> Helmut Stoklossa: Hamburger Schülersoldaten 1945

Helmut Stoklossa: Hamburger Schülersoldaten 1945

Dieser Eintrag stammt von Helmut Stoklossa (*1929) aus Hamburg:

Ende 1944 wurden die Schüler des Jahrganges 1929 der weiterführenden Schulen aus der Kinderlandverschickung nach Hamburg zurückgeholt, um als letztes Aufgebot das "Tausendjährige Reich" dem Endsieg näher zu bringen.

Nach kurzen, vormilitärischen Übungen in den hiesigen Kasernen, ging es Anfang 1945 mit der Reichsbahn nach Weddewarden an der Weser zur militärischen Ausbildung. Im April kamen wir per Hochbahnbussen nach Jenfeld zum Holstenhof, wo unsere belgischen Uniformen gegen Feldgrau ausgetauscht wurden. Von dort ging es mit dem Doppeldecker-Vorortzug an die Front vor den Toren von Harburg.

In sieben Tagen machten wir achtmal Quartier- bzw. Stellungswechsel, um am 1. Mai in der Gaststätte "Schloß Ecke" am Karnapp/Ecke Harburger Schloßstraße, an der Bahnlinie Harburg - Cuxhaven, zu landen, wo uns die Engländer mit Granatwerfern berieselten.

Am 2. Mai kam das Gerücht auf, daß Hamburg kampflos übergeben werden sollte, was dann auch in einer Extra-Ausgabe der Hamburger Zeitung bestätigt wurde. Unsere Offiziere und Ausbilder sahen wir von diesem Zeitpunkt an nicht mehr wieder, denn es hieß, wir sollten weiter im Osten gegen die Russen kämpfen, und so hatten sie sich Zivilkleidung "besorgt" und waren untergetaucht. Wir 15jährigen Schülersoldaten aber blieben uns selber überlassen. Wir hatten keine Ausweise und nur unsere feldgrauen Wehrmachtsuniformen am Leib.

Ich war damals in unserem verlassenen Haufen der einzige Harburger mit Otskenntnissen und hatte erfahren, daß der letzte Vorortszug um 23 Uhr Richtung Hamburg fahren würde, danach sollten die Elbbrücken gesperrt oder gesprengt werden.

Wir machten uns nach Einbruch der Dunkelheit auf den Weg zum Harburger Hauptbahnhof, den wir auch, "schwer bewaffnet" mit scharfen Eierhandgranaten in den Uniformtaschen, vor 23 Uhr unbehelligt erreichten.

Mit allen guten Wünschen verabschiedete ich mich dort von den Hamburgern, denn auch ich hatte noch einen gefahrvollen Fußmarsch vor mir. Dieser führte an der berüchtigten Gestapo-Wache vorbei. Ich erreichte unversehrt mein Elternhaus.

lo