> Dorothea Günther: "Röhm-Putsch" 1934

Dorothea Günther: "Röhm-Putsch" 1934

Dieser Eintrag stammt von Dorothea Günther (*1914) aus Berlin, Juni 2010:

Der 30. Juni 1934 ist mir von allen "politischen" Daten besonders gut in Erinnerung geblieben. Es war Sonnabend, ein herrlicher Sommertag. Aber die Atmosphäre war angespannt und voller Gerüchte. Jeder ahnte, es "lag was in der Luft", wie es in einem bekannten Schlager hieß. Am späten Abend gingen mein Freund Wolfgang und ich spazieren, im Friedrichshain, wo auf einigen stillen Wegen die Linden so betörend dufteten. Selbst unser Gespräch war an diesem Abend politisch, keine Spur von Romantik. Das Radio hatte inzwischen bekannt gegeben: Einige der höchsten SA-Führer, noch vor kurzem hoch gelobt, sollten homosexuell sein und seien nun einer "gerechten Strafe" zugeführt worden.

Gelegentlich hatte ich von einem Kollegen auf meiner Arbeitsstelle, einem SA-Mann, den Spruch gehört: "SA, Arsch waschen! Röhm kommt!" Die Bedeutung dieser Worte hatte ich allerdings nicht verstanden. Wolfgang und ich überlegten, ob wir nun traurig sein sollten über die Sittenverderbnis der SA-Führung oder uns freuen sollten, dass der Führer so hart durchgegriffen hatte. Was tatsachlich hinter dem "Röhm-Putsch" steckte, das ganze Ausmaß der Strafaktionen und Ausschreitungen, sollten wir erst nach dem Zusammenbruch des "tausendjährigen Reiches" erfahren.

lo