Dieser Eintrag stammt von Werner Mork (*1921) aus Kronach, Januar 2005:
1942 war ich als Soldat in Nordafrika. Bei unserer Versorgung war das größte Problem das Trinkwasser, und zwar das Süßwasser. Es gab nur wenige Wasserstellen mit Süßwasser, wie z. B. in Benghasi und Derna. Wenn ich als LKW-Fahrer einen dieser Orte anfuhr, dann wurden alle verfügbaren Behälter mit Süßwasser gefüllt, um sich mit dieser Kostbarkeit möglichst gut zu versorgen. An diesen Wasserstellen herrschte immer Hochbetrieb mit viel Gedränge. Es kostete Wartezeit, die aber nicht immer ausreichend zur Verfügung stand. Süßwasser war wirklich eine Köstlichkeit, ein Genuss besonderer Art, der kaum durch etwas anderes übertroffen werden konnte. Das "normale" Wasser war ausschließlich Salzwasser und das schmeckte abscheulich. Aber Wasser war lebenswichtig, auch das Salzwasser. Das wurde auch verwendet zum Aufbrühen von Tee. Mit Zugabe von viel Zucker wurde dieser Tee dann leidlich genießbar. Trinken, immer wieder trinken, das war das A und O unseres Wüstendaseins.
Es konnte auf vieles verzichtet werden, nur nicht auf das Trinken. Hatten wir aber einmal Süßwasser zur Verfügung, dann war das Trinken von Süßwasser direkt eine Orgie. An den Wasserstellen gab es aber trotz des Gedränges keinen Ärger. Eingeborene, Italiener und Deutsche standen und warteten geduldig bis sie an die "Tränke" konnten. Und auch die "anstehenden" Kamele wurden problemlos versorgt. Das Wissen um die Wichtigkeit von Wasser war allen bekannt und ein jeder benahm sich anständig an der Quelle. Nur wenn die Zeit nicht ausreichte, dann gab es eine große Traurigkeit, wobei es aber auch passierte, dass die anderen, die da anstanden, Verständnis zeigten und dann keiner etwas dagegen hatte, wenn man den oder die Betreffenden vorließ. Das Zeitproblem ergab sich dann, wenn es unterwegs Verzögerungen gegeben hatte, die Fahrzeuge aber dringlichst in den Lagern erwartet wurden, denn per Feld - Telefon waren wir immer schon avisiert und fest eingeplant zum Abladen oder Aufladen.
Vorrangig waren die Transporte von Benzin und Munition, alles andere hatte zurückzustehen. Zwar kam nur noch wenig Kraftstoff von Italien nach Afrika, aber die Engländer hatten, wenn auch unfreiwillig, sehr umfangreiche Benzinlager bei ihrem Rückzug zurückgelassen, in denen gab es große Mengen an vollgefüllten Benzinkanistern. Und die deutschen Panzer und Kraftfahrzeuge fuhren mit englischem Sprit nicht schlechter. Diese Lager zu räumen, den Sprit nach vorne zu bringen, war eine vordringliche Aufgabe der Nachschub-Kolonnen. Die guten Tommys hatten aber nicht nur Benzin zurückgelassen, sondern auch gut sortierte Verpflegungslager, aus denen nun wir uns bedienten. Die Engländer hatten damit sogar zur weiteren Existenz der deutsch-italienischen Panzer-Armee beigetragen, die sonst mangels ausreichendem Nachschub dem möglichen Ende wohl schon alsbald ausgesetzt gewesen wäre. Der Feind versorgte seinen Feind, in diesem "ritterlichen Krieg." War das nicht schön? Wir labten uns an dem, was uns der Feind zurückgelassen hatte.
Für uns war es natürlich sehr gut, wenn wir Verpflegung zu fahren hatten, und zwar richtige Verpflegung, die auch "mitgenommen" werden konnte. Es gab bei diesen Fahrten immer so einige "Transportverluste", besonders bei der Beute-Verpflegung aus den englischen Lagern. Begehrte Beute waren Ölsardinen, Corned Beef, aber auch geistige Getränke wie Gin und bester Whisky aus Schottland. Nicht zu verachten die sehr gute Schokolade und die so guten englischen Zigaretten. Aber die exquisiten Sachen aus den Beutebeständen waren (natürlich) reserviert für die Herren Offiziere der deutschen Afrika-Armee. Solche guten Dinge gelangten nicht in die Hände bzw. Mägen der normalen Landser, außer sie gehörten einer Nachschub-Kolonne an, die versorgten sich dann auf ihre eigene Weise mit solchen Genussmitteln. Wie war das eigentlich mit der einstmals so hoch gepriesenen Volksgemeinschaft und der Kameradschaft? Irgendwo und irgendwie war das inzwischen wohl total vergessen worden, vor allem von denen, die über "gute" Bezugsmöglichkeiten verfügten. Unsere "Transportverluste" waren aber nicht so ohne weiteres machbar, denn wir mussten doch immer das abladen, was wir aufgeladen hatten und auf den Begleitpapieren entsprechend vermerkt war. Aber Landser sind findige Leute, besonders dann, wenn es sich um Essen und Trinken handelt. Auch wenn die Kameradschaft nicht so ganz gut war, so funktionierte dafür aber Kumpanei und Mauschelei. So wurden dann die "geschmiert", die für die Richtigkeit der Abladung verantwortlich waren. Das war kein Problem, denn diese Kameraden warteten schon auf ihren Anteil! Es musste nur darauf geachtet werden, dass kein Zahlmeister in der Nähe war, der hatte das gar nicht gerne, auch wenn er selber sich immer bestens mit allem versorgte, was gut und "bekömmlich" war.
Neben dem "Verlangen" an dem Eroberten, zumindest einen kleinen Anteil zu haben, gab es auch das Verlangen nach einer Abwechslung gegenüber dem, was die deutsche Wehrmachtsverpflegung den Soldaten zu bieten hatte. Wenn ich dann daran dachte, was man mir hatte beibringen wollen im seinerzeitigen Tropenfeldkoch - Lehrgang und dann sehen und erleben musste, was uns in Afrika an Verpflegung geboten wurde, dann konnte ich mich nur wundern über die, die in Berlin eine Tropenverpflegung zu Papier gebracht hatten. Dem Afrikakorps wurde die gleiche Verpflegung zur Verfügung gestellt wie den Kameraden an den anderen Fronten. Wir erhielten auch die berühmt-berüchtigten Konserven mit Linsen, Bohnen, Erbsen und Weißkohl und anderen ähnlich hervorragenden Genüssen, fix und fertig als Fertigkost mit einer fetten Fleischeinlage. Die richtige Kost in diesem Klima, in dieser Hitze. Hinzu kam noch, dass wir diese Konserven meistens sogar kalt essen mussten, weil ein Aufwärmen oft nicht möglich war. Diese "guten" Konserven hatten aber in der Hitze der Wüste schon reichlich Wärme abbekommen, die nicht gerade sehr gesund war. Es brauchte sich keiner zu wundern, dass manche Landser nach dem Genuss solcher Köstlichkeiten krank wurden, zumindest Magen- und Darmkoliken bekamen, mit einer furchtbaren Scheißerei! Da war doch ohne Sinn und Verstand gehandelt worden, von diesen Idioten in Berlin. Es gab zwar die "Esbit-Kocher", auf denen mit Hilfe von Trockenspiritus ein Aufwärmen möglich war, wenn es denn Trockenspiritus gegeben hätte. Der war aber kaum vorhanden, vielleicht nicht eingeplant von den eifrigen Planern in der Wehrmachtführung.
Wenn aber Möglichkeiten zum Aufwärmen von Lebensmitteln gegeben waren, dann gab es bei den Afrikanern eine Lieblingsspeise aus englischen Beständen, das waren Ölsardinen, die heiß gemacht wurden! Unvorstellbar, aber es war so. Dass es danach erst recht Magen - und Darmprobleme gab, war auch kein Wunder. Aber dennoch geschah es immer wieder, dass Ölsardinen auf diese Art genossen wurden!
Bei allen Fahrten, die durchgeführt werden mussten, gab es eine Tour, die geradezu begehrt und beliebt war, das waren Fahrten nach Derna. Einmal wegen des Süßwassers, welches dort die beste Qualität hatte und zum anderen wegen der Schönheit dieser Stadt, die uns schon gefangen nahm, wenn wir von Hochplateau der Wüste über den Halfaya-Pass kommend, tief unten am Meer die Stadt liegen sahen. In vielen Serpentinen ging es dann hinunter in die herrliche Stadt mit ihren Palmenhainen und dem weiten Blick auf das unendlich erscheinende Meer. Alles wirkte hier (noch) so friedlich, da konnte der Krieg vergessen werden, der aber nicht mehr lange auf sich warten lassen sollte in dieser Stadt. Zwar war Derna schon einmal hart umkämpft gewesen, es hatte wegen der Kämpfe um die Passhöhe auf beiden Seiten viele Opfer gegeben, aber das war schon Vergangenheit. Das würde sich nicht wiederholen, glaubten die Menschen in dieser Stadt. Das glaubten auch die Kolonialherren, die hier wie im Frieden flanierten und es sich gut sein ließen. Noch war die Stadt erfüllt von einem geschäftigen Treiben und einem Leben, das uns unwahrscheinlich vorkam.
Zur Aufrechterhaltung von Kampfesmut und Wehrkraft hatte die Wehrmacht auch in Afrika dafür gesorgt, dass Wehrmachts-Bordelle eingerichtet worden waren. Damit sollte auch möglicher sexueller Frust verhindert bzw. abgebaut werden. Selbst in Afrika ließ die vorsorgliche Wehrmacht ihre Soldaten nicht verkommen, jedenfalls nicht in punkto Sex. Die Betreuung der Wehrmacht kannte wirklich keine Grenzen und machte vor nichts halt. Die Benutzung dieser Etablissements war aber auch den italienischen Waffenbrüdern gestattet. Die "Damen" kamen ja auch aus dem Land unseres Verbündeten. Das "vorgeschobenste Bordell", also nicht weit von der Front entfernt, ist sicherlich das in Marsa Matruk gewesen. Aber auch in der Etappe wie z. B. in Tobruk gab es diese löbliche Einrichtung, von der allerseits gerne und viel Gebrauch gemacht wurde, auch wenn es bei den Damen Personalmangel gab und es dann schon mal zum Schlangestehen kam. In Marsa Matruk befand sich das Bordell in einem der wenigen noch leidlich erhaltenen Häuser. In dem herrschte ein besonders eklatanter Personalmangel, weil es nur zwei "Damen" gab, die den Andrang bewerkstelligen und den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden nachkommen sollten. Und da gab es die geduldige Warteschlange der Waffenbrüder. In der glühenden Sonne warteten sie brav darauf, dass sie noch an die Reihe kommen würden. Wenn es dann aber plötzlich Fliegeralarm gab, was öfters vorkam, dann spritzten alle auseinander, um dann, wenn die Luft wieder rein war, sich treu und brav erneut anzustellen - und das meistens auch in der vorher gehabten Reihenfolge. Zum großen Glück blieb der Puff immer unversehrt bei den Angriffen. Den Puff als Ziel hatten die Jabos wohl nicht im Visier.
Auch hier in Afrika gehörte zur "Betreuung" der deutsche Sanitätsdienst, er war voll im Einsatz. In Tobruk gab es in dem oberen Teil, der auch weitgehend zerstörten Stadt ebenfalls diese Art von Truppen-Betreuung, auch dort herrschte ein reger "Verkehr". Wenn uns das einer vorher erzählt hätte, dem wäre kein Glauben geschenkt worden, aber "vor Ort" konnten wir nun erleben, wie gut die Soldaten betreut wurden, sogar auch in Afrika! Und die deutschen Frauen, Mütter und Bräute sorgten sich in der Heimat um das Wohl "ihrer" Männer!