Helene Stöcker 1869-1943

Frauenrechtlerin, Sexualreformerin

  • 1869
    13. November: Helene Stöcker wird als älteste Tochter des Textilfabrikanten Peter Heinrich Ludwig Stöcker und dessen Frau Hulda (geb. Bergmann) in Elberfeld geboren.
  • 1879-1889
    Besuch der Städtischen Höheren Töchterschule in Elberfeld.
  • 1892
    Stöcker übersiedelt nach Berlin und tritt in ein Lehrerinnenseminar ein.
    Durch die Lektüre von Bertha von Suttners "Die Waffen nieder!" kommt sie erstmals mit pazifistischem Gedankengut in Berührung. Sie schließt sich der von Suttner gegründeten Deutschen Friedensgesellschaft an.
  • 1893
    Stöcker legt das Lehrerinnenexamen für höhere Mädchenschulen ab.
    Unter dem Titel "Die moderne Frau" veröffentlicht sie in der Zeitschrift "Freie Bühne" ihren ersten Aufsatz. Darin entwickelt sie das Leitbild der selbstbewussten, wirtschaftlich unabhängigen und dem Mann in keiner Weise untergeordneten Frau.
  • 1894-1896
    Besuch eines Gymnasialkurses unter der Leitung von Helene Lange.
  • 1896
    Nachdem an der Berliner Universität Frauen als Gasthörerinnen zugelassen sind, belegt Stöcker Veranstaltungen in den Fächern Literaturgeschichte, Philosophie und Nationalökonomie. Sie studiert u.a. bei Georg Simmel.
    Sie gründet den "Verein Studierender Frauen" und hält dort einen Vortrag über das Thema "Friedrich Nietzsche und die Frauen".
  • 1897
    Besuch bei Friedrich Nietzsche in Weimar. Die Auseinandersetzung mit dessen Philosophie hat entscheidenden Einfluss auf die später von Stöcker entwickelte Theorie einer "neuen Ethik".
  • 1897/98
    Als Hilfskraft des Philosophen Wilhelm Dilthey (1833-1911) arbeitet sie an einer Biografie Friedrich Schleiermachers (1768-1834) mit.
  • 1898
    18. Mai: In ihrer ersten öffentlichen Rede im Rahmen einer Protestversammlung des "Vereins Frauenbildung - Frauenstudien" fordert Stöcker die freie Zugangsberechtigung zu Bildungseinrichtungen sowie die staatsbürgerliche Gleichstellung von Frauen.
    Sie gehört zu den Mitbegründerinnen des "Verbands fortschrittlicher Frauenvereine".
  • 1898/99
    Fortsetzung ihres Studiums in Glasgow.
  • 1900
    Stöcker übersiedelt nach Bern, um dort ihr Studium abzuschließen.
  • 1901
    Sie promoviert an der Universität Bern über das Thema "Zur Kunstanschauung des XVIII. Jahrhunderts. Von Winckelmann bis Wackenroder".
  • 1901-1905
    Dozentin an der Lessing-Hochschule in Berlin.
  • 1902
    1. Januar: Neben Minna Cauer, Lida Gustava Heymann und Anita Augspurg gehört Stöcker zu den Mitbegründerinnen des "Verbands für Frauenstimmrecht".
  • 1903/04
    Sie übernimmt die Redaktion der Zeitschrift "Frauenrundschau".
  • 1905
    5. Januar: Zusammen mit Vertreterinnen der proletarischen Frauenbewegung wie Lily Braun und Henriette Fürth (1861-1938) gründet Stöcker den "Bund für Mutterschutz und Sexualreform". Der Bund hat zum Ziel, die Vorurteile gegenüber ledigen Müttern und deren Kindern abzubauen und auf eine Verbesserung ihrer rechtlichen und sozialen Lage hinzuwirken.
    Stöcker lernt den Berliner Rechtsanwalt Bruno Springer kennen, mit dem sie eine Lebensgemeinschaft bis zu seinem Tod eingeht.
  • 1905-1932
    Herausgabe der Zeitschrift "Mutterschutz" (ab 1908: "Die neue Generation"), des Organs des "Bunds für Mutterschutz". Stöcker propagiert darin ihre Vorstellungen einer "neuen Ethik", deren Grundlage das Selbstbestimmungsrecht der Frau über ihren Körper und ihre Sexualität bildet. Ihrer Ansicht nach stellt nicht die Ehe, sondern Liebe die einzig legitime Basis jeder sexuellen Beziehung dar.
  • 1908
    Die ersten beiden Mütterheime des "Bunds für Mutterschutz" werden in Berlin und Frankfurt/Main eröffnet.
    6.-9. Oktober: Auf Anregung Stöckers diskutiert die Generalversammlung des Bunds Deutscher Frauenvereine (BDF), die Straffreiheit von Abtreibungen und eine Streichung des §218 zu fordern. Der Vorschlag wird von der Mehrheit der Delegierten abgelehnt.
  • 1910
    28./29. Juli: Stöcker nimmt am Internationalen Neomalthusianer-Kongress in Den Haag teil, auf dem Möglichkeiten der Regelung und Beschränkung von Geburten diskutiert werden. Sie vertritt in einem Vortrag das Recht der Frau auf Empfängnisverhütung.
  • 1912
    Der BDF lehnt den gegen den Willen Stöckers gestellten Aufnahmeantrag des "Bunds für Mutterschutz" aufgrund dessen sexualreformerischer Zielsetzungen ab.
  • 1914-1918
    Im Ersten Weltkrieg entwickelt sich Stöcker zur radikalen Pazifistin.
  • 1915
    Sie nimmt als Delegierte am "Internationalen Frauenkongreß für einen dauernden Frieden" in Den Haag teil.
  • 1916
    3. Dezember: Auf der konstituierenden Generalversammlung der pazifistischen Zentralstelle "Völkerrecht" wird Stöcker in den Vorstand gewählt.
  • 1919
    Teilnahme an der Internationalen Frauenfriedenstagung in Zürich und der Gründung der "Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit".
  • 1921
    Stöcker gehört zu den Begründern der "Internationale der Kriegsdienstgegner" in Bilthoven (Niederlande).
  • 1922
    Veröffentlichung ihres einzigen Romans "Liebe", der stark autobiografische Züge trägt und die Moralvorstellungen Stöckers zum Ausdruck bringt.
    25./26. Oktober: Die Generalversammlung des "Bunds für Mutterschutz" beschließt die unter maßgeblicher Beteiligung Stöckers erarbeiteten neuen Richtlinien. Die Beschränkung auf Mutterschutz und Sexualreform wird aufgehoben und ein Engagement für den Pazifismus stärker in den Vordergrund gerückt.
  • 1922-1932
    Vorstandsmitglied der "Deutschen Liga für Menschenrechte".
  • 1923
    1. Juni: Mitbegründung der "Gesellschaft der Freunde des neuen Rußland".
  • 1925
    Als deutsche Vertreterin nimmt Stöcker an der VI. Internationalen Konferenz für Geburtenregelung in New York teil.
  • 1926
    Stöcker schließt sich der "Gruppe Revolutionärer Pazifisten" an, die in ihrem Programm die kapitalistische Gesellschaftsordnung als Hauptquelle des Kriegs bezeichnet.
  • 1927
    Anlässlich der Feierlichkeiten zum 10. Jahrestag der Oktoberrevolution reist sie in die Sowjetunion und trifft dort mit Clara Zetkin zusammen.
  • 1928
    Teilnahme am 2. Internationalen Kongress für Sexualreform in Kopenhagen.
  • 1929
    13. November: Im Zusammenhang mit Stöckers 60. Geburtstag erscheint eine Festschrift, die ihr Wirken für die Emanzipation der Frau, besonders auf dem Gebiet des Mutterschutzes, und ihr Engagement für den Frieden würdigt.
  • 1930
    Aus Anlass des 25-jährigen Bestehens des "Bunds für Mutterschutz" wird Stöcker zur Ehrenvorsitzenden ernannt.
  • 1931
    12. Februar: Tod ihres Lebensgefährten Bruno Springer.
  • 1933
    28. Februar: Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigriert Stöcker nach Zürich. Aus einer Akte der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) von 1937 geht hervor, dass ihr die Reichszugehörigkeit und die Doktorwürde aberkannt wurden. Die Nationalsozialisten beschlagnahmten ihr Kontoguthaben und sorgten für die Vernichtung ihrer Manuskriptkisten.
  • 1938
    9. März: Ihr wird die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt.
  • 1940
    Übersiedelung nach Schweden.
  • 1941
    Über die Sowjetunion wandert Stöcker in die Vereinigten Staaten aus. Dort arbeitet sie intensiv an ihrer Autobiografie, die sie jedoch nicht mehr vollenden kann.
  • 1943
    23. Februar: Helene Stöcker stirbt in New York.
Heike Schaal
14. September 2014

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