildet werden, die hinter der feindlichen Linie eingesetzt würden um Sabotageakte zu verüben. Wie man von älteren Kameraden wusste, waren das richtige Himmelfahrtskommandos. Es wurde beim Appell für Freiwillige geworben. Nachdem sich keiner freiwillig meldete, schrie unser Spieß: "Hoffentlich sind bald die jungen Spunte hier vorne." Es blieb mir also nichts andres übrig, als mich zu melden.

Wir kamen in ein Ausbildungslager in Zeist bei Utrecht. Dort wurden Einsatztrupps gebildet, die jeweils aus einem Offizier, einem niederländischen SS Mann und 5 jungen Leuten bestanden. Ausgebildet wurden wir mit verschiedenen Sprengstoffen, überwiegend englischem Knetsprengstoff. Damit sollten wir im Hinterland des Gegners Sabotage verüben. Doch es kam zum Glück anders. Der Vormarsch der Alliierten in Deutschland ging schnell auf Berlin zu und auch in Holland wurde der Kessel immer enger. So wurden diese Jagdkommandos schnell wieder aufgelöst und ich kam wieder zu meiner Einheit zurück. Nachdem Hitler am 30.April 1945 Selbstmord verübt hatte, wurde Großadmiral Dönitz Nachfolger Hitlers. Am 1. Mai 1945 sollten wir noch auf den neuen Staatsführer Dönitz vereidigt werden, obwohl in Berlin schon die Russen waren. Diese neue Vereidigung war ein Witz, weil die meisten Soldaten die Eidesformel nur gemurmelt haben.

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