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Oktober 1861: Die Erfindung des Telefons

Am 26. Oktober 1861 präsentierte der 27jährige Physiklehrer Philipp Reis (1834-1874) im Physikalischen Verein zu Frankfurt am Main erstmals einen Apparat, der Sprache mit Hilfe des elektrischen Stromes in die Ferne übertragen konnte - er nannte ihn "Telephon". Da die Tonübertragung noch erhebliche Schwankungen aufwies, wurde seine Erfindung zunächst unterschätzt. So meldete 15 Jahre später Alexander Graham Bell (1847-1922) in den USA das erste Telefon zum Patent an. 1881 wurden in Berlin und Mülhausen im Elsass erste Ortsvermittlungsstellen für Telefongespräche eingerichtet.

Zur Veranschaulichung seines Unterrichts baute Reis einfache Modelle für seine Schüler. Der Nachbau einer Ohrmuschel regte ihn zur Erfindung des Telefons an: "Durch meinen Physikunterricht dazu veranlasst, griff ich im Jahre 1860 eine schon früher begonnene Arbeit über die Gehörwerkzeuge wieder auf und hatte bald die Freude, meine Mühen durch Erfolg belohnt zu sehen, indem es mir gelang, einen Apparat zu erfinden, durch welchen es möglich wird, die Funktionen der Gehörwerkzeuge klar und anschaulich zu machen; mit welchem man aber auch Töne aller Art durch den galvanischen Strom in beliebiger Entfernung reproducieren kann. - Ich nannte das Instrument Telephon", berichtete Reis in seinen Lebenserinnerungen. Den Namen "Telephon" leitete er aus den griechischen Begriffen "tele" (deutsch: fern) und "phonae" (deutsch: Ton, Stimme) ab.

Reis gestaltete sein Telefon in Anlehnung an das menschliche Ohr: Über die Ausgangsöffnung einer aus Holz geschnitzten Ohrmuschel spannte er eine Membran aus Schweinsdarm, die als Trommelfell diente. Das auf der Membran befestigte Platinplättchen und ein Platinstift simulierten die Gehörknöchelchen. Dieser Platinkontakt war Teil eines durch eine Batterie betriebenen Stromkreises. Sprach man in dieses Ohr hinein, geriet die Membran in Schwingungen und erzeugte eine Modulation des Stromes. Die so erzeugten akustischen Schwingungen wurden in Stromimpulse übertragen und über eine Spule und einen Stab empfangen. "Das Pferd frisst keinen Gurkensalat" gilt als erster telefonisch gesprochener Satz von Philipp Reis bei Versuchen in seinem Haus. Mit solch skurrilen spontan gesprochenen Sätzen wollte er dem Verdacht begegnen, die Texte zur Übertragung seien abgesprochen oder auswendig gelernt.

"Über Telephonie durch galvanischen Strom" lautete der Vortrag, den Reis im Oktober 1861 vor dem Physikalischen Verein in Frankfurt am Main hielt und den er auch in der Vereinszeitschrift publizierte. Bei dieser ersten öffentlichen Vorführung seiner Erfindung übertrug er neben Stimmproben den damaligen Gassenhauer "Muss i denn zum Städtele hinaus...", da er bei seinen häuslichen Versuchen festgestellt hatte, dass sich instrumentale Musik wesentlich leichter übertragen ließ als die menschliche Stimme. Dennoch: Der Apparat übertrug zwar einige Töne, aber es traten erhebliche Schwankungen auf. Aufgrund der Unzuverlässigkeit seines Telefons wurde die Erfindung insgesamt unterschätzt und der Apparat mehr oder weniger als Spielzeug betrachtet, das bestenfalls zur Übertragung von Musik geeignet sei. Zwischen 1861 und 1863 verbesserte Reis zwar sein Telefon, und verkaufte nach seinen Entwürfen gefertigte Apparate an Physikalische Sammlungen und Institute in aller Welt. Aber ein durchschlagender Erfolg blieb ihm zu Lebzeiten verwehrt. Am 14. Januar 1874 starb Philipp Reis an Tuberkulose.

Die Weiterentwicklung des Telefons verlagerte sich nach Übersee. Am 14. Februar 1876 meldete der schottische Taubstummenlehrer Bell in Boston seinen Telefonapparat zum Patent an. Am selben Tag, nur zwei Stunden später, ging der Patentanspruch von Elisha Gray (1835-1901) ein, dem leitenden Mitarbeiter und Anteilseigner des größten Herstellers von telegraphischem Gerät in den USA, der Western Electric Manufacturing Company. Bell trug nicht zuletzt deswegen den Sieg bei diesem Wettlauf um das Telefon-Patent davon, weil er fest an die kommerziellen Nutzungsmöglichkeiten der sprachlichen Kommunikation glaubte. Und er sollte recht behalten: Bereits 1879 bestanden weltweit in 20 Städten Fernsprechvermittlungseinrichtungen.

Erst 1881, als in den USA bereits fast alle Städte über 15.000 Einwohner ein Telephonnetz besaßen, wurde in Berlin die erste Fernsprechvermittlungsstelle in Deutschland mit acht Teilnehmern versuchsweise in Betrieb genommen. Von da an ging die Entwicklung auch in Deutschland rasant voran. Im Jahr 1910 waren weltweit 10 Millionen Fernsprecher an die Vermittlungsstellen angeschlossen, davon allein in Deutschland 941.000. 1930 gab es in Deutschland rund 3,2 Millionen Telefonanschlüsse. Das erste schnurlose Mobiltelefon kam im Juni 1983 auf den Markt. Es war über 20cm lang und der Akku nach einer halben Stunde Sprechzeit leer. Heute bestehen allein in Deutschland rund 100 Millionen Handy-Verträge und 39 Millionen Festnetzanschlüsse.

Dorlis Blume
Oktober 2011

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