Aber all jene, die an die glänzende Schönheit der jungen Königin glauben wollten, mochten Parris die fehlende Naturtreue nicht ankreiden. The Court and Lady's Magazine schrieb zum Beispiel: "Auf den ersten Blick waren wir ... geneigt zu glauben, es gleiche Ihrer Majestät nur wenig. Unter anderem Licht und bei eingehenderer Betrachtung springt uns jedoch die Erinnerung an die königlichen Züge deutlicher an ..." Auch A. E. Chalons Aquarellportrait von 1838 (Abb. 2), das eine nichtssagende, puppenhafte Königin Victoria auf der Terrasse von Schloß Windsor sitzend präsentiert, wurde von Bentley's ironisch als "vollkommenes Wunder" gerühmt: "es zeigt nicht den Schatten eines Anflugs von Ähnlichkeit, sei es im Aussehen oder Ausdruck". Dennoch erfreute sich die von R. J. Lane angefertigte Lithographie dieses Bildes größter Beliebtheit.Der Autor des Artikels in Bentley's vermag sich die Unfähigkeit der Portraitmaler, in den ersten Jahren ein leidlich treffendes Bildnis der Königin zustande zu bringen, nur durch "Halluzinationen" zu erklären. Man darf jedoch nicht vergessen, daß Portraitmaler wie Parris und Chalon die Fähigkeit, den Frauen zu schmeicheln, als einen wesentlichen Bestandteil ihrer Kunst betrachteten und geradezu stolz darauf waren, einer Königin, die nicht für ihre Schönheit berühmt war, zu einem attraktiven Bildnis zu verhelfen. Selbst die angeseheneren Hofmaler Victorias wie ihr damaliger Lieblingsmaler Sir David Wilkie und ihr Historien- und Portraitmaler George Hayter neigten stets zu einer schönfärberischen Darstellung von Victorias Erscheinung, und zwar mit unterschiedlichen Ergebnissen. Der Autor des Artikels in Bentley's sinniert, was "Ihre Majestät beim Anblick der verschiedenen 'neuen Ansichten' ihrer Person" auf der Ausstellung der Royal Academy 1838 "gefühlt haben mag", wo Wilkies Königin Victoria während ihres ersten Kronrates (Abb. 3) und Hayters Königin Victoria auf dem Thron im House of Lords (Abb. 4) hinter dem Stuhl des Präsidenten im Hauptsaal übereinander an der Wand hingen; der Autor selbst mutmaßt, Wilkie sei einer "jämmerlichen Täuschung" zum Opfer gefallen, und fragt sich, ob die Königin auf Hayters Bild "nicht mindestens 20 Jahre zu alt" sei und eher "einer der königlichen Tanten Ihrer Majestät" ähnle als sich selbst.
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