> Paul Thomaschki: Tagebucheintrag vom 7.8.1918

Paul Thomaschki: Mittwoch, der 7.8.18

Eintrag aus dem Kriegstagebuch von Paul Thomaschki (1861-1934), Pfarrer an der Burgkirche zu Königsberg/Ostpreußen.

Das Tagebuch bezieht sich nicht nur auf den privaten Bereich, den kirchlichen Alltag, die Kriegsereignisse sowie um Verluste aus der Gemeinde, dem Corps und von Bekannten, sondern reflektiert auch die persönliche Meinung zu den vielfältigen Ereignissen. Teilweise wurden auch die Kopien der Todesanzeigen aus der Zeitung eingefügt. Der nachfolgende Eintrag stellt keinen Anspruch auf Richtigkeit der Informationen dar. Ein ganz besonderer Dank gilt der Sütterlinstube in Hamburg, die das 720 Seiten umfassende Original in mehr als 500 Stunden durch ehrenamtliche Mitarbeiter in die lateinische Schrift transliterierte. Dabei wurde die zum damaligen Zeitpunkt verwendete Grammatik, Ausdruckweise und Rechtschreibung im Wesentlichen beibehalten.
J. Frank, März 2018


Mitwoch d. 7.8.18

Wir gehen immer weiter zurück, haben Soissons aufgegeben, auch Firmes u. uns schon über die Vesle zurückgezogen.

Hermann Tulke
Pflegesohn v. Sacksen-Karschau ist bei Tahure arg zerschossen, durch die Lunge, Nase, Mund und Hand, liegt in Straßburg im Ellsaß. Ich habe an ihn geschr. –

Man scheint doch bei uns eine ungeheure Angst vor der Revolution zu haben. Die Arbeiter werden gestopft, daß sie im Geld ersticken. So erhalten die Eisenbahnarbeiter den 6fachen Betrag ihrer Teuerungszulage auf einmal ausgezahlt. Die kleinen Beamten sind übergangen.
             
Die Stimmung gegen den Kaiser
ist merkwürdig schroff. (cf. Leonhard und der Knoop-Kreis; cf. Taufe des Großsohns von Heer in Insterburg). Gestern geriet ich bei der Cronquistschen Hochzeitsfeier mit 4 Offz. (alles natürlich Reserve) in einen argen Disput, die dem Kaiser Größenwahn vorwarfen, alles besserwissen wollen etc. So das geschieht am grünen Holz etc.
        
Gestern Hochzeit von Frl. Dr. Frieda Cronquist
Ich nahm an der häuslichen Feier teil (cf. m. Amtshandlungen). Speisefolge: Krebssuppe, Fisch mit Champignonsauce, Braten mit Kompott, Käse, Eis, Konfitüren, Bohnenkaffee mit Kuchen, Likör, Cigarren, echtes Bier, später belegte Brötchen.

Die Kolonien
Süd-Westafrika, 835.000 qkm, verteidigt von 5.000 Mann gegen 60.000. Kamerun 800.000 qkm, verteidigt von 7.000 Eingeborenen und 1.000 dtschn gegen 60.000. Ostafrika 1'000 000 qkm, verteidigt von 16.000 Mann (Landesgrenze 4.000 km) gegen 150.000 Feinde, durch Gen. v. Lettow-Vorbeck. Dsr. Feldzug allein kostete die Feinde bis Ende 1917 über 6 Milliarden Mark. Feindl. General Smuts. – Samoa, Neuguinea u. Togo erlagen in den ersten Kriegsmonaten.

Wieder ein schwerer Unglücksfall bei der 1. Bttr.
2 Mann tot, 5 schwer verwundet

lo