Leo Jogiches 1867-1919

Politiker

  • 1867
    17. Juli: Leo Jogiches wird als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns und Mühlenbesitzers in Wilna (Litauen) geboren.
  • ab 1882
    Er hat Kontakt zu radikal-sozialistischen Arbeitergruppen.
  • 1885
    Jogiches wird Leiter revolutionärer Zirkel gegen das zaristische Russland.
  • 1888
    Er wird wegen "revolutionärer Umtriebe" verhaftet und zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt.
  • 1890
    Jogiches gelingt die Flucht in die Schweiz. Dort arbeitet er unter dem Pseudonym "Grosovski" mit der marxistischen russischen Gruppe "Befreiung der Arbeit" zusammen.
    Er wird Mitbegründer eines Verlags zur Herausgabe einer "Sozialdemokratischen Bibliothek".
  • 1890-1900
    Er lebt in der Schweiz, unternimmt aber illegal zahlreiche Reisen nach Russland, Deutschland und in die polnischen Gebiete.
  • 1890/1891

    Jogiches lernt im Exil Rosa Luxemburg kennen.

  • 1893
    Er wird Mitherausgeber der ersten polnischen sozialdemokratischen Zeitung "Sprawa Robotnicza" ("Sache der Arbeiter"), die in der Schweiz sowie in Paris gedruckt und illegal im von Russland besetzten Teil Polens vertrieben wird.
    Jogiches gehört zu den Mitbegründern der sich illegal in Warschau formierenden "Sozialdemokratischen Arbeiterpartei des Königreichs Polen und Litauens" (SDKPiL).
  • 1895-1914
    Durch Organisation von Protesten und Streiks hat Jogiches wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der polnischen und deutschen revolutionären Arbeiterbewegung.
    Jogiches ist enger Vertrauter und Mitstreiter von Luxemburg. Gemeinsam treten sie zwar für die Wiederherstellung der Eigenstaatlichkeit Polens ein, welches seit dem Ende des 18. Jahrhunderts unter Russland, Deutschland und Österreich-Ungarn aufgeteilt ist. Priorität sollen jedoch die revolutionäre Bewegung und die Überwindung der Gesellschaftsordnung des Kaiserreichs genießen. Demgegenüber will die mit der SDKPiL zeitgleich entstandene Sozialistische Partei Polens (PPS) unter Führung von Józef Pilsudski erst nach Vollendung der polnischen Einheit die soziale Revolution unterstützen.
  • 1897
    In Deutschland nimmt Jogiches Kontakt zum linken Flügel der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) auf.
  • 1900
    September: Er übersiedelt nach Berlin. Hier wirkt er als Redakteur einer Zeitschrift der SDKPiL und des Zentralorgans der Partei.
    Gemeinsam mit Luxemburg wird er Mitglied der SPD.
  • 1900-1919
    Trotz vieler Auslandsaufenthalte lebt er zumeist in Berlin.
  • 1902-1914
    Jogiches ist Mitglied des Hauptvorstands der SDKPiL.
  • 1903
    Er wird als politischer Autor unter dem Pseudonym "Jan Tyszka" bekannt.
  • 1905
    Nach Ausbruch der Revolution in Russland ist er in Warschau maßgeblich an der Leitung des revolutionären Kampfs gegen den Zarismus beteiligt.
  • 1906
    März: Jogiches wird wegen aktiver Teilnahme an der Revolution in Wilna verhaftet und zu acht Jahren Zwangsarbeit in Weißrussland verurteilt.
  • 1907
    Februar: Ihm gelingt die Flucht nach Berlin. Als Delegierter nimmt er am V. Parteitag der SDKPiL in London teil und wird in das Zentralkomitee der Partei gewählt.
    Er gehört den Sympathisanten der Bolschewiki an.
  • 1911
    Jogiches schätzt die politische Situation der Arbeiterbewegung in Polen falsch ein. Er hält die SDKPiL, die kaum über Anhängerschaft verfügt, für die einzige Interessenvertretung der Arbeiter. Indem er sich gegen außerparlamentarische Aktionen ausspricht, verliert die Partei weiter an Basis.
    Wladimir I. Lenin übt prinzipielle Kritik an der politischen Strategie der SDKPiL und an Jogiches persönlich.
  • 1914-1918
    Während des Ersten Weltkriegs kämpft Jogiches in den Reihen der deutschen Arbeiterbewegung gegen den Krieg. Er hat Anteil an der Vorbereitung und Herausgabe revolutionärer Flugschriften.
  • 1915
    Jogiches gehört der "Gruppe Internationale" an, einem Vorläufer der Spartakusgruppe.
  • 1916
    Jogiches gibt die illegal erscheinenden "Spartakusbriefe" heraus. An der Leitung der neu gebildeten Spartakusgruppe ist Jogiches unter den Pseudonymen "A. Krumbügel" und "W. Kraft" beteiligt.
    10. Juli: Nach der Verhaftung von Luxemburg und Karl Liebknecht ist Jogiches das einzige sich in Freiheit befindende Führungsmitglied der Spartakusgruppe und wird deren kommissarischer Leiter.
  • 1917
    Abspaltung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) von der SPD. Die Mitglieder der Spartakusgruppe verlassen unter Führung von Jogiches die SPD und schließen sich der USPD an.
  • 1918
    28. Januar: Jogiches ist führender Teilnehmer an Massenstreiks in Deutschland für einen Frieden ohne Annexion.
    23. März: Wegen Beteiligung am Munitionsarbeiterstreik in Berlin wird er verhaftet. Gegen ihn wird ein Verfahren wegen Landesverrats eingeleitet.
    9. November: Während der Novemberrevolution wird Jogiches von einem Kommando der Arbeiter- und Soldatenwehr aus dem Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit befreit.
    11. November: Er ist an der Gründung des Spartakusbunds beteiligt und wird Mitglied der Zentrale.
  • 1919

    1. Januar: Jogiches wird auf dem Gründungsparteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) in die Parteizentrale gewählt.
    13. Januar: Er wird beim Spartakusaufstand in Berlin verhaftet, kann aber fliehen.
    16. Januar: Einen Tag nach der Ermordung von Luxemburg und Liebknecht übernimmt Jogiches die Leitung der KPD.
    10. März: Freikorps-Soldaten verhaften ihn in seiner Wohnung. Im Kriminalgericht in Berlin-Moabit wird Leo Jogiches von den Polizisten Ernst Tamschick und Werner Grahn erschossen.

Alexander Mühle, Arnulf Scriba
7. Juli 2021

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