Plakatmotiv "Migrationen 1500-2005"

 

Zuwanderungsland Deutschland: Migrationen 1500-2005 - Die Hugenotten, Deutsches Historisches Museum
22. Oktober bis 12. Februar 2006, Ausstellungshalle von I.M. Pei - Logo DHM

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„Gastarbeiter“ in der Bundesrepublik

 

Mit dem Anwerbeabkommen mit Italien 1955 kamen die ersten ‚Gastarbeiter’ nach Deutschland. Ihre Zahl stieg zu Beginn der 60er Jahre stark an, 1964 war die Millionengrenze erreicht. Während in der Bundesrepublik die Wirtschaft boomte, herrschte in den Entsendeländern häufig Arbeitslosigkeit. Die meist noch ungebundenen Männer und Frauen hofften, nach einigen Jahren im Ausland mit besseren Chancen zurückzukehren. Die Bundesanstalt für Arbeit richtete Vermittlungsstellen in den Entsendestaaten ein, um die Bewerber auf ihre fachliche und gesundheitliche Eignung zu prüfen. Nach der Gesundheitsprüfung wurden die Bewerber ihrem zukünftigen Arbeitgeber zugeteilt, eine Wahlfreiheit gab es dabei nicht. In Krisenzeiten verloren die ‚Gastarbeiter’ als Erste ihren Arbeitsplatz.
Die ausländischen Beschäftigten arbeiteten vor allem als Ungelernte in der Industrie. Zunächst waren die Arbeitgeber für ihre Unterbringung verantwortlich. Die ‚Gastarbeiter’ lebten bis Anfang der 1970er Jahre meist in Baracken und Wohnheimen, in denen das Leben reglementiert war.

 

  Werbeblatt für Wohnheimbetten
 




Schulte KG Wiesbaden
Um 1970
Druck, 29,3 x 30,0s
Delmenhorst, Museen der Stadt Delmenhorst, Fabrikmuseum Nordwolle,
3.3 (Bildarchiv)

 

 

„Wo schlafen ihre neuen Gastarbeiter?“ fragt der Werbeprospekt und bietet gleichzeitig die Lösung des Problems: In soliden Stahlrohrbetten, die sich zum Platz sparenden Etagenbett erweitern lassen. Umrahmt von den Nationalfahnen der klassischen Entsendeländer wird das Bild eines dunkelhaarigen, südländischen Mannes gezeigt, der der Vorstellung vom typischen ‚Gastarbeiter’ entspricht. Wie das Passfoto auf einer Arbeitsgenehmigung ist das Bild in den Ecken durchgestanzt.
Die Unterbringung in Mehrbettzimmern in Wohnheimen gehört zu den kollektiven Erfahrungen der meisten Migranten und Migrantinnen. Das Foto zeigt Wolfsburger ‚Gastarbeiter’ zu Beginn der 60er Jahre beim Kochen in ihrem Heim. Bei gleichzeitigem Schichtende reichten die angebotenen Kochstellen meist nicht aus.

 

  Kochgelegenheit für „Gastarbeiter“
 


Kochgelegenheit für „Gastarbeiter“



Wolfsburg, 1962. Photographie
Wolfsburg, Stiftung AutoMuseum Volkswagen

 

In den Wohnheimen unterlagen die Bewohner strengen Reglements. So heißt es in einer Hausordnung: „Es ist streng verboten, die Möbel zu verrücken. [...] Es ist nicht erlaubt, angezogen im Bett zu liegen. [...] Es ist nicht erlaubt, Fotografien oder Zeitungsausschnitte auf den Mauern oder Möbeln der Zimmer anzuheften.“ Männer und Frauen waren getrennt untergebracht, gegenseitige Besuche auf den Zimmern verboten. Die gesetzlich vorgeschriebenen Standards für Wohnheime waren niedrig. Immer wieder sorgten Berichte über verschmutzte und nur provisorisch eingerichtete ‚Gastarbeiter’-Unterkünfte für Aufsehen.

1973 beendete die Bundesregierung im Zuge der wirtschaftlichen Rezession die Neuanwerbung ausländischer Arbeitskräfte. Dieser „Anwerbestopp“ bewirkte zunächst das Gegenteil: Viele Migranten fürchteten, nach einer Ausreise keinen neuen Arbeitsvertrag in Deutschland zu bekommen. Daher blieben sie und holten ihre Familienangehörigen nach Deutschland.

 

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