Am 1. Mai wird in Deutschland der "Tag der Arbeit" als gesetzlicher Feiertag begangen. Im Jahr 1890 als "Kampftag der Arbeiterbewegung" begründet, wird am 1. Mai bis heute international Protest zum Ausdruck gebracht. Im Mittelpunkt stehen dabei traditionell der Kampf um familienfreundliche Arbeitszeiten sowie angemessene Löhne und Gehälter. Die Sozialistische Internationale hatte den 1. Mai 1890 zum Kampftag der Arbeiterbewegung ausgerufen und die ersten Maidemonstrationen veranstaltet. Sie nahm damit Bezug auf das Blutbad am Chicagoer Haymarket Square am 1. Mai 1886 und den Kampf um den Achtstundentag in den USA. In Deutschland war zu dieser Zeit noch das Sozialistengesetz in Kraft, das sozialistische Organisationen, Druckschriften und politische Versammlungen verbot. Die auch nach Beendigung des Sozialistengesetzes im September 1890 bestehenden Versammlungsverbote umging man durch den "gemeinsamen Ausflug in benachbarte Gartenlokale", berichtete der spätere sozialdemokratische Reichstagspräsident Paul Löbe, der als 15-jähriger Lehrling 1890 seinen 1. Mai erlebte. Da keine Fahnen mitgeführt werden durften, galt die rote Nelke im Knopfloch als Erkennungszeichen. Vielfach wurden auch nur am Abend Maifeiern veranstaltet, um Sanktionen zu entgehen. Die Zahl der Teilnehmer schwankte in der Kaiserzeit zwischen wenigen Hundert in kleineren Ortschaften bis zu fast 100.000 in Großstädten. Wenn es hart auf hart kam, wie in Hamburg 1890, und die Unternehmer mit Aussperrungen und Entlassungen reagierten, waren die Gewerkschaften und die Sozialdemokraten gezwungen, den Arbeitern mit Überbrückungsgeldern und der Schaffung von Unterstützungsfonds entgegen zu kommen. Generell zeichneten sich die Maiveranstaltungen in Deutschland aber durch ihren Festcharakter und die deutliche Zurückhaltung, was Arbeitsniederlegungen anging, aus: Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) als Mitveranstalter fürchtete, durch allzu radikale Aktionen die wachsende Anerkennung im liberalen Lager aufs Spiel zu setzen. War der "Kampftag der Arbeiterbewegung" mit zunehmender Aufrüstung in der Kaiserzeit auch ein Protest gegen Militarismus und Krieg, so spaltete der Erste Weltkrieg die Arbeiterschaft: Traten SPD und Gewerkschaften für einen Burgfrieden ein und plädierten dafür, die Maifeiern zugunsten der Kriegsproduktion auszusetzen, so setzte sich insbesondere der Spartakusbund an die Spitze der illegalen Maidemonstrationen der Jahre 1916 bis 1918, auf der man eine rasche Beendigung des Krieges forderte. Der Achtstundentag, eine der wichtigsten Forderungen der Mai-Demonstrationen, war bereits unmittelbar nach Kriegsende im November 1918 gesetzlich festgeschrieben worden. Am 15. April 1919 beschloss die Weimarer Nationalversammlung auch, den 1. Mai 1919 als gesetzlichen Feiertag zu begehen. Da DNVP, DVP und Teile des Zentrums die Einführung des "Tages der Arbeit" als gesetzlichen Feiertag grundsätzlich ablehnten, die USPD hingegen zusätzlich einen Revolutionstag am 9. November einforderte, blieb es bei diesem einen 1. Mai 1919. Erst unter dem NS-Regime wurde der 1. Mai 1933 schließlich als "Tag der nationalen Arbeit" zum gesetzlichen Feiertag ausgerufen - das nationalsozialistische Propagandaspektakel hatte aber nichts mehr gemein mit dem "Kampftag der Arbeiterbewegung" von ehedem. Der Alliierte Kontrollrat bestätigte den 1. Mai 1946 als Feiertag. Die 1945 bis 1947 neu gegründeten deutschen Länder nahmen den Maifeiertag mit unterschiedlichen Bezeichnungen in ihre Verfassungen auf. Von der Frühzeit der Bundesrepublik bis in die späten 1960er Jahre hinein wurden die Maiveranstaltungen in den Großstädten von Massenkundgebungen auf öffentlichen Plätzen beherrscht. Daneben fanden auch Demonstrationszüge sowie Feiern in Festhallen statt. Wichtigster Veranstalter in der Bundesrepublik waren die Gewerkschaften. Die größte Mai-Demonstration Deutschlands fand unter dem Eindruck des Kalten Krieges in West-Berlin statt: Am 1. Mai 1960 folgten 750.000 Teilnehmer dem Aufruf des Regierenden Bürgermeisters Willy Brandt zu einer Freiheitskundgebung auf dem Platz der Republik vor dem Reichstagsgebäude an der Grenze zu Ost-Berlin. Nur zwei Kilometer entfernt fand auf dem Marx-Engels-Platz die jährliche Mai-Parade der DDR unter dem Motto "1. Mai 1960 - der Sozialismus siegt" statt. Neben sämtlichen Waffengattungen der NVA zogen über 250.000 Menschen an der Ehrentribüne der Staats- und Parteiführung vorbei. Als "Internationaler Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus" war der Maifeiertag in der DDR verankert. Die jährlich stattfindenden Mai-Paraden waren staatlich organisiert und eine Pflichtveranstaltung für Betriebe und Schulen. In Hamburg beteiligten sich 1958 und 1962 jeweils rund 120.000 Menschen, in München fand die größte Einzelkundgebung zum 1. Mai im Jahr 1951 mit 80.000 Teilnehmern statt. Seit den 1980er Jahren veröffentlichte der Deutsche Gewerkschaftsbund die Zahl der Teilnehmer und Veranstaltungen bevorzugt für die gesamte Bundesrepublik und erreichte 1986 mit fast 1 Million Arbeitnehmern, die sich bundesweit an den Maikundgebungen beteiligten, einen letzten Höhepunkt. Generell aber verlagerte sich der Schwerpunkt der Maiveranstaltungen: Es spiegelten sich Themen der außerparlamentarischen Opposition, der Studentenbewegung und der nachfolgenden neuen sozialen Bewegungen. Am 1. Mai 1987 stand West-Berlin erneut im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit: In überwiegend nächtlichen Aktionen randalierten in Berlin-Kreuzberg autonome Gruppen und begründeten eine Tradition, die sich bis heute fortsetzt. Das Bild des 1. Mai ist seitdem geprägt von brennenden Autos, Barrikaden, zerstörten Schaufensterscheiben und geplünderten Geschäften auf der einen Seite und dem Einsatz von Wasserwerfern, Schlagstöcken und Tränengas auf der anderen. Die überwiegende Mehrheit der Menschen aber zieht es heute in Deutschland am 1. Mai eher ins Grüne. |