8. Todesstrafe

Die europäischen Hexenverfolgungen der Frühen Neuzeit bieten alles andere als ein einheitliches Bild. Eine große, zusammenhängende Verfolgung auf dem Kontinent über den gesamten Zeitraum vom 15. bis ins 18. Jahrhundert gab es nicht. Bei den einzelnen, regionalen Hexenpaniken wurde immer eine Vielzahl von auslösenden Faktoren virulent. Nicht aus jedem Zaubereiverdacht entwickelte sich eine gerichtsrelevante Anklage wegen Hexerei; nicht jede Anklage wegen Schadenzauber unterstellte auch den Teufelspakt, nicht jedes Hexereiverfahren endete mit einem Todesurteil, und nicht jeder Zaubereiprozess zog automatisch andere Verfahren nach sich, deren Dynamik in Massenhinrichtungen endete.

Zu allen Zeiten gab es besonnene und kritische Stimmen aus allen konfessionellen Lagern und aus allen Bevölkerungsschichten, die sich gegen den Hexenglauben und gegen die Hexenjagden wandten. Mit zunehmender Verfolgungstätigkeit waren die Kritiker allerdings kaum mehr zu vernehmen, war es doch höchst riskant, sich gegen den Strom der Ereignisse zu stellen. Nachdem 1590/1593 generelle Zweifel an der Existenz von Teufelspakt, Hexenflug und Sabbat als Ketzerei verdammt worden waren, konnten die Verfolgungsgegner nicht mehr den dogmatisierten Hexenglauben als solchen angreifen, sondern richteten ihre Kritik gegen die Gerichts- und Folterpraxis sowie die ‚Kaltsinnigkeit' der Juristen (Adam Tanner, Friedrich Spee). Erst Christian Thomasius konnte es nach 1700 im Zuge einer wachsenden Kritik des ‚Aberglaubens' wieder wagen, die Lehre vom Teufelspakt anzugreifen und die reale Möglichkeit von Hexerei zu verneinen.

Zunehmend wurde den Hexenprozessen im Zeitalter der Aufklärung die prozessrechtliche Basis entzogen. Doch trotz aller kritischen Stimmen unter Theologen, Gelehrten und herrschender Elite blieb der Hexenglaube im einfachen Volk virulent, selbst wenn auch hier Gegner der Verfolgungen zu finden sind und Prozesswünsche ‚von unten' allmählich nicht mehr auf einen willfährigen Justizapparat trafen. Einzelne Verfahren wurden noch bis weit hinein ins 18. Jahrhundert geführt; die letzte Hexenhinrichtung auf deutschem Boden ist für das Jahr 1755 bezeichnenderweise in einer kleinen Herrschaft, nämlich in der Fürstabtei Kempten, nachweisbar. Hier wurde zwar erneut 1775 eine Frau als angebliche Hexe zum Tode verurteilt, das Urteil jedoch nicht vollstreckt. Die letzte legale Hinrichtung in Europa fand nach bisherigen Erkenntnissen 1782 im schweizerischen Kanton Glarus statt. Langfristig trugen stabilere wirtschaftliche, politische und soziale Verhältnisse sowie bessere Bildung, medizinische Versorgung und staatliche Armenfürsorge dazu bei, nicht unbedingt dem Hexenglauben, aber der konkret gegen den Nachbarn gerichteten Furcht vor Verhexung und Schadenzauber den Nährboden zu entziehen. RV/RB

Literatur: In diesem Band: Voltmer/Irsigler, Moeller, Fuge; Behringer 2000; Levack 1999; Lorenz/Bauer 1995
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