Der radikale Politiker und Reformbürgermeister der Industriestadt Birmingham, Joseph Chamberlain, hatte noch im Vorjahr geunkt, daß "die Republik unvermeidlich ist, und angesichts der Geschwindigkeit, mit der wir voranschreiten, wird sie in unserer Generation kommen". Aber nichts dergleichen geschah. Als trauernde Witwe hatte Victoria sich von ihren Untertanen zurückgezogen, und der Republikanismus erfreute sich wachsenden Zulaufs, doch in der spätviktorianischen Zeit, die ein goldenes und ein diamantenes Jubiläum erlebte, war die Monarchie unangefochtener denn je zuvor.

Der große Bruch in ihrem eigenen Leben ereignete sich viel früher - mit dem Tod ihres erst 42jährigen, geliebten Gatten Albert am 14. Dezember 1861 auf Schloß Windsor. Am Neujahrstag 1862 sagte die Königin über sich selbst, sie "lebe in einem schrecklichen Traum", und erst zehn Jahre später, im Februar 1872, fand sie die Kraft, in ihrem seit dem 13. Lebensjahr geführten Tagebuch den Tod ihres Mannes zu beschreiben. Es ist viel darüber spekuliert worden, welche Entwicklung die britische Geschichte genommen hätte, wenn Albert nicht so früh gestorben wäre. Doch die meisten Fragen bleiben offen. Hätte er "Großbritannien die Segnungen einer absoluten Regierung" verschaffen können, wie Benjamin Disraeli meinte? Wie hätte er auf die sozialen und kulturellen Umwälzungen reagiert? Lord Esher glaubte, "wenn Albert länger gelebt hätte, so hätte sich seine Beharrlichkeit zu einer Halsstarrigkeit verhärtet, welche die Beziehungen zwischen ihm und einer Regierung, die - wie die unsere - in demokratischen Institutionen gründet, stark belastet hätte". Doch bei all dem handelt es sich um bloße Vermutungen. In Wahrheit hat Albert, seit er Coburg verließ, um am 10. Februar 1840 die Königin von England zu heiraten, stets aufs engste mit Victoria zusammengearbeitet, und beide verfolgten das nämliche Ziel: die Schaffung einer "konstitutionellen" und nicht etwa demokratischen Monarchie. Seinen Tod empfand die Königin nicht nur als einen persönlichen, sondern auch als einen unwiederbringlichen politischen Verlust. Sie war auf ihn angewiesen.