> Jürgen Blunck: Bombenangriff auf Hamburg 1943

Jürgen Blunck: Bombenangriff auf Hamburg 1943

Dieser Eintrag stammt von Jürgen Blunck (juergen-blunck@t-online.de, *1936) aus Hamburg, März 2015:

Uns Hamburgern sind die Luftangriffe aus dem Jahr 1943 noch in schrecklicher Erinnerung. Eine Woche lang entluden die Bomber der Alleierten Luftkräfte ihre schreckliche Fracht über der Stadt Hamburg. Brand- und Sprengbomben legten die Stadt in Schutt und Asche. Ich war zu der Zeit gerade mal sieben Jahre alt, kann mich aber gut an vieles erinnern. Wir lebten in Hamburg-Volksdorf, also ca. 10 bis 15 km vom Zentrum entfernt. Wir verlebten die Nächte vom 24. Juli bis 03. August im Luftschutzkeller unseres Hauses in der Holthusenstraße. Nicht nur wir Kinder starben fast vor Angst. Meinen Eltern ging es nicht anders.

Mein älterer Bruder Klaus und ich stürmten nach jedem Angriff früh am Morgen auf die Straße, um zu sehen was passiert war. Es war ein heißer Sommer. Der Himmel schwarzgrau verhangen und der Horizont Richtung Innenstadt leuchtete blutrot. Nach den Angriffen kamen täglich LKW-Züge mit den „Ausgebombten“ nach Volksdorf. Die armen Menschen sahen furchtbar aus. Ihre Haare und Kleider waren zum großen Teil verbrannt.

Ein Lkw hielt vor unserem Haus. Ein Mann stürzte herein und zählte die Zimmer im ersten und zweiten Geschoß. Es waren sechs Zimmer. Er schob uns die völlig traumatisierten Menschen ins Haus. Wir mussten drei Zimmer räumen. Eingezogen ist ein älteres Ehepaar. Wenn ich mich nicht irre, hießen sie Bartolomeo. Sie kamen in das Herrenzimmer. Dann die Familie Heinze mit Schwiegersohn. Sie erhielten im ersten Stock das „Mädchenzimmer“ und unser Kinderzimmer. Wir durften unser Wohn-, Ess- und Elternschlafzimmer behalten. Jedes Zimmer bekam einen sog. Bollerofen. Die Rohre liefen kreuz und quer durchs Haus. Das einzige Badezimmer mussten sich alle teilen. Ein entsprechender Zeitplan wurde aufgestellt. Ich zog mit meinem Bruder Klaus auf den Boden, wo schnell zwei Betten aufgestellt wurden. Es war dort oben im Sommer schrecklich heiß und im Winter vor Kälte kaum auszuhalten, aber – wenn ich mich recht erinnere – haben wir es eigentlich genossen. Jetzt lebten plötzlich elf Menschen in unserem Haus. Alle waren nett zu mir und – soweit ich mich erinnere – gab es nie größeren Streit.

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