Rita
Voltmer
Von der besonderen Alchimie, aus Menschenblut Gold zu
machen, oder von den Möglichkeiten, Hexereiverdacht und Hexenprozesse
zu instrumentalisieren
Schon der Trierer Stiftskanoniker
Johann Linden ( nach 1627), der eindringlich die schrecklichen
sozialen und wirtschaftlichen Folgen der exzessiven Hexenverfolgungen
im Trierer Land geschildert hat, versuchte dieses Phänomen
mit zwei sich keineswegs widersprechenden Ursachen zu erklären.
Hexenprozesse wurden nach seiner Meinung entweder aus hysterischer
Hexenangst oder aber aus pragmatisch-eigennützigem Interesse
geführt: Das einfache Volk habe aus schierer Angst vor dem
verderblichen Treiben der Hexen und aufgrund der leidvollen Erfahrung
mehrerer schlechter Erntejahre die an Lynchjustiz erinnernden Hexenjagden
angezettelt. Die kurfürstlichen Beamten dagegen, die Amtleute,
Richter, Notare und Henker, hätten aus purer Geldgier und Renommiersucht
dem Druck von unten nachgegeben und sich aus dem Besitz der Hingerichteten
die Taschen gefüllt. Sie hätten es ausgezeichnet verstanden,
auf diese Weise die Asche der unglücklichen Opfer in Gold zu
verwandeln. Damit griff Linden ein Argument auf, das bereits Cornelius
Loos ( 1596), ein in Trier lehrender holländischer Theologe
und entschiedener Gegner der Hexenjagden, formuliert hatte und das
er neben anderen Thesen 1593 in einem rituellen Unterwerfungsakt
widerrufen musste. Nach Loos sei auf der Folterbank das Blut unschuldiger
Menschen vergossen und durch eine neue Alchimie aus Menschenblut,
Gold und Silber gemacht worden. Wenn der Kanoniker Linden sich im
Gegensatz zu Loos auch nicht zu einer grundsätzlichen Kritik
am Hexenglauben durchringen konnte, so gab er doch zu, dass viele
Unschuldige eben wegen der unkontrollierten Menschenjagd der Bauern
und der ebenso wenig gezähmten Profitgier der Gerichtsbeamten
den Feuertod gefunden hatten.
Auch der Gerichtsschöffe Hermann Löher (
1678), der nur durch Flucht im Jahre 1638 seiner Hinrichtung im
kurkölnischen Rheinbach entgehen konnte, kam in seiner Wehmütigen
Klage (Druck 1676) zu einer ähnlichen Schlussfolgerung: Schuld
an den schlimmen Hexenverfolgungen waren neben vorgeblich frommen
Gemeindemännern und Ausschussmitgliedern, die bei ihren Hochgerichtsherren
aus abergläubischer Dummheit und purer Berechnung auf die Führung
von Hexenprozessen drangen, in erster Linie die profitgierigen Richter,
Amtleute und Hexenkommissare. Auch andere zeitgenössische Verfolgungsgegner
wie Friedrich Spee ( 1635) oder Johann Matthäus Meyfarth
( 1642) erkannten durchaus eigennützige Motive hinter
der unbarmherzigen Hexenjagd. Doch nicht nur in ihren Schriften,
in Chroniken oder autobiographischen Berichten finden sich kritische
Töne.
Selbst in den Prozessakten gibt es eindeutige Hinweise
darauf, dass die Verfolgungsinstanzen - wohl auch im Wissen um eigene,
heimliche Beweggründe - damit rechneten, dass Hexereibeschuldigungen
nur vorgeschoben sein konnten. So mussten im Gebiet der Reichsabtei
St. Maximin die dörflichen Hexenausschüsse schwören,
gegen niemanden aus Hass, Neid oder Rache vorzugehen. Auch die Zeugen
waren gehalten, unter Eid zu versichern, nicht aus Missgunst oder
Streitsucht gegen die angeklagten Personen auszusagen. Ganz besonders
misstrauisch wurden die inquirierenden Beamten gerade dann, wenn
die Opfer unter der Folter auch ihre Ankläger und deren Helfershelfer
der Mittäterschaft bezichtigten. Hier konnte nach Meinung der
auf diese Weise oft selbst in Verdacht geratenen Gerichtspersonen
in den meisten Fällen nur pure Rachsucht im Spiel sein! Immer
wieder wurden deshalb die Angeklagten genötigt, solche belastenden
Aussagen zurückzuziehen.
Beim Studium der Hexenprozessakten, die in ihrer
konstruierten und selbstbestätigenden Logik die sündhafte
Verworfenheit und das hexische Doppelleben der angeblichen Teufelsdiener
unzweifelhaft nachzuweisen scheinen, hat man einige Mühe, andere
Gründe für die Hexenverfolgung zu finden als jene, die
vordergründig und formelhaft sowohl von den lokalen Hexenjägern
als auch von den obrigkeitlichen Gerichtsinstanzen immer wieder
artikuliert wurden. In Anklageschriften und Urteilsbegründungen
wird stereotyp die Angst vor den Hexen und die Furcht vor dem Zorn
Gottes beschworen; die Wiederherstellung der göttlichen Ehre,
die Befolgung der zehn Gebote und die Wahrung des Gemeinen Nutzens
wurden angemahnt und dienten als Rechtfertigung für die gnadenlose
Verfolgung der Hexen und Hexenmeister. Reine Worthülsen waren
diese Formulierungen sicher nicht, doch ließen sich mit Hexenfurcht,
Sorge um das Gemeinwohl und Wahrung der höchsten, göttlichen
Autorität offenbar auch andere, durchaus profane Motive verbinden.
Dieser Eindruck verstärkt sich, wenn man neben
den Prozessakten der unteren Gerichte auch die Überlieferung
der übergeordneten Gerichtshöfe und Appellationsinstanzen
heranzieht, etwa die des Luxemburger Provinzialrates, des Grand
Conseil von Mecheln oder des Reichskammergerichts. Obwohl die Möglichkeiten,
sich zu wehren, begrenzt waren, gingen bei übergeordneten Instanzen
doch erstaunlich viele Supplikationen und Klagen ein, entweder von
Personen, die gegen Hexereibeschuldigungen einen Injurienprozess
oder nach bereits erfolgter Anklage eine Überprüfung des
Verfahrens wegen offenkundiger Rechtsbrüche - meist mit aufschiebender
Wirkung - erreichen wollten, oder von solchen, die unter der Folter
ungeständig geblieben waren und nun nach ihrer Freilassung
die Forderung nach Schadensersatz und Aktenkassation erhoben. Während
in den meisten Hexenprozessen die Verdächtigen nur unter dem
Druck der Anklage zu Wort kamen, ihre Aussagen durch die Niederschrift
eines Notars gefiltert und durch Verhör und Folter verzerrt
nur noch in eine Richtung, nämlich die Bestätigung des
Hexereiverdachtes, gehen konnten, wurden vor den Appellationsinstanzen
nicht selten aus den Angeklagten Kläger. Obwohl auch hier der
Originalwortlaut gewöhnlich durch einen Notar in eine gerichtsrelevante
Sprache transformiert worden ist, so lässt der Inhalt dieser
Aussagen bei aller vorsichtigen Interpretation doch kaum Zweifel
daran, dass Menschen nicht selten bewusst in Hexereiverdacht gebracht
wurden, wobei weniger die Ehre Gottes oder der Gemeine Nutzen eine
Rolle spielten als vielmehr Machtstreben, Habgier, Bestechlichkeit,
Neid und Rachsucht.
Sicher konnte sich die Hexenfurcht auf dem Land und
manchmal auch in den Städten zu panikartigen, geradezu massenhysterischen
Aktionen gegen angebliche Hexen und Hexenmeister steigern. Und natürlich
zweifelten im 16. und 17. Jahrhundert nur wenige grundsätzlich
an der Existenz der Teufelsdiener. Doch den Zeitgenossen war durchaus
bekannt, dass sich der Verdacht nicht immer gegen die tatsächlichen,
die wahren Hexen' richtete, sondern dass auch Unschuldige
- absichtlich oder unabsichtlich - belangt wurden. Das Etikett,
eine Hexe oder ein Hexenmeister zu sein, wurde ähnlich wie
der Vorwurf der Ketzerei angehängt und zugeschrieben. Diese
komplexen Vorgänge, bei denen das soziale Umfeld mit seinen
paradoxen Mechanismen von üblem Gerücht und aggressiv-handgreiflicher
Kommunikation darüber entschied, wer verdächtigt wurde
und wer nicht, ließen alle Möglichkeiten zu, Prozesse
aus eigennützigen Motiven zu nutzen. So war es auch für
Menschen, die tief im Teufels-, Hexen- und Wunderglauben ihrer Zeit
verstrickt waren, durchaus möglich, Hexereiverdacht zu steuern
und Hexenprozesse zu funktionalisieren und zu instrumentalisieren.
Dieses Phänomen lässt sich auf allen Ebenen
der Verfolgung, in jedem Stadium des Prozesses und bei allen beteiligten
Gruppen feststellen: Während die Familie und die Nachbarschaft
den Hexereiverdacht zur Lösung sozialer Konflikte einsetzten,
gewannen die lokalen Hexenjäger, die Ausschuss- und Monopolmitglieder
ebenso wie die beteiligten Schöffen, Gerichtsbeamten, Richter
und Notare nachweislich wirtschaftliche und soziale Vorteile aus
ihrer Arbeit. Auch Hochgerichts- und Landesherren konnten aus der
Hexenverfolgung einen spezifischen Nutzen ziehen. Selbst die Verfasser
dämonologischer Traktate hatten mit ihren angeblich aufklärerischen'
Schriften über das unheilvolle Treiben der Hexen nicht nur
uneigennützig deren Ausmerzung im Sinn.
In den Dorfgemeinschaften, wo der Hexereiverdacht
immer auf fruchtbaren Boden fiel, lassen sich die Nutzungs-Mechanismen
gut erkennen. Die genossenschaftlich organisierte Feld- und Flurarbeit
sowie die von verschiedenen Instanzen (Sendgericht, Niedergerichtsbarkeit)
eingeübte Rüge- und Denunziationspflicht erforderte ein
hohes Maß an Absprache und sozialer Kontrolle in den ländlichen
Gemeinden. Dieses Netz war dicht gewebt, jeder beobachtete jeden,
und leicht konnten aus nachbarschaftlicher Aufmerksamkeit Bespitzelung,
üble Nachrede und Verleumdung werden. Auch der Hexereiverdacht
bot in diesem Kontext die Möglichkeit, unliebsame Zeitgenossen
zu diffamieren und letztendlich zu vernichten. Übereinstimmend
zeigen die Akten der lothringischen, luxemburgischen, kurtrierischen
und saarländischen Hexenprozesse, wie in den Dorf- und Kleinstadtgemeinden
die Hexen gemacht' wurden.
Traditionelle soziale Bindungen zerbrachen, Nachbarschaft
und Verwandtschaft boten kaum noch Sicherheit. Sogar innerhalb der
Familien kam es häufig zum Streit zwischen den Ehepartnern;
man beschimpfte sich gegenseitig als Hexe und Hexenmeister und rechnete
sich die inzwischen schon hingerichteten jeweiligen Familienmitglieder
vor. Man kann nachweisen, dass einige Ehemänner ihre Ehefrauen
absichtlich in Verdacht brachten und sie als angebliche Hexen bei
den lokalen Verfolgern denunzierten. Auch eingeheiratete Schwiegertöchter
und Stiefmütter hatten nicht selten einen schweren Stand in
ihrem neuen Zuhause und wurden schon bei den geringsten Auseinandersetzungen
als Hexen diffamiert. Dabei wirkte sich immer wieder eine wirtschaftlich
prekäre Situation aus, ging es in den Streitereien doch nicht
selten um eine angeblich verschleuderte Mitgift, um den Diebstahl
von Bettwäsche, Kleidern und Hausrat, um Wohnrechte, um die
richtige Verteilung des Nachlasses. Die hohe Sterblichkeit, zu der
auch die Hexenverfolgung ihren Teil beitrug, ließ die Wiederverheiratungsrate
ansteigen. Die Zahl der Stief- und Waisenkinder wuchs, schwer durchschaubare
Verwandtschafts- und daraus resultierende Erbschaftsverhältnisse
waren die Folge. Nicht selten kam es aus diesem Anlass zu Streitigkeiten
zwischen den Kindern, die später wiederum in Hexereiverdacht
und Hexenprozess enden konnten. Die Situation musste sich darüber
hinaus zuspitzen, wenn die Begleichung der Prozesskosten aus dem
nachgelassenen Erbe der Hingerichteten anstand, das die Hinterbliebenen
oft nur unter Preis verkaufen konnten.
War einmal ein Mitglied der Familie als Hexe oder
Hexenmeister hingerichtet worden, fiel der Verdacht schnell auf
die verbliebenen Angehörigen. Solidarität, Mitgefühl
oder gar Hilfestellung für angeklagte Familienmitglieder, Ehepartner
oder Kinder findet man nur selten. Bereitwillig dienten dagegen
die nächsten Verwandten als Zeugen der Anklage gegen ihre verdächtigten
Familienmitglieder. Schon aus Selbstschutz blieb angesichts der
monströsen Bedrohung, als Nächster der Hexerei verdächtigt
zu werden, kaum eine andere Wahl, als sich möglichst rasch
von seinen diffamierten Angehörigen zu distanzieren. Ganz nebenbei
waren auf diese Weise auch Vorteile zu gewinnen, konnte man doch
mittels des Hexereiverdachts seinen ungeliebten Ehepartner loswerden
oder aber die Eltern vom Hof vertreiben.
Immer wieder begegnen in den Akten Fälle, wonach
die Nachbarin etwas Mehl, Butter oder Most erbeten hatte oder der
Nachbar ein Werkzeug oder ein Gespann ausleihen wollte. Doch in
Zeiten allgemeiner Not wurden die Vorräte knapper, man achtete
eifersüchtig auf sein Eigentum und solidarische Hilfe wurde
häufig verweigert. Der enttäuschte Bittsteller reagierte
in den meisten Fällen mit manchmal gemurmelten, manchmal lautstarken
Beschimpfungen und Flüchen. Der insgeheim mit einem schlechten
Gewissen belastete, weil wenig mildtätige Nachbar, führte
jedes folgende Missgeschick auf eben diese Verwünschungen zurück
und verdächtigte den Abgewiesenen der Hexerei. Ein ähnlicher
Mechanismus trat in Kraft, wenn ausgeliehene Gegenstände nicht
oder beschädigt zurückgegeben, wenn Geldschulden zu spät
und gar nicht beglichen wurden. Das Konfliktpotential zwischen den
Dorfgenossen stieg ebenfalls erheblich, wenn es Streit um knappe
Lehr- und Arbeitsstellen, um falsche Eheversprechungen, ausgespannte
Bräutigame und gelöste Verlöbnisse ging. Auch hier
waren Verdächtigungen und Hexereibezichtigungen an der Tagesordnung.
Ein Ausdruck dieser latent missgünstigen und streitsüchtigen
Stimmung war die Häufigkeit, mit der auch Angehörige der
Nachbarschaft bereitwillig als Zeugen der Anklage dienten. Ohne
Zweifel wurde auch in diesem Kontext der Hexereiverdacht genutzt,
um soziale Konflikte auszutragen, alte Streitigkeiten zu lösen,
Neid und Missgunst freien Lauf zu lassen. Während Verfolgungsgegner
wie Spee oder Meyfarth bereits scharfsinnig diese Motive erkannten,
glaubte der Hexenhasser Jean Bodin ( 1596), dass niemand besser
gegen vermeintliche Hexen aussagen könne als die Nachbarn,
die ja am besten über den Lebenswandel der Verdächtigen
informiert seien.
Hexenprozesse, die gegen Geistliche angestrengt wurden,
resultierten auch nicht selten aus dem Versuch der Gemeindekinder,
einen im Konkubinat lebenden Pfarrer, der überdies seine Aufgaben
als Seelenhirte nur schlecht versah und neben einem skandalösen
Lebenswandel auch noch andere Betrügereien beging, los zu werden.
Genügende Beispiele für diese Form der Nutzung von Hexenprozessen
gibt es in der Eifel, in Luxemburg und auch im Trierer Land.
Den Hexenausschüssen und Monopolen stand bei
ihrer Arbeit' ebenfalls ein hohes Nutzungs- und Instrumentalisierungspotential
zur Verfügung. So erwartete diejenigen Männer, die von
der Gemeinde als Hexenausschuss oder Monopolmitglied aufgestellt
worden waren, ein erheblicher Zuwachs an sozialem Prestige. Zwar
schworen zum Beispiel die in St. Maximin zugelassenen Ausschüsse
einen heiligen Eid, ausschließlich zur Ausrottung des abscheulichen
Zaubereilasters, zur Mehrung der Ehre Gottes sowie des Gemeinen
Nutzens tätig zu werden. Außerdem sollten sie niemanden
ohne ausreichend belastendes Material anzeigen oder seinen Leumund
schädigen. Die von der Obrigkeit erhaltenen Informationen durften
Dritten gegenüber nicht bekannt gemacht, die auflaufenden Prozesskosten
sollten so gering wie möglich gehalten werden. Die Norm der
in den Eidesformeln festgelegten Pflichten stand jedoch in krassem
Gegensatz zum tatsächlichen Vorgehen der Hexenjäger. Sie
achteten nicht auf Diskretion, auf den zu schützenden Ruf potentieller
Opfer; vielmehr spielte sich das Aufspüren von so genannten
Beweisen und Zeugen vor aller Augen ab. Schnell war bekannt, gegen
wen sich die Jagd dieses Mal richtete. Misstrauen, Bespitzelung
und Verleumdung wurden angestachelt. Die Ausschussmitglieder legten
selbst Register von vermeintlich verdächtigen Personen an,
die über lange Jahre aufbewahrt und in der Familie weitergegeben
wurden. Hier ließen sich nach dem Abflauen einer Hexenjagd
neue Indizien' finden, um wieder gegen die angeblich bösen
Leute' vorgehen zu können. Die Hexenjäger reisten außerdem
von Hinrichtung zu Hinrichtung auch in fremde Hochgerichtsbezirke,
um die dort öffentlich verlesenen Komplizenlisten mitzuschreiben,
ja, sie trafen sich auch mit den Hexenausschüssen anderer Orte,
um Informationen auszutauschen. Gezielt streuten sie ihr auf diese
Weise erlangtes Wissen um Bezichtigungen und belastende Gerüchte
in ihren Heimatgemeinden aus. Kein Wunder, dass die ins Gerede gebrachten
Personen wie ein Magnet weitere Verdächtigungen an sich zogen.
Das Ausmaß dieser Wühlarbeit wird gerade
aus den Akten des Luxemburger Provinzialrates deutlich. Eindringlich
schildern ehemalige Opfer, wie sie von den Monopolen, den Klagekonsortien
absichtlich in Verdacht gebracht worden waren. Immer wieder wird
dabei den Monopolmitgliedern persönliche Rachsucht und Vorteilnahme
unterstellt. Doch nicht nur die Kläger selbst, ihre gesamte
Familie gehörte oft mehr oder weniger offen zum Monopol: Während
die Männer als klagende Partei auftraten und die Indizien zusammentrugen,
fungierten andere Familienmitglieder, meist die Ehefrauen, als Zeugen
der Anklage. Außerdem dienten sich viele Gemeindemitglieder
den Ausschüssen und Monopolen als Zuträger und Denunzianten
an, nicht selten lieferten die nächsten Angehörigen sogar
die entscheidenden Hinweise. Mit ihrer Anhängerschaft konnten
die lokalen Hexenjäger eine nicht zu unterschätzende Machtposition,
ja, eine Art heimliche Regierung im Dorf oder in der Kleinstadt
ausüben. Offenbar stammten sie aus dem Kreis jüngerer,
aufstrebender Familien, die versuchten, die älteren Führungsfamilien
auch mit Hilfe der Hexenprozesse zu verdrängen.
Außerdem brachte die Tätigkeit als Ausschuss-
oder Monopolmitglied handfesten wirtschaftlichen Nutzen. Nicht zufällig
tagten die Anklagegremien bevorzugt in Wirtshäusern, wo sie
auf Kosten der Angeklagten ausgiebig tafelten. In Zeiten allgemeiner
Not stellte dies allein schon eine nicht zu unterschätzende
Vorteilnahme dar. Es gibt ausreichend Belege dafür, dass Personen
mit gefährdetem Ruf offenbar versuchten, die Sammlung von Indizien
durch heimliche Bestechung der Hexenjäger abzuwenden. Außerdem
erhoben die Ausschüsse und Monopole in manchen Gemeinden eine
Hexensteuer', mit deren Hilfe sie ihre Ausgaben abdecken wollten.
Es war nicht ratsam, sich den Steuereinnehmern zu widersetzen, geriet
man doch bei Zahlungsverweigerung sofort in den Verdacht, ein Hexensympathisant,
wenn nicht gar selbst Mitglied der Hexensekte zu sein. Mit dem eingenommenen
Geld gingen die Hexenjäger jedoch alles andere als sorgfältig
um; oft genug verwandten sie es zur Begleichung ihrer hohen Wirtshausrechnungen
und drangsalierten dann die Gemeinde mit neuen Geldforderungen.
Daneben wurde von wohlhabenden Angeklagten immer wieder
der Vorwurf erhoben, man habe sie ganz bewusst als nächstes
Opfer ausgewählt, um mit ihrem Geld die noch ausstehenden Kosten
der weniger einträglichen Prozesse zu decken. Die Praxis solcher
Amortisationsgeschäfte lässt sich in Luxemburg, aber auch
in kurtrierischen Kondominien nachweisen. Dieser Umstand hing mit
der Prozessfinanzierung zusammen; denn nach den Vorschriften des
akkusatorischen Verfahrens mussten der oder die Privatkläger
die Aufstellung der Anklageschrift, die Beibringung der Zeugen und
Indizien (Besagungen, Denunziationen) vorfinanzieren. Erstattet
wurden diese Auslagen entweder über die Prozesskostenrechnung,
so in Kurtrier und in St. Maximin, oder aber aus dem konfiszierten
Gut, wie in Lothringen und Luxemburg. Unbeglichene Ausgaben, bei
ärmeren Hingerichteten nicht gerade selten, wurden kurzerhand
den wohlhabenden Angeklagten auf die Rechnung geschrieben.
Wenn man bedenkt, welches Terrorregime manche Ausschüsse
und Monopole in ihren Dörfern und Kleinstädten errichteten,
dann bleibt schwer verständlich, warum man diese Gremien aufstellte
und so lange agieren ließ. Zu berücksichtigen bleibt,
dass die Ausschüsse gewöhnlich nicht die gesamte Einwohnerschaft
einer Siedlung repräsentierten, sondern lediglich diejenige
Partei, die sich in der Gemeindeversammlung hatte durchsetzen können.
An solchen Versammlungen nahmen ausschließlich die über
Eigentum und Herdstelle verfügenden Männer einer Gemeinde
teil. Außerdem scheint die Konstituierung der Ausschüsse
meist in einer tumultuarischen, mit indifferenten Ängsten hochgepeitschten
Situation stattgefunden zu haben, in der eine panikartige Hexenfurcht
vorherrschte und in der es nicht geraten schien, zur Mäßigung
aufzurufen. Die wenigen Personen, die Widerstand gegen die Ausschussbildung
geleistet haben, sind ohne Ausnahme auf dem Scheiterhaufen geendet.
Da im Herzogtum Lothringen Monopole und Anklagekonsortien
konsequent verboten waren und man auch die heimliche Finanzierung
von Privatklägern durch andere Geldgeber zu verhindern wusste,
traten Auswüchse, wie sie in Luxemburg, Kurtrier, St. Maximin
und im Saarraum zu fassen sind, nicht auf.
Schon den Zeitgenossen waren die weitgespannten Nutzungsmöglichkeiten
auf Seiten der Schreiber, Notare, Prozessgutachter, Schöffen,
Richter, Amtleute und Hexenkommissare bekannt. Übereinstimmend
wurde ihnen von allen Verfolgungsgegnern die Hauptschuld an der
massenhaften Ausbreitung der Hexenprozesse zugeschrieben. Mit der
Führung von Hexenprozessen konnte man tatsächlich Prestige
erwerben, den sozialen Status steigern, die Karriere begünstigen
und - nicht zuletzt - Profit erwirtschaften. Der berüchtigte
Amtmann Britt aus der Herrschaft Elter (Autel) ließ sich bei
der Versteigerung von konfisziertem Gut durch Strohmänner vertreten,
manipulierte die Veranstaltung und erwarb auf diese Weise zu niedrigsten
Preisen Liegenschaften, Vieh und Hausrat. Nachweislich kaufte der
Trierer Dompropst Hugo Cratz von Scharfenstein ( 1625) den
Nachkommen von Hingerichteten Wiesen und Grundstücke an der
Mosel ab, die diese wahrscheinlich zu Dumping-Preisen abgeben mussten.
Ebenso verlockend waren die Aussichten für einige
Hochgerichtsherren, mit Hilfe von Hexenprozessen eigene Interessen
durchzusetzen. Am deutlichsten wird die herrschaftlich-politische
Instrumentalisierung an den im Gebiet der Reichsabtei St. Maximin
geführten Hexenprozessen. Hier befand sich der Abt Reiner Biewer
( nach 1613) in ständiger Auseinandersetzung mit Kurtrier
um die Reichsunmittelbarkeit seiner Herrschaft. Der Nachweis des
souveränen Besitzes von Blut- und Hochgerichtsbarkeit als oberstem
landeshoheitlichem Recht ließ sich durch massenhaft geführte
Hexenprozesse problemlos und unangreifbar erbringen, war es doch
erste und von den Dämonologen immer wieder eingeforderte Pflicht
der Obrigkeit - und einer geistlichen Obrigkeit im Besonderen -
das Laster der Zauberei streng zu bekämpfen. Für die fatal
effiziente Zusammenarbeit zwischen Bevölkerung, Amtleuten und
Obrigkeit in St. Maximin sprechen nicht nur die hohen Hinrichtungszahlen.
Auch die gute Aktenüberlieferung ist nicht zuletzt als Folge
des ungeheuren Bürokratisierungsschubs, den die vorgeschriebene
schriftliche Niederlegung der Prozesse auslöste, zu erklären.
Die Hexenprozessakten wurden hier nicht zufällig überliefert,
sondern wohl in der Absicht, sie beim Streit um landesherrliche
Autonomie vorlegen zu können, sorgfältig abgeschrieben
und archiviert. Auch die vielen vom Maximiner Amtmann Claudius Musiel
( circa 1609) initiierten und in der St. Maximiner Kanzlei
angefertigten Register, Verzeichnisse und Auflistungen zeigen, wie
weit hier die Dokumentation der Hexenverfolgung zum Zweck der Herrschaftslegitimierung
getrieben wurde. Ganz ohne Zweifel dienten im Gebiet der Reichsabtei
St. Maximin die Hexenprozesse vielen Zwecken; dass der Abt von Hexenangst
erfüllt war, spielte sicher eine Rolle, aber wichtiger waren
sie für ihn wohl als Mittel der Herrschaftssicherung. Wie die
Akten beweisen, ließen sich außerdem damit aufsässige
Pächter und betrügerische grundherrliche Beamte disziplinieren.
Ähnliche Mechanismen lassen sich auch in den Gutsherrschaften
Mecklenburgs feststellen.
In der kleinen Eifelherrschaft Wildenburg wurde der
Streit um die Hochgerichtsrechte fast ausschließlich über
die Führung von Hexenprozessen ausgetragen. Marsilius von Palandt
( 1669), einer der Herrschaftsinhaber und vom Jülicher
Herzog belehnt, ließ gegen den offenen Widerstand des Grafen
zu Salm-Reifferscheid, welcher die Hochgerichtsrechte in Wildenburg
für sich reklamierte, 1628 eine Hinrichtungsstätte mit
mehreren Verbrennungshütten aufbauen, eine ganze Mannschaft
von Henkern und Bütteln anheuern und mehrere Männer und
Frauen wegen angeblicher Zauberei hinrichten. Eindeutig versuchte
er mit dieser öffentlich demonstrierten Blutgerichtsbarkeit,
den schon länger schwelenden Streit zu entscheiden. Wie sehr
eine Obrigkeit ihren Herrschaftsanspruch mit der Hexenjagd fast
unanfechtbar legitimieren konnte, zeigt schließlich der Umstand,
dass der Graf von Salm-Reifferscheid zwar gegen die Errichtung der
Galgen beim Reichskammergericht klagte, dort aber betonte, er selbst
habe in seiner Herrschaft bereits zuvor Hexen hinrichten lassen.
Ohne Zweifel wollte er nicht in den Geruch kommen, die übeltäterischen
Hexen' zu beschützen.
Auch in den vielen kleinen und kleinsten Adels- und
Klosterherrschaften, die der Luxemburger Landeshoheit unterstanden
oder lehnsrechtlich an das Herzogtum gebunden waren, wurden Hexereiverfahren
von den um Eigenständigkeit bemühten Hochgerichtsherren
nicht zuletzt deshalb geduldet und gefördert, weil man sich
damit gegen kontrollierende Eingriffe der übergeordneten Luxemburger
Provinzialregierung wehren wollte. Es gibt Hinweise darauf, dass
bei einem Herrschaftswechsel der neue Herr als erstes Hexenprozesse
durchführen ließ, um seine Ansprüche allen sichtbar
zu demonstrieren.
Auf der einen Seite boten die Hexenprozesse den lokalen
Hochgerichtsherren eine Möglichkeit, sich demonstrativ gegen
einen steigenden allumfassenden staatlichen Zugriff zu wehren, bewiesen
die vielen in eigener Regie geführten Verfahren doch unabhängige
Gerichtskompetenzen und gewahrte alte Rechte. Auf der anderen Seite
waren die landesfürstlichen Obrigkeiten beim Ausbau frühmoderner
Staatlichkeit daran interessiert, alle hoheitlichen Funktionen zu
bündeln und noch selbständige Herrschaften zu abhängigen
Untergerichten zu degradieren. Dies bedeutete unter anderem, die
Kontrolle über die herrschaftslegitimierende Blutgerichtsbarkeit
und damit auch über die Führung von Hexenprozessen zu
gewinnen. In der Praxis hieß dies: allmähliches Zurückdrängen
der Gewohnheitsrechte, Durchsetzung einer einheitlichen, auf dem
römischen Recht fußenden Jurisdiktion, Zwang zum Instanzenzug
und Kontrolle der lokalen Gerichte durch Oberhöfe, Supplikations-
und Appellationsinstanzen, und nicht zuletzt auch die Ablösung
der lokalen, ungelehrten Schöffenkollegien durch ausgebildete
Juristen und Notare. Damit diente die Kontrolle der Hexereiverfahren
auch der herrschaftlichen Raumerfassung und der Durchsetzung landeshoheitlicher
Machtansprüche.
Diese Entwicklung lässt sich im Herzogtum Luxemburg
nachweisen. Hier versuchte der Provinzialrat über einen längeren
Zeitraum hinweg, mit einer Fülle von Ordonnanzen, den Einfluss
der Hochgerichte und ihrer ungelehrten Schöffen in den kleinen
Adels- und Klosterherrschaften zurückzudrängen, indem
er die Prozessführung bei jedem neuen Schritt von dem verbindlichen
Rechtsgutachten eines zugelassenen und kontrollierten Notars abhängig
machte. Langfristig gelang es tatsächlich, die hochgerichtlichen
Befugnisse der kleinen' Herrschaften auszuhöhlen und
ihre Kompetenzen kontinuierlich einzuschränken. Im Herzogtum
Lothringen ist eine ähnliche Entwicklung festzustellen, hier
wurde ebenfalls konsequent versucht, die Hexenprozesse auf Dauer
unter die Aufsicht des herzoglichen Oberhofs in Nancy und unter
Leitung eines herzoglichen Prokurators (zum Beispiel Nicolas und
Claude Remy) zu stellen.
Auf staatlicher Seite konnten die landeshoheitlichen
Regierungen, je nachdem welches besondere Interesse sie mit der
Führung beziehungsweise Kontrolle von Hexenprozessen verbanden,
die Verfolgungen auf der einen Seite begünstigen, um sie auf
der anderen Seite zu erschweren. So unterstützte der Herzog
Wolfgang Wilhelm von Jülich-Berg ( 1653) seinen Lehnsmann
Palandt 1628 bei dessen Streit um die Hochgerichtsrechte und ließ
die Hexenverbrennungen von Jülicher Soldaten bewachen. Gleichwohl
erließ er aber 1631 den Befehl, dass die dem Herzogtum unterstehenden
oder angebundenen Partikular- und Unterherrschaften nur mehr nach
Einholung von Rechtsgutachten bei der herzoglichen Kanzlei und unter
dessen Aufsicht Hexenprozesse führen durften. Damit band er
die eigenständigen und lokalen Gerichtsinstanzen stärker
an die Zentralverwaltung, ähnlich wie es die landesherrlichen
Regierungen in Luxemburg und Lothringen versuchten. Der sich als
Reichsfürst und Landesherr verstehende Abt von St. Maximin
scheint diese Methode, Kontrolle über die Hexenprozesse zu
gewinnen, durchschaut zu haben. Zwar wurden auch in St. Maximin
die Prozessakten streng nach der Carolina an einen Oberhof zur Begutachtung
geschickt, aber dieses Gremium tagte in einem Haus nahe der Abtei
auf deren Hoheitsgebiet. Damit wurde der Trierer Oberhof als gutachtende
Behörde nicht in die St. Maximiner Verfahren involviert und
somit hatte der Kurfürst keine Möglichkeit, den Instanzenzug
als Beweis für seinen eigenen Hoheitsanspruch auf St. Maximin
zu nutzen. Außerdem konnte er formalrechtlich die auf die
Carolina gestützten Maximiner Hexenprozesse in keiner Weise
als illegal anfechten und diesen möglichen Vorwurf als Begründung
für einen gewaltsamen oder militärischen Eingriff in das
Maximiner Territorium benutzen.
Schließlich konnten die Hexenprozesse auch den
Verfassern von gelehrten Traktaten in vielfältiger Weise dienen.
Der aus armen Verhältnissen stammende Trierer Weihbischof Peter
Binsfeld hätte ohne seine fanatisierende Schrift gegen die
Hexen sicher weniger Aufmerksamkeit in der Gelehrtenwelt seiner
Zeit gewonnen. Wäre Binsfeld nicht 1598 an der Pest gestorben,
hätte sein Einfluss, den er wohl durch Anschwärzung des
ihm in der Hexenverfolgung etwas zu nachlässigen Erzbischofs
beim päpstlichen Stuhl in Rom noch auszudehnen gedachte, sicher
noch zugenommen. Auch seine Karriere innerhalb der kirchlichen Hierarchie
hätte dann vielleicht noch eine Stufe weiter nach oben geführt.
Auch anderen Verfassern von dämonologisch-juristischen Traktaten
wie zum Beispiel Nicolas Remy ( 1612), Henri Bouget (
1619), Pierre de Lancre ( circa 1630) oder Heinrich von Schultheiß
( 1646) mag es noch um etwas anderes als um die uneigennützige
Warnung vor den bösen Leuten' gegangen sein. Immerhin
konnten mit diesem Modethema' hohe Auflagen und ein breiter
Leserkreis nicht nur in der Gelehrtenwelt erreicht werden.
Offensichtlich besaßen sowohl Hexereiverdacht
als auch die Führung von Hexenprozessen eine verhängnisvolle
Ambivalenz. So war die Verfolgung der Hexen mit der höchsten
nur denkbaren Legitimation ausgestattet; denn sie geschah zur Abwehr
der Feinde Gottes, zur Rettung der göttlichen Ehre und zur
Sicherung des Gemeinen Nutzens. Mit dieser Begründung konnte
jede Obrigkeit, jeder Hochgerichtsherr, jedes Ausschussmitglied,
jeder Dorfgenosse sein Vorgehen gegen vermeintliche Hexen rechtfertigen.
Schlechtes Gewissen, Skrupel oder Mitleid waren in diesem Kampf
nicht angebracht, ja sie verboten sich angesichts der immer wieder
heraufbeschworenen existentiellen Bedrohung von selbst. Jeder, der
gegen dieses gedankliche Konstrukt, gegen diese Ideologie opponierte,
entlarvte' sich praktisch selbst als Komplize der im Geheimen
agierenden, schadensstiftenden und todbringenden Hexensekte. Außerdem
konnte mit dem Verdacht der Hexerei nahezu jeder Mensch, unabhängig
von Geschlecht, Alter, Stand oder Beruf diffamiert werden. Die Möglichkeit,
eigene Interessen wie Neid, Habgier und Rachsucht unter dem Deckmantel
der Hexereibezichtigung und dem Ruf nach Hexenverfolgung zu verbergen,
war schon den kritischen Zeitgenossen bekannt. Ob die Mechanismen
der Funktionalisierung und Instrumentalisierung den Nutznießern
der Hexenjagd immer bewusst waren, mag man bezweifeln können.
Jedoch wird mancher, der seine Ehefrau bei der Obrigkeit angezeigt
hat, sein schlechtes Gewissen wohl mit dem Gedanken beruhigt haben,
eine wahre Hexe' auf den Scheiterhaufen gebracht zu haben.
Im Bereich der politisch-herrschaftlichen Instrumentalisierung
von Ketzer- und Zaubereiprozessen kann man auf eine lange Tradition
zurückblicken. Selbst die Zeitgenossen werden Zweifel daran
gehabt haben, ob der französische König die Katharer Südfrankreichs
allein aus religiösem Eifer vernichten ließ, ob der Prozess
gegen die Templer wirklich nur wegen ihrer angeblich ketzerischen
und sodomitischen Praxis geführt wurde, ob Jeanne d'Arc tatsächlich
eine Teufelsdienerin gewesen ist. Vor diesem Hintergrund erhalten
die Hexenprozesse, die gegen den ehemaligen Trierer Stadtschultheißen
Dr. Dietrich Flade ( 1589), gegen den wohlhabenden Bitburger
Schöffen Johann Schweistal (bis 1609) oder gegen den Manderscheider
Amtmann Heinrich von Mühlheim ( 1629) geführt wurden,
besondere Brisanz. Doch spielten die Instrumentalisierungsmechanismen
nicht nur bei diesen spektakulären Verfahren eine Rolle. Bei
genauem Hinsehen scheinen auch bei vielen Prozessen gegen einfache
Frauen und Männer die hehren' Ziele der Verfolgungsinstanzen
und ihrer Helfer lediglich vorgeschoben gewesen zu sein.
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