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Erste Eisenbahnen in Deutschland

Am 7. Dezember 1835 wurde mit der sechs Kilometer langen Strecke von Nürnberg nach Fürth die erste deutsche Eisenbahnverbindung eröffnet. Damit begann der Triumphzug der Eisenbahn in Deutschland: Bereits fünf Jahre später waren rund 500 km Schienen verlegt, bis 1850 verzehnfachte sich das Streckennetz auf 5.700 km. Es war damit das nach den USA und Großbritannien drittgrößte Eisenbahnnetz der Welt. Zur Zeit der Reichsgründung 1871 umfasste es 20.500 km. Das Streckennetz der Deutschen Bahn hat heute eine Länge von rund 37.000 km.

Die nach dem bayerischen König Ludwig I. benannte Ludwigsbahn von Nürnberg nach Fürth wurde mit der englischen Dampflokomotive "Adler" eröffnet. Mehrere Tausend Zuschauer fanden sich am 7. Dezember 1835 an der neuen Eisenbahnstrecke ein. An der ersten Fahrt der Ludwigsbahn nahmen 200 geladene Gäste teil, darunter über 100 Aktienbesitzer der 1833 von Nürnberger Kaufleuten und Honoratioren gegründeten "Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft zu Nürnberg".

Beim Bau der Eisenbahnstrecke waren die Konstrukteure dem englischen Vorbild gefolgt: Die Trasse wurde gerade und eben geführt. Die Spurweite der massiven Schienen aus gewalztem Eisen betrug 1435 mm - dieses Maß stellt bis heute weltweit die gängige "Normalspur" dar. Zwischen den Schienen war ein aus gestampftem Kies bestehender Weg für Pferde eingerichtet worden, denn die Ludwigsbahn wurde im wechselnden Betrieb von Pferden und Dampfwagen gezogen. Schon im ersten Betriebsjahr hatte die Ludwigsbahn 475.219 Passagiere. Zwei Drittel der laut Verkehrszählung von 1833 auf der Strecke von Nürnberg nach Fürth zu Fuß oder mit Pferdewagen verkehrenden Personen waren auf das neue Verkehrsmittel umgestiegen. Entsprechend hoch fiel der Gewinn aus: Im ersten Geschäftsjahr erhielten die Aktionäre eine Dividende von 20 Prozent. Damit hatte die Ludwigsbahn den Beweis erbracht, dass sich Investitionen in den Eisenbahnbau auch wirtschaftlich lohnten.

In nur wenigen Jahren entstanden überall in Deutschland Eisenbahnstrecken:

1838 nahmen im Königreich Preußen die Städteverbindungen Berlin-Potsdam und Düsseldorf-Erkrath den Betrieb auf und im Herzogtum Braunschweig entstand die Eisenbahnstrecke von Braunschweig nach Wolfenbüttel. Am 8. April 1839 wurde nach dreijähriger Bauzeit die erste deutsche Fernverbindung von Leipzig nach Dresden eröffnet. Die 120 Kilometer lange Strecke war die erste ausschließlich dampfbetriebene Eisenbahn in Deutschland. Mit der von Johann Andreas Schubert (1808-1870) in der Maschinenbauanstalt Dresden-Übigau entwickelten "Saxonia" konnte am selben Tag die erste in Deutschland hergestellte Lokomotive bestaunt werden. Die "Saxonia" war mit ihren zwei Triebachsen für Fahrten auf hügeligen Strecken gut geeignet.1840 waren die Königreiche Preußen und Sachsen über die Eisenbahnstrecke Magdeburg-Leipzig verbunden und Frankfurt und Nassau im selben Jahr über die Verbindung Frankfurt-Wiesbaden.

Die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft realisierte 1843 mit der Strecke von Aachen in die belgische Handelsmetropole Antwerpen eine erste Verbindung über die Grenzen des Deutschen Bundes hinaus. Das Großherzogtum Baden schuf bis 1847 eine große Nord-Süd-Verbindung von Mannheim über Karlsruhe und Freiburg bis zur Schweizer Grenze. Das Königreich Württemberg eröffnete nach zehnjähriger Bauzeit 1850 die Nord-Süd-Verbindung von Heilbronn über Stuttgart und Ulm nach Friedrichshafen am Bodensee. Der Albaufstieg bei Geislingen war dabei die erste Gebirgsüberquerung auf dem europäischen Kontinent. In Thüringen verständigten sich 1840 die drei Herzogtümer Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Coburg und Gotha sowie Sachsen-Meiningen mit einem Staatsvertrag auf eine gemeinsame Streckenführung durch ihre Gebiete und sicherten durch Verträge mit dem Kurfürstentum Hessen und mit Preußen den Anschluss der Thüringischen Eisenbahn an das deutsche Eisenbahnnetz. Die wichtige Handelsverbindung Hamburg-Lübeck entstand erst 1865 unter preußischer Herrschaft. Zuvor hatte sich der dänische König gegen eine solche Streckenführung durch sein Hoheitsgebiet verwahrt, weil er die holsteinischen Häfen und Handelsverbindungen schützen wollte. Als letzte deutsche Staaten erhielten das Fürstentum Lippe 1878 und das Fürstentum Waldeck 1884 Anschluss an das Eisenbahnnetz.

Die Ludwigsbahn selbst wurde nicht zum Ausgangspunkt eines deutschen Eisenbahnnetzes. Im wachsenden Eisenbahnverkehr blieb sie unbedeutend und wurde 1922 eingestellt. Aber durch ihren erfolgreichen Bau und den gewinnbringenden Betrieb gab sie einen Impuls für den Eisenbahnbau in Deutschland. Mit dem schnell voranschreitenden Eisenbahnbau war eine Entwicklung in Gang gesetzt, die nicht nur das Verkehrswesen revolutionierte, sondern auch die Industrialisierung Deutschlands einleitete.

Dorlis Blume
Dezember 2010

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