1958
Fritz Cremer
Buchwald-Denkmal
Auftraggeber: Vereinigung
der Verfolgten des Naziregimes (VVN)
Fritz
Cremers elfköpfige Figurengruppe befreiter KZ-Häftlinge ist
der ideelle Mittelpunkt der 1958 eingeweihten Nationalen Mahn- und Gedenkstätte
Buchenwald (heute: Gedenkstätte Buchenwald). Mit dem Anspruch,
historische Wahrheit widerzuspiegeln, zeigt sie ehemalige Buchenwalder,
die sich ganz ohne Zutun von außen selbst befreit haben sollen.
Unter einem Banner sehen sie entschlossen der Zukunft entgegen. Selbst
der Sterbende reißt noch im Fallen siegesgewiß die Arme
in die Höhe. Als Ergebnis eines 1951 eingeschränkt ausgeschriebenen
Wettbewerbs zur Gestaltung des Lagergeländes war Cremer mit der
Ausführung einer Figurengruppe beauftrage worden. Sein ersten Entwurf
wurde im Neuen Deutschlands als "mit hysterisch-expressionistischen
Zügen verdeckte(r) Naturalismus" schimpflich verworfen. Auch stelle
er die Geschichtsnotwendigkeit des Sieges der Häftlinge nicht nun
unter Beweis. Der Entwurf zeigt, Rodins "Bürger von Calais" zitierend,
acht unbewaffnete Männer, in deren Haltung sich zwar Geschundenheit,
vor allem aber entschlossenen Selbstbehauptung spiegeln. Der zweite
Entwurf gibt in der Formensprache des heroischen sozialistischen Realismus
sowjetischer Prägung mit Gewehren bewaffnete Häftlinge unter
Führung Ernst Thälmanns und im Moment ihres Sieges wieder.
Auf Cremers Selbstkritik, seine "allzu individualistische `Kunstanschauung´"
habe wohl "in einem gewissen Gegensatz zu einer positiven gesellschaftlichen
(...) Gesamtentwicklung" gestanden, folgt der dann ausgeführte
dritte Entwurf. In stark idealisierender Weise gibt er der DDR-Geschichtsdeutung
Ausdruck, daß auf den Nationalsozialismus historische notwendig
der neue, sozialistische Staat habe folgen müssen. Die größte
Niederlage der deutschen Arbeiterbewegung wird so umgedeutet in ihren
größten, unter Führung der kommunistischen Partei errungenen
Sieg.
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