28.08. bis 10.12.2006

Blutreiterstandarte aus der Reichsstadt Biberach, 1735, Biberach, Kath. Kirchengemeinde St. Martin

Goldener Messkelch mit dem Wappen des Kaisers, von Kaiser Karl VI. an das Kloster St. Blasien gestiftet, 1719/20, Stift St. Paul im Lavantal

Pektorale, von Kaiser Karl VI. an den Abt von St. Blasien geschenkt, 1731, Stift St. Paul im Lavantal

In weiten Teilen Deutschlands, namentlich im Westen und Südwesten, war das Heilige Römische Reich über Jahrhunderte funktionierende politische und kulturelle Realität. Das Reich wurde „gelebt“ und eine Vielzahl erhaltener Artefakte kann noch eine lebendige Vorstellung von seiner Präsenz vor Ort geben. Das Leben in den Reichsstädten und ihren Rathäusern, in den Reichsbistümern, -abteien und -klöstern, in den kleinen reichsfürstlichen Residenzen lässt sich anschaulich dokumentieren. Eine Sonderstellung nahmen daneben die reichsunmittelbaren Reichsritter ein. Sie waren weder in die Reichskreisverfassung eingebunden noch als Stand im Reichstag vertreten, sondern bildeten eigene, quasi-territoriale Organisationen aus. Von Kaiser und Reich gleichermaßen häufig in Anspruch genommen, gewann die Reichsritterschaft beachtlichen Einfluss im diplomatischen Dienst, im Militär wie auch an Höfen und Gerichten. Nachdem der Ordensstaat selbst in Ostpreußen in ein weltliches Herzogtum umgewandelt worden war, blieben die Besitzungen im Reich erhalten und wurden vom Hoch- und Deutschmeister als Reichsfürst von Mergentheim aus regiert. An diesem Beispiel lässt sich die weit ins Mittelalter zurückreichende Kontinuität eines Reichsstandes und die Fortdauer alter Rechtsvorstellungen vor Augen führen.

Eine besonderen Rechtsstellung nahmen schließlich die Juden im Reich ein. Sie waren als „Kammerknechte“ des Kaisers und der Landesherren besonderen Bedingungen unterworfen und auf deren Schutz angewiesen.

Zum Ausstellungsteil VI: Das Ende des Reiches


V. Gelebtes Reich