Willy Römer hat ein beeindruckendes
Archiv von Fotografien hinterlassen und war doch als
Fotograf bislang fast unbekannt. Obwohl einige seiner
Aufnahmen vor allem aus den Revolutionsjahren 1918/19
Eingang in die Geschichtsbücher über das 20.
Jahrhundert gefunden haben und darüber vielen Menschen
bekannt sind, ist er als Urheber fast nie namentlich
genannt worden. Das lag zum einen daran, dass er als
indiviueller Bildautor hinter dem Namen seiner Firma
“Photothek” verschwand, solange diese existierte.
Zum anderen daran, dass viele jüngere Mitarbeiter
von Redaktionen und Bildagenturen ihn nicht kannten
oder glaubten, er sei wie so viele seiner Kollegen im
Krieg oder kurz danach gestorben. “Was, sie leben
noch? Wir haben doch schon vor vierzig Jahren aktuelle
Bilder von Ihnen bezogen!” musste er sich sagen
lassen, wenn er sich in Erinnerung brachte und auf Honorierung
bestand. Sein Bildarchiv konnte vor allem deshalb bis
heute gerettet werden, weil er selbst so alt wurde und
den Bestand zusammenhielt.
Der Nachlass des Fotografen Willy Römer
und seiner Pressebildfirma Photothek umfasst
die gesamte Geschichte der Weimarer Republik von der
Novemberrevolution 1918 bis zum Reichstagsbrand 1933.
In über 7.000 Aufnahmen sind die wesentlichen Repräsentanten
der ersten deutschen Republik porträtiert. Die
Firma Photothek Römer & Bernstein
wurde eine der wichtigsten Pressebildfirmen der Weimarer
Republik. Sie bestand von ihrer Gründung im Februar
1920 bis zu ihrer Schließung durch das NS-Regime
am 30.09.1935. Die Firma war schon im April 1933 als
„Judenfirma” denunziert worden, weil Walter
Bernstein jüdischer Abstammung war.
Die Ausstellung im DHM ist eine umfassende
Werkschau und zeigt neben den Pressefotos von den großen
politischen Ereignissen der wechselvollen Jahre von
der Kaiserzeit bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges
mit gleicher Gewichtung seine leiseren, stimmungsvollen,
dokumentarischen Bilder vom Leben auf den Straßen
seiner Heimatstadt Berlin.
Die Fotos von Willy Römer, der im Handwerkermilieu
am nördlichen Stadtrand Berlins aufgewachsen ist,
erlauben uns heute einen faszinierenden Blick auf das
alltägliche Leben und Arbeiten der Menschen in
der Großstadt Berlin vor ihrer Zerstörung.
Sein besonderes Interesse galt dem Leben auf den Straßen,
den spielenden Kindern und fliegenden Händlern.
In seinen Bildern offenbart sich eine
Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen: Im ersten Drittel
des 20. Jahrhunderts lief das Leben auf den Höfen
und Gassen noch fast wie vor 600 Jahren ab. In den letzten
Handwerksbetrieben wurden noch Nägel geschmiedet
oder Wagenräder hergestellt wie vor Jahrhunderten.
Häuser wurden noch Stein auf Stein gemauert wie
im Mittelalter, gleichzeitig entstanden jedoch die ersten
Plattenbauten und Hochhäuser aus Stahl und Glas.
Römer hat beides fotografiert: den Abschied von
den alten Produktions- und Lebensweisen und die Erscheinungen
der neuen Zeit im Stadtbild der Metropole Berlin –
Schnellbahnen, Leuchtreklame, Verkehrsregelungen, Telefon
und Radio, Flugzeuge und Zeppelin-Luftschiffe.
Bei einem großen Teil der ausgestellten
Fotos handelt es sich um Originalabzüge aus dem
Arbeitsarchiv Willy Römers. Zudem werden neue Vergrößerungen
von den Glasnegativen und einige Apparate, Arbeitsmaterialien,
Dokumente und Veröffentlichungen gezeigt.
Link: Biografie
Link: Themen
der Ausstellung
Link: Museumspädagogik
Katalog: Auf den
Straßen von Berlin. Der Fotograf Willy Römer
1887–1979, ca. 400 Seiten mit über
300 S/W-Abbildungen (Novatone), herausgegeben von Prof.
Dr. Diethart Kerbs zum Preis von 25 €.
ISBN 3-86-102-131-5
Buchhandelsausgabe: DruckVerlag Kettler,
Bönen. ISBN 3-937390-31-6
Fachkonferenz: Großstadtfotografien in
Europa 1888 — 1938, 12. und 13. November 2004
Link: Programm
und Anmeldung zur Fachkonferenz
Anmeldungen zur Fachkonferenz unter:
tagungsbuero@dhm.de
Öffentliche Führungen
Samstag, Sonntag, Montag um
16 Uhr,
So auch um 12 Uhr.
Gruppen nach Voranmeldung Tel: 030 – 2030 4750
email: fuehrung@dhm.de
ACHTUNG:
Für Schulklassen mit angemeldeter Führung
öffnet die Ausstellung vor den Weihnachtsferien
(ab 13.12.04) und vor den Winterferien (ab
17.01.05) um 9.00 Uhr! Erfahrungsgemäss
kann es vor den Ferien zu Engpässen in den Ausstellungsräumen
und damit zu Wartezeiten kommen!
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