Presse-Echo
Kassandra
Visionen des Unheils
1914-1945
„Es galt also, für die Ausstellung die Geschichten hinter den Bildern freizulegen, nicht nur einfach die längst bekannten Inkunabeln zu präsentieren, sondern Forschung zu betreiben, auch vergessene Künstler wieder ins Rampenlicht zu rücken.“
Jochen Stöckmann, Deutschlandradio Kultur, 17.11.2008
„Und die [...] mit bewundernswertem Spürsinn zusammengestellte Ausstellung macht deutlich, warum Kunst mehr und Tieferes über die Zeitumstände sagen kann als (beinahe) jede Fotografie, als jede Tatsachenbeschreibung, weil sie verdichtet, was in der zu Einzelfragmenten zerfallenden, gesehenen Realität zu einem Ganzen sich nicht fügt.“
Bernhard Schulz, Der Tagesspiegel, 17.11.2008
„Dabei sind große Namen, die man in den Reihen der „Mahner“ und „Ahner“ auch erwartet hätte: Dix, Grosz, Kollwitz, Heartfield. Aber auch weniger bekannte Künstler [...], wie etwa der in Stuttgart wirkende Schweizer Maler Heinrich Altherr (1878 bis 1947) oder die Berliner Dadaistin Hannah Höch (1889 bis 1978) sind mit eindrucksvollen Werken vertreten, die durchaus das Etikett „visionär“ verdienen. [...]
Die Werke, so sagt DHM-Generaldirektor Hans Ottomeyer, seien in erster Linie wegen ihres „Zeugniswertes“ ausgewählt worden. Weil die Kuratoren aber offenbar aus dem Vollen schöpfen konnten und bei Leihgebern im In- und Ausland offene Ohren fanden, ist eine historische Ausstellung von beachtlicher künstlerischer Qualität entstanden.“
Horst Willi Schors, Kölner Stadt-Anzeiger, 18.11.2008
„Zu dieser klaren Unterscheidung zwischen einer Kunst vor dem Ersten und vor dem Zweiten Weltkrieg kommt jedenfalls die Ausstellung "Kassandra. Visionen des Unheils 1914-1945" im Deutschen Historischen Museum, die sich erstmals dieser speziellen Entwicklung in der deutschen Kunst widmet. Es ist ein nahe liegendes aber ungewöhnliches Thema für ein Historisches Museum. [...]
Als der Maler Karl Hofer 1947 schrieb: „Der Künstler ist eben ein geistiger Seismograph“, da versuchte er den alten Mythos vom Künstler als Mahner wieder zu beleben. Eine schöne Selbststilisierung, die mit dieser Ausstellung zumindest teilweise widerlegt wird. Denn immer erst als die Künstler am eigenen Leib Krieg, Blut, Mord, Ausgrenzung, Isolation erfuhren, reagierten sie mit ihrer Kunst darauf. Die Sehergabe ist eben doch nicht so breit gestreut, wie die Vorstellung vom Künstler als Medium das gern hätte. Das erkannt zu haben, ist die Leistung dieser Ausstellung und ihres umfassenden Kataloges.“
Uta Baier, Die Welt, 19.11.2008
„Es ist der große Vorzug der Berliner Ausstellung, den Künstler als den Verkünder politischer Wahrheit zu zeigen, und doch nicht zu verschweigen, dass die Wahrheit bei weitem nicht immer einer scharfen diagnostischen Befähigung entsprang. [...]
Mit "Kassandra" ist dem Deutschen Historischen Museum und Stefanie Heckmann, die das Projekt konzipiert und geleitet hat, eine große Unternehmung gelungen. [...]
Stephan Speicher, Süddeutsche Zeitung, 19.11.2008
„Mit Kassandra als Bezugsfigur fragt die packende Schau nach der Rolle und dem Verhalten von Künstlern vor und in totalitärer Herrschaft und im Krieg, 1914 bis 1945. Politische Geschichte wird Bild, Chronologisches verschränkt sich mit Exemplarischem, das wiederkehrt: Angst, nicht mehr arbeiten zu können mit Angst vor Krieg, Verfolgung, Tod. Ebenso Hoffnung, der Spuk möge bald vorbei sein. Verachtung für die Barbaren. Und Verzweiflung, weil das Unheil kein Ende nahm. [...]
Die Ausstellung erhellt also nicht nur die Situation von Künstlern in ihrer Zeit. Sie setzt ihnen auch ein Denkmal.“
Ingeborg Ruthe, Berliner Zeitung, 20.11.2008
„Wenn es eine stille Botschaft der [...] kundig und entdeckerfreudig kuratierten DHM-Ausstellung gibt, dann ist es die von der Ohnmacht der Kunst im Angesicht des Terrors. Kein Betrachter ist von den geifernden Volksgenossen auf Albert Birkles „Verspottung des Gekreuzigten“ von 1929 abgehalten worden, sich dem Rassismus in die Arme zu werfen, so wie auch niemand vor Edgar Endes „Genius Loci“ mit seiner zum Wirbelsturm verdichteten Traube von Menschenköpfen der Kriegslust abschwor. Die Geschichte stampfte über diese Bilder hinweg. Dafür erzählen sie uns ihre eigene Geschichte: das epochale Drama eines Künstlertums zwischen Anpassung, Emigration und Widerstand.“
Andreas Kilb, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.11.2008