Aus der Sammlung des Deutschen Historischen Museums Deutschsprachiger Erstdruck der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung
vom 4.Juli 1776
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Willi Paul Adams
Die Unabh�ngigkeitserkl�rung der Vereinigten Staaten von Amerika (Teil 2) |
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II. Schritte auf dem Weg zur Unabh�ngigkeit Koordinierten Widerstand gegen Krone und Parlament leistete ein Teil der Kolonien erst nach dem Siebenj�hrigen Krieg (1756-63), deren nordamerikanischen Teil sie den "French & Indian War" (1754-61) nannten. Dessen welthistorisch bedeutsamstes Ergebnis schrieb der Friedensvertrag von Paris 1763 unmissverst�ndlich fest: Der K�nig Frankreichs �berlie� seine Herrschaftsanspr�che auf dem nordamerikanischen Festland dem K�nig Englands; das Land westlich des Mississippi und die Hafenstadt La Nouvelle Orleans blieben der spanischen Krone �berlassen. Die seit 1608 im Sankt Lorenz-Tal siedelnden Franzosen verloren damit den Schutz der franz�sischen Flotte und mussten sich mit George III, dem Parlament in Westminster und den angrenzenden Kolonien der vorwiegend englischsprachigen und �berwiegend protestantischen Siedler arrangieren. Der �u�ere Erfolg des nun von der Hudson Bay bis zum Golf von Mexiko und von der Atlantikk�ste bis zum Mississippi reichenden britischen Empire f�hrte zugleich zu seiner inneren Schw�chung. Denn der Wegfall der franz�sischen Konkurrenz best�rkte die prosperierenden englischen Kolonisten darin, ihre eigenen wirtschaftlichen und damit auch politischen Interessen st�rker als zuvor den Direktiven von Krone und Parlament entgegenzusetzen. Handels- und Schifffahrtsgesetze hatten schon seit Beginn der englischen Besiedlung Handel, Landwirtschaft und Manufakturen so gelenkt, gef�rdert oder verboten, dass die Kaufleute im Mutterland und die Zoll�mter der Krone in den englischen Hafenst�dten am wirtschaftlichen Aufstieg der Kolonien kr�ftig verdienten. Zur Finanzierung der hohen Kosten des Siebenj�hrigen Krieges beschlossen Kolonialadministration und Parlamentsmehrheit 1764 und 1765, die Kolonisten in bis dahin ungewohnter Weise zu besteuern. Die neuartigen, ohne Beteiligung der Abgeordnetenh�user der Kolonien in Kraft gesetzten Steuergesetze l�sten den Widerstand aus, der elf Jahre sp�ter zur Unabh�ngigkeitserkl�rung f�hrte. Da kein einziger gew�hlter Vertreter der Kolonien im Unterhaus sa�, wurde "Keine Besteuerung ohne Repr�sentation!" zur Losung von Kolonisten, die sich benachteiligt f�hlten. Zur Begr�ndung der effektiven Boykottma�nahmen erkl�rten im Oktober 1765 Abgesandte der Legislativen von neun Festlandskolonien, keine Steuern seien ihnen jemals in verfassungsm��iger Weise auferlegt worden, au�er durch ihre eigenen Legislativen. "Da alle Bewilligungen f�r die Krone freiwillige Gaben des Volkes sind, ist es unvern�nftig und unvereinbar mit den Grunds�tzen und dem Geist der britischen Verfassung, dass das Volk Gro�britanniens Seiner Majest�t das Eigentum der Bewohner der Kolonien �bereignet." Die Parlamentsmehrheit annullierte zwar 1766 das Stempelsteuergesetz, weil auch die Londoner Kaufmannschaft unter dem Warenboykott litt; die Sch�rfe und Grunds�tzlichkeit der Begr�ndung aber glaubte sie ignorieren zu k�nnen. Erneute Besteuerungsversuche 1767 und das Teegesetz von 1773 dokumentierten die falsche Einsch�tzung der Widerstandsbereitschaft vieler Kolonisten. Auf die Privilegierung der Londoner Ostindienkompanie im Teehandel reagierten nicht nur patriotische Frauen-Clubs mit Teeboykott-Parties. Am 16. Dezember 1773 warfen innerhalb von drei Stunden als Indianer verkleidete "S�hne der Freiheit" 342 Kisten Tee im Wert von 10000 Pfund Sterling in das Hafenbecken von Boston und eskalierten bewusst den Konflikt. Der Bostoner Rechtsanwalt John Adams identifizierte sich mit dem Mob und notierte in seinem Tagebuch: "Welche Ma�nahmen wird das Ministerium ergreifen? ...Werden sie uns bestrafen? Wie? Indem sie Truppen einquartieren? Die Charter der Kolonie widerrufen? Noch h�here Z�lle einziehen? .. . Sich an einzelnen r�chen?" Premierminister Lord North und die Parlamentsmehrheit reagierten 1774 mit vier Gesetzen, die tief in das wirtschaftliche und politische Leben der Kolonisten eingriffen und die milit�rische Auseinandersetzung vorbereiteten. Die inzwischen auch in Propaganda ge�bte freie Presse der Kolonisten verurteilte sie als "Die unertr�glichen Gesetze": Der Hafen Bostons sollte so lange geschlossen bleiben, bis der Tee bezahlt war; Kronbeamte in den Kolonien konnten sich von nun ab Gerichtsverfahren vor Sch�ffengerichten entziehen; Gemeindeversammlungen (town meetings) durften nur noch nach Genehmigung der Tagesordnung durch den Gouverneur stattfinden, und Sheriffs und Friedensrichter unterstanden der Kontrolle des Gouverneurs, der bald auch Oberbefehlshaber der britischen Truppen in Nordamerika war; die Mitglieder des Gouverneursrates, die bislang das Abgeordnetenhaus von Massachusetts gew�hlt hatte, wurden von der Krone ernannt; die k�nigliche Armee konnte in Zukunft Soldaten in Privath�usern einquartieren. Als kl�gste Ma�nahme des Parlaments gab das Quebec-Gesetz im Juni 1774 den 70000 franz�sischsprachigen Canadiens und ihrer katholischen Kirche so gro�z�gige Selbstverwaltungsrechte - bis hin zur Beibehaltung des franz�sischen Zivilrechts und des Bischofssitzes -, dass diese alle friedlichen und milit�rischen Versuche der aufst�ndischen Kolonien zur�ckwiesen, Quebec als vierzehnten konf�derierten Staat zu gewinnen und das Sankt-Lorenz-Tal als Einfallstor der k�niglichen Marine zu schlie�en. Zur Koordination des Widerstandes gegen die Ausf�hrung der "Unertr�glichen Gesetze" versammelten sich im September und Oktober 1774 in Philadelphia sechsundf�nfzig Delegierte aus den zw�lf Kolonien von New Hampshire bis South Carolina. Sie verwarfen am 28. September 1774 mit 6:5 Delegationsstimmen den Antrag des Delegierten James Galloway von Pennsylvania, "Seiner Majest�t" eine neue Verfassung f�r "das ganze Empire" anzubieten. Dem Plan zufolge h�tte jede Kolonie weiterhin ihre "inneren Angelegenheiten" geregelt, allen dar�ber hinausgehenden Gesetzen h�tte nicht nur ein gew�hlter Gro�er Rat aller Kolonien in Nordamerika zustimmen m�ssen, sondern auch das Parlament von Westminster. Ein vom K�nig eingesetzter und jederzeit abrufbarer President General sollte die Beschl�sse des Rates ausf�hren oder mit einem Veto zur�ckweisen k�nnen. Wie deutlich die Kampfabstimmung als Weichenstellung empfunden wurde, zeigt die Tatsache, dass die mit einer Stimme Mehrheit siegreichen patriots, als sie am 22. Oktober 1774 den Kongress fest in der Hand hatten, sogar den Antrag und die Abstimmung aus dem offiziellen, zur Ver�ffentlichung vorgesehenen Protokoll strichen. |
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WILLI PAUL ADAMS, Professor der Geschichte Nordamerikas am John F. Kennedy-Institut f�r Nordamerikastudien der Freien Universit�t Berlin, ist u. a. Herausgeber des Fischer Weltgeschichtsbandes Die Vereinigten Staaten von Amerika (1977), des dtv-Bandes Die Amerikanische Revolution und die Verfassung (1987) und, zusammen mit Angela Adams, �bersetzer des UTB-Bandes Die Federalist-Artikel von Alexander Hamilton, James Madison und John Jay (1994). |
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