| 
                            
                               
                            
                            Einleitung
                            | Informationen für Lehrer
                            | Informationen für Schüler                             
                            
                              Begleitmaterial 
                              Das lange 19.  Jahrhundert. 1789–1918
                              Informationen für Schüler  
                              In den Begleitmaterialien zur Ständigen Ausstellung wird  jeweils eine Objektgattung ausführlich vorgestellt. In dem Heft zum langen 19.  Jahrhundert (1789–1918) ist diese Objektgattung das großformatige Gemälde, mit  dem unter anderem Herrscherpersönlichkeiten und historische Ereignisse  dargestellt, aber auch mythologische, religiöse oder literarische Motive  verarbeitet wurden. Bei vielen dieser Werke handelte es sich um  Auftragsarbeiten. Sie dienten häufig der Selbstdarstellung von Fürstenhäusern  und adeligen oder großbürgerlichen Familien. Aber auch Gemälde, die der  Künstler auf dem freien Kunstmarkt verkaufen wollte, waren in Gestaltung und  Inhalt den Bedürfnissen potentieller Käufer aus Bürgertum und Adel angepasst.  Die Bilder entsprachen daher häufig den künstlerischen und politischen Idealen  dieser sozialen Gruppen. Neu auftretende Bildmotive können somit auch auf die  Verbreitung neuer Vorstellungen und Werte in der kunstinteressierten  Öffentlichkeit hindeuten. 
                              Um den Aussagewert dieser Objektgattung zu demonstrieren,  ist mit dem Gemälde „Der Streik“ (1886) von Robert Koehler  ein Werk in den Mittelpunkt des Heftes gestellt worden, dessen Motiv äußerst  ungewöhnlich für seine Zeit war. Während auf großformatigen Gemälden des 19.  Jahrhunderts oft Monarchen oder Militärs dargestellt und verherrlicht  wurden, steht hier eine Gruppe streikender Industriearbeiter im Zentrum des  Geschehens. Agnete von Specht, die als Kuratorin der Ausstellung „Der Streik –  Realität und Mythos“ im DHM den Kontakt zu dem vorherigen Besitzer des Gemäldes  herstellte, beschreibt das Besondere an diesem Werk folgendermaßen:  
                              
                                
                                  „Die Sensation ist, dass die  Arbeiter oder der ‚Vierte Stand’ als geschichtsmächtige Klasse in Erscheinung  treten. Dies ist der entscheidende Punkt, den die Bildgestaltung akzentuiert.  Die Arbeiter sind alle sehr detailreich dargestellt, während der Unternehmer  eine recht blasse Erscheinung bleibt. Das Gewicht liegt eindeutig bei den  Arbeitern, die Mutter mit ihren Kindern als obligate Elendsgestalt tritt  demgegenüber in den Hintergrund. Das ist auch der gravierende Unterschied zu  den beiden Streikdarstellungen, die zeitlich vor Koehlers Bild entstanden sind.  […] Hier ist das Thema Verzweiflung, Niederlage, Ohnmacht, Wut – und nicht wie  bei Koehler der Arbeiter als neue geschichtsmächtige Kraft. […] Der Grund,  warum „Der Streik“ international Aufmerksamkeit erregte, waren die  Massenstreiks und gewalttätigen Auseinandersetzungen, über die damals täglich  aus Belgien und auch aus Chicago berichtet wurde. Man muss bei diesem Bild von  einer Wechselwirkung ausgehen: Das Bild war ohne die Streiks nicht denkbar,  gleichzeitig konfrontierte das Medium des Historienbildes das Publikum mit  einer neuen Sichtweise.“  | 
                                 
                               
                              Das Gemälde war keine Auftragsarbeit der Arbeiterbewegung.  Robert Koehler beabsichtigte vielmehr, sein Werk zu verkaufen und als Maler  seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Vielleicht wollte er mit der Wahl dieses  ungewöhnlichen Themas die Öffentlichkeit auf sich aufmerksam machen und so die  Grundlage für eine Karriere als Künstler legen.  
                              Literaturtipps:  
                                Germer, Stefan u. Michael F. Zimmermann (Hg.): Bilder der  Macht – Macht der Bilder. Zeitgeschichte in Darstellungen des 19. Jahrhunderts,  München, Berlin 1997.  
                                Mai, Ekkehard (Hg.): Historienmalerei in Europa. Paradigmen  in Form, Funktion und Ideologie, Mainz 1990.  
                              
                             |