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Seit Sommer 1944
flüchteten Millionen Deutsche vor der Roten Armee Richtung
Westen. Auf der Potsdamer Konferenz im August 1945 beschlossen
die Alliierten die „Umsiedlung deutscher Bevölkerungsteile“
aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn. Sie sollte „in
geordneter und humaner Weise“ stattfinden. Tatsächlich
wurden Deutsche gewaltsam aus diesen Ländern sowie aus
Rumänien und Jugoslawien vertrieben. 1950 lebten rund
12,5 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene im geteilten
Deutschland.
Vertriebene in der Bundesrepublik
Deutschland
In der Bundesrepublik leitete die Regierung unter Konrad
Adenauer frühzeitig Maßnahmen zur sozialen, kulturellen
und politischen Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen
ein. Die über 12 Millionen deutschen Flüchtlinge
und Vertriebenen waren im kriegszerstörten Deutschland
nur schwer zu integrieren. Besonders drängend war die
Wohnungsfrage, zu Beginn der 50er Jahre lebten immer noch
Hunderttausende in Sammellagern und Notunterkünften.
Die Not der Vertriebenen sollte in der Bundesrepublik durch
das 1952 beschlossene Lastenausgleichsgesetz abgefedert werden,
das finanzielle Entschädigungen für die infolge
von Krieg und Vertreibung entstandenen Verluste vorsah.
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Informationsbroschüre
über den Lastenausgleich für Aussiedler und
Vertriebene |
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Waldemar Klatt
Bayreuth, um 1955
Druck, 20,8 x 14,8
Berlin, Deutsches Historisches Museum,
Do2 2005/122
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Die Broschüre „Wegweiser durch den Lastenausgleich“
erklärt die Einzelregelungen. Das Bundesvertriebenengesetz
von 1953 definierte, wer als Vertriebener galt und Anspruch
auf staatliche Hilfen hatte. Nicht vertriebene Bundesbürger
zahlten Ausgleichsabgaben in einen Fonds, aus dem die Hilfeleistungen
finanziert wurden. Bis 1969 gab es in der Bundesrepublik ein
eigenes „Bundesministerium für Angelegenheiten
der Vertriebenen“.
Vertriebene in der Deutschen
Demokratischen Republik
Die DDR erkannte 1950 die neue polnische Westgrenze an. Aus
Rücksicht auf die politischen Partner in Osteuropa wurden
die über vier Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen
in der DDR verharmlosend als ‚Umsiedler’
bezeichnet. Sie erhielten zwar staatliche Hilfen, z.B. durch
die Einquartierung in Privatwohnungen und Landzuteilungen
bei der Bodenreform, ihr Schicksal war jedoch allgemein tabuisiert.
Mitte der 50er Jahre galt die Integration der Vertriebenen
in der DDR offiziell als abgeschlossen. Damit waren Äußerungen
der ‚Umsiedler’ über Flucht und Vertreibung
unerwünscht. Sie störten das offiziell verbreitete
Bild der Freundschaft zwischen den „sozialistischen
Bruderländern“.
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Wahlplakat der SED |
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Wahlplakat der SED. Köthen, um 1946,
Lithographie, 61,5 x 86,0.
Berlin, Deutsches Historisches Museum, P 94/1960
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Das Plakat der „Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands“ fordert ‚Umsiedler’ zur Wahl auf. Einem deutschen
Flüchtling, der sein ganzes Hab und Gut in einem Beutel
über der Schulter trägt, eröffnet sich ein
in leuchtenden Farben gehaltenes ländliches Panorama.
Das Plakat verspricht den Vertriebenen eine neue Heimat. Die
friedliche Szene steht in krassem Widerspruch zu den
Bildern von Flüchtlingstrecks.
Über das untenstehende Button haben Sie die Möglichkeit
Auszüge aus einem Interview mit einer Vertriebenen über
ihre Flucht aus Ostpreußen am Ende des Zweiten Weltkrieges
anzuhören.
Auszüge
aus einem Interview mit Frau Dr. H.S., die Ende des 2.
Weltkriegs aus Ostpreußen geflohen ist
21. November 1998
Interviewer: Oliver von Wrochem
Hamburg, Werkstatt der Erinnerung / Forschungsstelle für
Zeitgeschichte, 516 |
.mp3, 4.034 KB |
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