Hans Ottomeyer
Rosmarie Beier-de Haan
Deutsches Historisches
Museum, Berlin
Die Hexenverfolgungen der Frühen Neuzeit sind
bis heute ein bestürzendes Kapitel der europäischen
Geschichte. Das Deutsche Historische Museum greift dieses Thema
mit dem Ziel auf, einen Beitrag zur Klärung der Frage zu leisten,
wer die so genannten Hexen waren und warum sie verfolgt und getötet
wurden. Zugleich geht es darum, herkömmliche Meinungen und
Vorurteile zu hinterfragen und neue Sichtweisen auf das Thema zu
bieten.
Der Glaube an Hexen und Zauberer gilt in der anthropologischen Forschung
quer durch die Zeiten und die Kulturen als weit verbreitetes Phänomen.
Dass auch unsere Gegenwart nicht frei davon ist, zeigen die nahezu
regelmäßig erscheinenden Pressemeldungen über so
genannte Heiler und Wahrsager, über satanische Kulte und Teufelsaustreibungen.
Wenn es auch immer wieder in der Geschichte Versuche gegeben hat,
Menschen, die in angeblicher Verbindung zu dunklen Mächten,
zum Bösen, standen, auszugrenzen oder zu verfolgen, war doch
gleichwohl ihre eigenmächtige Tötung illegal (nach den
Kapitularien Karls des Großen für Sachsen beispielsweise
stand darauf die Todesstrafe).
Um so mehr bedrückt es aus heutiger Sicht, dass Hexenverfolgungen,
-prozesse und -hinrichtungen über einen Zeitraum von mehr als
300 Jahren, zwischen 1430 und 1780, zu einem Tatbestand der europäischen
Rechtsprechung werden konnten. Der Urteilsspruch der weltlichen
Gerichte (entgegen landläufigen Vorstellungen führten
nämlich Juristen und weltliche Richter die überwiegende
Mehrheit der Verfahren und nicht die katholische Kirche oder
die Inquisition) bedeutete nach vorsichtigen Schätzungen
seriöser Hexenforscher für 40.000 bis 60.000 Menschen
den Tod. Mindestens 25.000 Hinrichtungen wurden allein im Heiligen
Römischen Reich Deutscher Nation vollzogen. Allein dieser deutsche
Sonderweg (so der renommierte Hexenforscher Wolfgang Behringer)
ist schon ein gewichtiger Grund, sich mit dem Thema auseinander
zu setzen.
Neun Millionen Opfer? Finsteres
Mittelalter?
Wer sich mit Hexen und Hexenverfolgungen befasst,
begegnet beinahe unausweichlich landläufigen Meinungen, bisweilen
Klischees. Neun Millionen Hexen seien in Deutschland verbrannt worden,
so lautet eine immer wieder zu lesende Quantifizierung. In die Welt
gesetzt worden war diese viel zu hoch gegriffene Zahl
vor mehr als 200 Jahren, und zwar als aufklärerisches Argument
gegen die letzte europäische Hexenhinrichtung (1782 im Schweizer
Kanton Glarus). In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde von protestantischen
Theologen vor dem Hintergrund des Kulturkampfes diese
Zahl als Waffe gegen die katholische Kirche instrumentalisiert.
Die Nationalsozialisten deuteten die Hexenverfolgungen rassistisch
und neuheidnisch um und setzten die Neun-Millionen-Theorie
(Behringer) als Propaganda gegen die christlichen Kirchen generell
ein. In einem völlig anderen Kontext, nämlich im Zusammenhang
mit der neuen Frauenbewegung der 1970er Jahre und esoterischen Strömungen,
lebten die spekulativen Opferzahlen erneut auf. So ist das Hexenthema,
wie vielleicht nur wenige Themen der deutschen Geschichte, in hohem
Maße bis in die jüngste Vergangenheit überlagert
von politisch-weltanschaulichen Interessen und Instrumentalisierungen.
Hartnäckig hält sich auch die weitverbreitete Vorstellung,
es handle sich beim Hexenwahn um eine Episode aus dem
finsteren Mittelalter. Dass die Hexenverfolgungen jedoch
in erster Linie eine Erscheinung der Frühen Neuzeit sind, dass
ihr Höhepunkt insbesondere in den Jahrzehnten zwischen 1560
und 1680 lag, wird von einer breiteren Öffentlichkeit nicht
immer wahrgenommen. Schon mit dem Untertitel der Ausstellung Ängste
der Neuzeit möchten die Ausstellungsverantwortlichen die Aufmerksamkeit
in eine neue Richtung lenken.
Bis heute keine hinreichende
Erklärung
Der Jesuit Friedrich Spee (15911635), einer
der herausragenden Gegner der Hexenprozesse seiner Zeit, erklärte
die Verfolgungen als die unselige Folge des frommen Eifers
Deutschlands. Und tatsächlich dürfte in der religiösen
Zersplitterung Deutschlands nach der Reformation, in dem durch die
konfessionelle Konfrontation gestärkten Fundamentalismus
so der bereits erwähnte Wolfgang Behringer einer der
Gründe für die Verfolgungswellen in Deutschland liegen.
Doch die historische Forschung warnt zugleich eindringlich vor monokausalen
Erklärungen: Bis heute gibt es keine befriedigende Erklärung
für das Phänomen der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung,
konstatierte erst kürzlich der Tübinger Historiker Sönke
Lorenz. Mittlerweile kristallisiert sich so etwas wie ein Geflecht
von Zusammenhängen und Kausalitäten heraus, dem zufolge
dramatische Klimaverschiebungen Agrarkrisen und Notzeiten auslösten.
Deren Intensität korreliert in erstaunlichem Maße mit
den Jahren der Hexenverfolgungen. Betonte die Hexenforschung früher
eher die Bedeutung der christlichen Dämonologie als Auslöser
von Verfolgungen, so arbeiten insbesondere neuere Regionalstudien
heraus, dass sich daran gleichermaßen handfeste machtpolitische
Interessen heften konnten.
Laut diesen Thesen wird man einen wesentlichen Grund für den
Verfolgungswillen der Justiz in der Tatsache sehen müssen,
dass gerade in kleinen und mittleren Territorien mit starker gerichtsrechtlicher
Zersplitterung und vor dem Hintergrund der Herausbildung des frühmodernen
Staates die Angst vor dem Verlust angestammter Herrschaftsrechte
groß war. Zu diesen Rechten aber zählte wesentlich die
Blutgerichtsbarkeit, also das Recht, Prozesse auf Leben und Tod
zu führen. Die Trierer Historikerin Rita Voltmer führt
im vorliegenden Band dazu aus, dass es in Flächenstaaten (wie
beispielsweise im Herzogtum Bayern oder in Sachsen), in denen lokale
Gerichte eingebunden waren in einen von gelehrten Juristen kontrollierten
Instanzenweg, weniger Hexenjagden gab als in den in ihrer Unabhängigkeit
bedrohten kleineren Herrschaftsgebilden, die ihre Selbständigkeit
auch über einen Kompetenznachweis in Kriminal- und Hexenprozessen
demonstrieren und sichern wollten.
Solch ein herrschaftlich und gerichtsrechtlich stark zersplittertes
Gebiet war auch der Raum zwischen Eifel, Ardennen, Mosel und Rhein
mit den Herzogtümern Luxemburg und Lothringen, dem Kurfürstentum
Trier, der Reichsabtei St. Maximin sowie kleineren Eifelherrschaften
(darunter die Manderscheider Grafschaften und die Herrschaft Wildenburg).
Die insbesondere in der Arbeitsgemeinschaft Hexenprozesse im Trierer
Land und an der Universität Trier durchgeführten Forschungen
lassen allein für diesen Verfolgungsraum mindestens 4.000 Hinrichtungen
vermuten. Die Ergebnisse des seit 1997 in Trier bestehenden, von
der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereiches
235 geförderten Projektes Zauberei- und Hexenprozesse im Maas-Rhein-Mosel-Raum
flossen ein in eine Hexen-Ausstellung, die das Musée dHistoire
de la Ville de Luxembourg in Kooperation mit den Trierer Forschern
erarbeitete.
Die Ausstellung wurde im Mai 2000 unter dem Titel Incubi Succubi.
Hexen und ihre Henker bis heute im Rahmen einer internationalen
Tagung der Association Internationale des Musées dHistoire
(AIMH) in Luxemburg eröffnet. Sie löste Aufmerksamkeit
und Interesse bei den ebenfalls auf dieser Tagung anwesenden Kuratoren
aus dem Deutschen Historischen Museum, Berlin aus. In enger Zusammenarbeit
mit den Luxemburger Kuratoren, Marie-Paule Jungblut, Volker Geissler
(tödlich verunglückt im August 2001) und Guy Thewes, sowie
mit dem Trierer Forschungsprojekt, hier insbesondere Dr. Rita Voltmer,
wurde seit Herbst 2000 die Präsentation in Berlin vorbereitet.
Dabei wurde die Ausstellung in einigen Aspekten nuanciert. So unterscheidet
sich die Berliner Präsentation von der Luxemburger insbesondere
in ihrem Umgang mit Texten und Erläuterungen, denen größeres
Gewicht eingeräumt wurde. An die Stelle des ursprünglichen
Titels Incubi Succubi ist in Berlin der knappere Titel Hexenwahn
getreten. Damit soll auf die psychologische Dimension der Verfolgungen
hingewiesen werden, konnten doch die Zeitgenossen eine derart tiefe
Furcht vor dem vermeintlichen Treiben der Hexen entwickeln, dass
bei deren Verfolgung bisweilen panikartige, irrationale oder manische
Verhaltensformen an den Tag gelegt wurden. Nicht intendiert ist
eine Deutung des neuen Ausstellungstitels in dem Sinne, dass die
Verfolgungen etwa das Produkt geistiger Verwirrung gewesen wären;
denn schließlich entsprang die Angst vor den Hexen in vielen
Fällen einer tiefen Gläubigkeit und bediente sich die
konkrete Hexenjagd doch in der Regel rational anmutender, durchaus
legaler Gerichtsverfahren.
Zusammenarbeit Luxemburg,
Trier, Berlin
Was interessierte uns an der Luxemburger Hexen-Ausstellung?
Wenn auch ein Großteil der Exponate und Dokumente, die in
der Ausstellung zu sehen sind, einen deutlichen regionalgeschichtlichen
Bezug zum Luxemburger und Trierer Raum aufweist, so ist diese Dimension
doch gleichsam aufgehoben in allgemeineren Fragestellungen. Die
Ausstellung intendiert, mit herkömmlichen Meinungen und Vorurteilen
bezogen auf die Hexen aufzuräumen und zugleich zu zeigen, wie
auch die Forschung dieses immer noch schwer zu fassende Phänomen
der europäischen
Geschichte aus unterschiedlicher Perspektive umkreist. Es wird deutlich,
dass
zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Fragen an das Thema
gerichtet
wurden. Bis heute behauptet es, ständig neue Fragen provozierend,
seine ungebrochene Aktualität.
Wer heute eine Hexen-Ausstellung zeigt, muss gewärtigen, dass
das Thema vor dem Hintergrund von New Age und Esoterik, von magischer
Wellness und Crash-Kursen in Hexerei, die in den letzten beiden
Jahrzehnten geradezu einen Boom erlebt haben, gesehen wird. Die
Trierer Historikerin Rita Voltmer schreibt in diesem Band treffend,
dass in Film, Fernsehen, Yellowpress, historischen Romanen und Internetseiten
immer noch und mit großer Hartnäckigkeit Klischees, Vorurteile
und Fehleinschätzungen über die frühneuzeitlichen
Hexenverfolgungen verbreitet werden: Kirche und Staat hätten,
motiviert von einer aggressiven Frauenfeindlichkeit, im Mittelalter
zumeist rothaarige und besonders hübsche oder alte und besonders
hässliche, insgesamt fast neun Millionen Frauen, vorzugsweise
Hebammen und Heilerinnen, von lüsternen und perversen Inquisitoren
als Hexen verfolgen, foltern und verbrennen lassen, um damit die
weiblichen Mitglieder der Gesellschaft zu disziplinieren, ihr geheimes
Wissen um Heilkunde, Verhütung und Abtreibung auszurotten und
sie gleichzeitig aus dem Berufsleben zu vertreiben, um Männer,
nicht zuletzt Ärzte von unnötiger Konkurrenz zu befreien.
Gegen diese allenfalls mit Halbwahrheiten geschmückte mythisierende
Opfergeschichte, gepaart mit naiver Verschwörungstheorie, hat
es so Voltmer die wissenschaftliche Erforschung der
Hexenprozesse mit ihren vielschichtigen, keine einfachen Erklärungen
anbietenden und oftmals auch divergierenden Ergebnissen immer noch
schwer, in der breiten Öffentlichkeit gehört und rezipiert
zu werden.
Gegen Klischees und Mythen
So hat die Hexenforschung inzwischen die insbesondere
von den Bremer Soziologen Gunnar Heinsohn und Otto Steiger in den
1980er Jahren vertretene These von der Vernichtung der weisen
Frauen vielfach widerlegt. Heinsohn und Steiger deuteten die
Hexenjagden als von Kirche und Staat ins Werk gesetzte, systematische
Verfolgung von Hebammen, Kräuterkundigen und Heilerinnen der
ländlichen Regionen mit dem bevölkerungspolitischen Ziel
der Zerstörung ihres Wissens um Fortpflanzung und Geburt und
damit einer Unterbindung der Geburtenkontrolle zum Zwecke des ungehinderten
staatlichen Wachstums ein längst erschütterter
Erklärungsversuch, der aber immer noch eine öffentliche
Breitenwirkung zu entwickeln vermag. So konnte auch für den
Maas-Rhein-Mosel-Raum der behauptete Zusammenhang zwischen Hexentötungen
und Peuplierungspolitik empirisch widerlegt werden. Der Trierer
Historiker Franz Irsigler führt in diesem Band dazu aus, dass
von den im engeren Trierer Raum für das 16. und 17. Jahrhundert
nachgewiesenen etwa 800 weiblichen Prozessopfern lediglich drei
Hebammen als Hexen verbrannt wurden.
Jede vierte Hexe
war ein Mann
Und noch mit einem anderen Vorurteil räumt die
Ausstellung auf. Der Historiker Rolf Schulte korrigierte in seiner
kürzlich erschienenen Dissertation eine weit verbreitete Meinung,
der zufolge Hexen immer Frauen gewesen seien. Tatsächlich war
kurz zusammengefasst jede vierte Hexe
ein Mann. Schulte stellt heraus, dass der Anteil von Männern
an den Opfern lange Zeit übersehen wurde und arbeitet eine
höchst auffällige Korrelation zwischen Geschlecht und
Konfession heraus. Während nämlich in katholischen Regionen
bis zu 30 Prozent der Hingerichteten Männer waren, können
demgegenüber in protestantischen beziehungsweise reformierten
Territorien und Ländern (wie zum Beispiel England, Schottland,
Schweden oder den Niederlanden) 80 bis 90 Prozent weibliche Hingerichtete
nachgewiesen werden. In Deutschland waren 76 Prozent, also rund
drei Viertel, der zwischen 1530 und 1730 als Hexen Getöteten
Frauen.
Schulte liefert für diesen auffälligen Befund eine plausible
Erklärung: Beeinflusst durch die katholische Inquisition gegen
die katharischen und waldensischen Ketzer ging die zu Beginn des
15. Jahrhunderts in Oberitalien, Südfrankreich und der Westschweiz
entwickelte kirchliche Vorstellung von dem, was das Hexenwesen ausmache,
vom Hexensabbat als einer Zusammenkunft von Männern und Frauen
aus. Protestantische Theologen dagegen lehnten mehrheitlich und
grundsätzlich die Vorstellung von einem tatsächlich stattfindenden
Hexensabbat ab. Als nicht weniger bedeutsam für die Ausbildung
der konfessionellen Unterschiede erwies sich die differierende Übersetzung
der Bibelstelle Exodus 22,18. Die katholische Vulgata benutzte,
legitimiert durch das Konzil von Trient (1564), das männliche
Genus: Die Zauberer sollst Du nicht leben lassen, während
Luther die aus dem hebräischen Original stammende, grammatikalisch
richtige weibliche Form anwandte: Die Hexen sollst Du nicht
leben lassen. Damit so Schulte ging für
Protestanten als wortgetreuen Bibelexegeten die Hexerei grundsätzlich
von Frauen aus.
Üble Nachrede und Ausgrenzung
Die weltlichen Gerichte hätten aber die Hexenprozesse
nicht führen, ja nicht einmal initiieren können, wenn
nicht Bereitschaft und Unterstützung von unten
da gewesen wären. Die Untertanen verlangten nach Wiederherstellung
einer geordneten, gottgefälligen und vom Bösen
den Hexen befreiten Welt. Davon erhofften sie sich ein Ende
von Heimsuchungen, Not, Elend und persönlichen Schicksalsschlägen.
Die üble Nachrede, das Gerücht, der von Nachbarn und Dorfbewohnern
geäußerte Verdacht waren der Keim, aus dem heraus sich
überhaupt erst die Möglichkeit einer gezielten Verfolgung
entwickeln konnte. Arthur Miller hat das in seinem 1953
vor dem Hintergrund der Denunziationen und Kommunistenverfolgungen
der McCarthy-Ära entstandenen Theaterstück Hexenjagd eindringlich
beschrieben. So wie in der puritanischen Stadt Salem in Neuengland
(spätere USA) des Jahres 1692 insgesamt 19 Menschen, ausgelöst
durch die üble Nachrede, mit dem Teufel im Bunde zu stehen,
durch Ausgrenzung und Verfolgungshysterie auf dem Scheiterhaufen
starben, so finden sich auch in den europäischen Hexenprozessakten
wieder und wieder Hinweise auf Verfolgungen, die ihren Ausgang in
den Beschuldigungen durch Dritte nahmen etwa wenn 1630 im
Trierer Prozess gegen die der Hexerei beschuldigte Anna Hesen aus
Föhren die Dorfbewohner zu Protokoll gaben: Was die Zauberei
angeht, so hab ich von dem Verdacht gegen die Beklagte schon seit
der Zeit [seit der] ich hier wohne gehört
oder
Ich halte die Beklagte schon seit 38 Jahren für eine
Hexe und eine ehebrecherische Hure, das habe ich auch von meinen
verstorbenen Eltern gehört! Die Luxemburger Kuratoren
haben diesen Aspekt der Hexenverfolgungen bis in unsere Gegenwart
verlängert, indem sie schreiben: Die Ausstellung möchte
zugleich die aktuellen Bezüge aufzeigen und zu einer
allgemeineren Debatte anregen. Denn: Die Scheiterhaufen mögen
zwar der Vergangenheit angehören, die komplizierten zwischenmenschlichen
Umstände, die sie ermöglichten, aber sind noch lange nicht
von der Bildfläche verschwunden.
Zur Gestaltung der Ausstellung
Ausgangspunkt der Gestaltung der Luxemburger Ausstellung
war die Überlegung, keine klassische Ausstellung
im Sinne einer rein historisch-chronologischen Dokumentation machen
zu wollen. Vielmehr wurde so die Trierer Wissenschaftler
Franz Irsigler und Rita Voltmer ein Konzept favorisiert,
das den Besuchern stufenweise einen Einblick in die Lebenswelt und
in die Mentalität jener vergangenen Zeit gewähren sollte,
in der sich aus einer nur vorgeblich geordneten Welt ein Bedrohungsszenario,
ein Klima der Angst entwickelte, an dessen Ende fast zwangsläufig
schwere Hexenverfolgungen stehen mussten. Angeregt zu dieser Konzeption
wurden die Veranstalter durch die Worte eines 1590 als Hexenmeister
hingerichteten Mannes, der in seinem durch die Folter abgepressten
Geständnis behauptet hatte, die Macht der Teufelsdiener könne
nur gebrochen werden, wenn man ausreichend bete, die Glocken läute
und die Hexen verbrenne. Aus diesem Dreischritt Beten, Läuten,
Brennen erwuchs unter der Federführung des Kölner
Gestalters und
Theaterregisseurs Volker Geissler das innere Gerüst
der Ausstellung. Der Musiker und Medienwissenschaftler Peter Kiefer
(ebenfalls Köln) hat die Ausstellung zudem mit einer Klangebene
ausgestattet, die dem Besucher einen auch akustischen Zugang zum
Thema ermöglichen will.
Museum und europäische
Bezüge
Die Luxemburger Ausstellung bringt so die Auffassung
der Verantwortlichen am Deutschen Historischen Museum auf
überzeugende Weise einen regionalgeschichtlichen Ansatz mit
den mentalitätsgeschichtlichen Dimensionen der Hexenverfolgungen
zusammen. Dies macht sie interessant für ein Museum, dessen
herausragende Aufgabe in der Darstellung der deutschen Geschichte
im europäischen Kontext besteht wobei unter Zugrundelegung
eines zeitgemäßen, umfassenden Geschichtsbegriffs der
Mentalitätengeschichte generell ein hoher Stellenwert eingeräumt
wird. Mit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit möchte
das Deutsche Historische Museum zugleich seinem Selbstverständnis
als Museum im Netzwerk der europäischen Museen Ausdruck verleihen.
Dank
Eine Ausstellung ist immer das Ergebnis der gemeinsamen
Anstrengungen vieler. Unser Dank gebührt an erster Stelle der
Direktorin der Musées de la Ville de Luxembourg, Frau Danièle
Wagener, für alle uneingeschränkt gezeigte Unterstützung
und für die effiziente Zusammenarbeit. Dank gebührt ebenso
den beiden Luxemburger Kuratoren, Marie-Paule Jungblut und Guy Thewes,
die überschattet vom tragischen Unfalltod des Ausstellungsgestalters
Volker Geissler mit Verve und nie nachlassendem Engagement
an den Vorbereitungen der Präsentation in Berlin mitgewirkt
haben. Peter Kiefer hat sich mit großem Elan nicht nur der
Klang-Ebene der Ausstellung, sondern auch Fragen der Umsetzung angenommen.
Zu danken ist gleichermaßen den Trierer Universitätswissenschaftlern
Prof. Dr. Franz Irsigler und Dr. Rita Voltmer, die mit ihrer Fachkompetenz
auch das neu gestaltete Ausstellungsbuch bereichert haben. Rita
Voltmer gebührt überdies Dank für ihre nie versiegende
Bereitschaft zu fachlicher Auskunft und Unterstützung. Unser
Dank gilt auch der Stadtbibliothek/Stadtarchiv Trier als weiterem
Kooperationspartner. Das kleine, aber um so engagiertere DHM-Team
um Johanna Westphal und den bewährten Gestalter Werner Schulte
hat mit Präzision und Umsicht die Ausstellung fertig gestellt.
Dr. Hans Ottomeyer, Generaldirektor
Dr. Rosmarie Beier-de Haan, Ausstellungskuratorin
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