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März 1848 – Revolution in Berlin

Am Nachmittag des 18. März 1848 versammelte sich eine große Menschenmenge auf dem Berliner Schlossplatz, um auf die Antwort des Königs auf die von einer Abordnung der Bürgerschaft überbrachten "Märzforderungen" zu warten. Gegen 14:30 Uhr fielen zwei Schüsse. Sie lösten einen Barrikadenkampf aus, der binnen weniger Stunden das ganze Stadtzentrum Berlins umfasste und mehr als 250 Menschen das Leben kostete. Der 18. März 1848 markierte einen Höhepunkt der bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848/49 und ebnete den Weg zur ersten geschriebenen Verfassung in Preußen.

Die weithin herrschende Massenarmut, der grassierende Hunger, die nach wie vor drückenden Feudallasten und nicht zuletzt die politischen Unfreiheiten bereiteten im Deutschland des Vormärz den Boden für einen tiefgreifenden sozialen und politischen Wandel. Entscheidende Impulse, durch die der anstehende Umbruch zum revolutionären Aufbruch wurde, gingen zu Jahresbeginn 1848 von der Februarrevolution in Frankreich aus. Der revolutionäre Funke sprang zunächst auf den deutschen Südwesten und Westen über und ergriff schließlich im März ganz Deutschland. In allen deutschen Staaten machten sich die Massen die sogenannten Märzforderungen zu eigen: Zentral war dabei der Ruf nach einer freiheitlichen Verfassung, die insbesondere die Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit garantierte. Hinzu kamen jene Losungen, die auf eine Aufhebung aller feudalen Vorrechte abzielten. Wegweisender noch - und auf nahezu allen das Land überflutenden Petitionen und Flugblättern zu finden - waren die Forderungen nach einem allgemeinen und freien Wahlrecht sowie nach der sofortigen "Herstellung eines deutschen Parlaments".

Auch in Berlin hatte die Nachricht von der Revolution in Paris die Menschen in Aufruhr versetzt. In den Lesecafés der Innenstadt und auf spontan organisierten Volksversammlungen außerhalb der Stadt, zum Beispiel "In den Zelten", einem Vergnügungsort im Tiergarten, wurde der Unmut über die politischen Verhältnisse laut. Die preußische Obrigkeit wurde der zunehmenden politischen Unruhe breiter Schichten nicht mehr Herr. Als das Militär in die Stadt beordert wurde, verstärkte das die angespannte Stimmung. Am Nachmittag des 18. März versammelte sich eine große Menschenmenge zu einer friedlichen Demonstration auf dem Schlossplatz. Sie wartete auf die Antwort des Königs, es hieß, alle Wünsche der Bürger, die von einer Abordnung der Bürgerschaft überbrachten "Märzforderungen", würden erfüllt werden. Dennoch fielen gegen 14:30 Uhr zwei Schüsse, angeblich versehentlich ausgelöst. Binnen weniger Stunden türmten sich im Zentrum Berlins die Barrikaden auf, hinter denen sich Kämpfer verschanzten und sich mit allen verfügbaren Waffen zur Wehr setzten.

Der Zeitzeuge August Varnhagen von Ense beschrieb die Situation am 18. März 1848 in Berlin in seinem Tagebuch: "Auch in meiner Wohngegend regte sich schnell der Eifer zum Barrikadenbau; von den Linden heimgehend, sah ich schon alles an der Arbeit, um nicht ausgesperrt zu werden, musst ich eilen, nach Hause zu gelangen, wo die Tür schon verschlossen war. Rechts nach der Jägerstraße, links nach der Behrenstrasse, vorwärts in der Französischen Straße, deren ganze Länge man von meinen Fenstern aus übersehen konnte, stiegen rasch die Schutzwehren empor, hinter denen wir uns bald wie in einer Festung abgeschieden fanden. Einige wohlgekleidete junge Leute, dem Ansehen nach Studenten, gaben Anleitung und Befehl, eine gemischte Menge, Hausknechte, Bürger, Alt und Jung, waren eifrig am Werk, Droschken und Wagen wurden angehalten und umgestürzt, die Rinnsteinbrücken und Pflaster aufgerissen, Fässer und Kästen herbeigeholt, ein in Bau begriffenes Haus lieferte Balken, Bretter und Ziegel; auf die Dächer der Eckhäuser häufte man einen großen Vorrat von Pflastersteinen, auch Kloben wurden hinausgeschleppt, um sie von der Höhe auf die Angreifenden herabzuschmettern."

Das Militär ging mit großer Härte und Brutalität auch gegen unbeteiligte Menschen in den Häusern vor, konnte sich aber in diesem Straßen- und Häuserkampf nicht durchsetzen. Als Bedingung für einen Waffenstillstand musste der König am 19. März das Militär zurückziehen. 183 zivile Opfer des Barrikadenkampfes wurden wenige Tage später in einem feierlichen Leichenzug zu Grabe getragen.

Am 21. März erließ König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen eine Proklamation, in der er sich zur deutschen Einheit und Freiheit bekannte. "Ich habe heute die alten deutschen Farben angenommen und Mich und Mein Volk unter das ehrwürdige Banner des Deutschen Reiches gestellt. Preußen geht fortan in Deutschland auf." Die bislang verbotenen Farben Schwarz-Rot-Gold der deutschen Nationalbewegung, vom König als Farben des "alten Reiches" bezeichnet, wurden nun von ihm als Symbole der Revolution anerkannt. Das schon am 18. März gegebene Verfassungsversprechen wurde bekräftigt. Geschmückt mit den Farben Schwarz-Rot-Gold demonstrierte er durch einen feierlichen Umritt durch die Stadt seinen Willen, sich an die Spitze der deutschen Einheitsbewegung zu stellen. Die am 5. Dezember 1848 von Friedrich Wilhelm IV. oktroyierte Verfassung für Preußen nahm viele der Märzforderungen auf und enthielt einen liberalen Grundrechtskatalog.

Der "18. März" wurde zum Symbol für die Freiheit schlechthin, der Friedhof der Märzgefallenen in Berlin-Friedrichshain ein Wallfahrtsort für Freiheitskämpfer. Eine erste Großdemonstration mit rund 100.000 Teilnehmern fand noch im Juni 1848 statt, um die Ziele der Revolution zu bekräftigen und den Kampfgeist zu beschwören. Die Märzgefallenen wurden zum Symbol der Revolution und der Friedhof der Märzgefallenen im Friedrichshain ein Ort der Revolutionsfeier und des ritualisierten Protestes. Trotz Verbotes durch die preußische Obrigkeit im Jahre 1850 fanden jährlich am 18. März Gedenkfeiern statt, bei denen es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten kam. Einen ersten Höhepunkt erreichten die Feiern zum 25. Jahrestag 1873, der vor allem von der erstarkenden Arbeiterbewegung gefeiert wurde. An die 20.000 Arbeiter nahmen teil, nach den anschließenden Ausschreitungen gab es zahlreiche Verhaftungen. Auch der 50. Jahrestag wurde 1898 intensiv von der Sozialdemokratie mit zahlreichen Leit- und Gedenkartikeln sowie "Märzzeitungen" vorbereitet. Diesmal verliefen die Gedenkfeiern friedlich. Einem Polizeibericht zufolge besuchten 12.000 Menschen den Friedhof der Märzgefallenen und legten 465 Kränze nieder. Ab 1900 nahm das Interesse an den Märzfeiern stetig ab und wurde zunehmend vom 1. Mai als Aktionstag der Arbeiterbewegung verdrängt.

Die Hundertjahrfeier der Märzrevolution fiel in die Zeit der Deutschen Teilung; Ost und West setzten hinsichtlich des Erbes von 1848 unterschiedliche Akzente: Die SED sah sich als Erbe der Märzrevolution und bekräftigte dies mit einem riesigen Demonstrationszug zum Friedhof der Märzgefallenen am 18. März 1948. Auch der "II. Deutsche Volkskongress für Einheit und gerechten Frieden" tagte als verfassunggebende Nationalversammlung bewusst an diesem symbolträchtigen Tag im Berliner Admiralspalast. Die Revolution von 1848 wurde so zu einem wesentlichen Bestandteil des Gründungsmythos der DDR. In den westlichen Besatzungszonen stand der Zusammentritt der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche im Mai 1848 im Mittelpunkt der Gedenkveranstaltungen. Im Rahmen der friedlichen Revolution von 1989/90 trat die Erinnerung an die Freiheitsideale der Märzrevolution wieder in den Vordergrund. So fand die erste freie Volkskammerwahl der DDR bewusst am 18. März 1990 statt. Seit dem Jahr 2000 heißt der Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin "Platz des 18. März".

Dorlis Blume
März 2012

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