Rede Otto Bach, Präsident des
Berliner Abgeordnetenhauses:
Liebe Berlinerinnen und Berliner, die
jubelnde Begeisterung, mit der das freie Berlin Sie
empfangen hat, Herr Präsident, ist ein Ausdruck
unserer Dankbarkeit. Symbole der Gründe dieser
Dankbarkeit haben Sie schon auf Ihrer Fahrt hierher
passiert. Die Kongresshalle, diesen hochherzigen Beitrag
de Benjamin-Franklin-Stiftung zur Förderung des
Berliner Kulturlebens, das Luftbrückendenkmal,
ein schon historisch gewordenes Sinnbild der erfolgreichen
Hilfe unserer Schutzmächte in der schwersten Zeit
der Berliner Nachkriegsgeschichte, und schließlich
die Freiheitsglocke in diesem Turm über uns. Sie
trägt als Glockenspruch eine Abwandlung der Worte
Ihres berühmten Vorgängers Abraham Lincoln:
"Möge diese Welt mit Gottes Hilfe eine Wiedergeburt
der Freiheit erleben." In diesen Worten liegt die
Hoffnung von Millionen deutscher Menschen jenseits des
Brandenburger Tores, die heute nicht bei uns sein können,
die aber allen Verboten zum Trotz über Rundfunk
und Fernsehen diese Stunde miterleben. Für diese
Ostberliner, für unsere Landsleute in der uns umgebenden
Zone ebenso wie für uns alle im freien Teil Berlins
danke ich Ihnen, Herr President."
Rede des Bundeskanzlers Adenauer:
"Ihr seid hierher gekommen, um Präsident Kennedy
zu hören. Deswegen werde ich mich auf ganz wenige
Sätze beschränken. Heute hat hier eine Volksabstimmung
stattgefunden, die unüberhörbar ist in der
ganzen Welt. Wir danken Präsident Kennedy für
seine reise nach Europa, für seine Reise in die
Bundesrepublik und besonders für seinen Besuch
in diesem Teil der Bundesrepublik. Die Berliner haben
sich in diesen vergangenen Jahren ausgezeichnet durch
Standhaftigkeit und Geduld. Heute vor 15 Jahren, meine
Freunde, auf den Tag am 26. juni, trafen die ersten
Flugzeuge der Luftbrücke ein, die damals Berlin
gerettet hat. Ich möchte das gerade auch in Gegenwart
von General Clay sagen. Und nun, meine Freunde, vergleichen
wir die Zeit vor 15 Jahren mit dem heutigen Stand in
der Welt, der Bundesrepublik und Berlins, dass dazu
gehört, dann könne wir sagen: Wir sind ein
gutes Stück weiter gekommen, und wir werden noch
weiter kommen dank der Hilfe unserer Freunde, dank unserer
Standhaftigkeit und Geschlossenheit."
Dritte Fassung des Entwurfs der Rede vor dem Schöneberger
Rathaus |
Rede John F. Kennedys auf der Tribüne
vor dem Schöneberger Rathaus:
"Meine Berliner und Berlinerinnen, ich bin stolz,
heute in ihre Stadt zu kommen als Gast Ihres hervorragenden
Regierenden Bürgermeisters, der in allen Teilen
der Welt als Symbol für den Kampf- und Widerstandsgeist
West-Berlins gilt. Ich bin stolz, auf dieser Reise die
Bundesrepublik Deutschland zusammen mit Ihrem hervorragenden
Bundekanzler besucht zu haben, der während so langer
Jahre die Politik der Bunderegierung bestimmt hat nach
den Richtlinien der Demokratie, der Freiheit und des
Fortschritts. Ich bin stolz darauf, heute in Ihre Stadt
in der Gesellschaft eines amerikanischen Mitbürgers
gekommen zu sein, General Clays, der hier in der Zeit
der schwersten Krise tätig war, durch diese Stadt
gegangen ist, und der wieder nach Berlin kommen wird,
wenn es notwendig werden sollte. Vor zweitausend Jahren
war der stolzeste Satz, den ein Mensch sagen konnte,
der: Ich bin ein Bürger Roms. Heute ist der stolzeste
Satz, den jemand in der freien Welt sagen kann: Ich
bin ein Berliner. - Ich bin dem Dolmetscher dankbar,
dass er mein Deutsch noch besser übersetzt hat.
Wenn es in der Welt Menschen geben sollte, die nicht
verstehen oder nicht zu verstehen vorgeben, worum es
heute in der Auseinandersetzung zwischen der freien
Welt und dem Kommunismus geht, dann können wir
Ihnen nur sagen, sie sollen nach Berlin kommen. Es gibt
Leute die sagen, dem Kommunismus gehöre die Zukunft.
Sie sollen nach Berlin kommen. Und es gibt wieder andere
in Europa und in den anderen Teilen der Welt, die behaupten,
man könne mit den Kommunisten zusammenarbeiten.
Auch sie sollen nach Berlin kommen. Und es gibt auch
einige wenige, die sagen, es treffe zwar zu, dass der
Kommunismus ein böses und ein schlechtes System
sei, aber es gestatte es ihnen, wirtschaftlichen Fortschritt
zu erreichen. Aber lasst auch sie nach Berlin kommen.
Ein Leben in Freiheit ist nicht leicht, und die Demokratie
ist nicht vollkommen. Aber wir hatten es nie nötig,
eine Mauer aufzubauen, um unsere Leute bei uns zu halten
und sie daran zu hindern, woanders hinzugehen. Ich möchte
Ihnen im Namen der Bevölkerung der Vereinigten
Staaten, die viele tausend Kilometer von Ihnen entfernt
Leben, auf der anderen Seite des Atlantiks, sagen, das
meine amerikanischen Mitbürger stolz, sehr stolz
darauf sind, mit Ihnen zusammen selbst aus der Entfernung
die Geschichte der letzten 18 Jahre teilen zu können.
Denn ich weiß nicht, dass jemals eine Stadt 18
Jahre lang belagert wurde und dennoch lebt in ungebrochener
Vitalität, mit unerschütterlicher Hoffnung,
mit der gleichen Stärke und mit der gleichen Entschlossenheit
wie heute West-Berlin. Die Mauer ist die abscheulichste
und stärkste Demonstration für das Versagen
des kommunistischen Regimes. Die ganze Welt sieht dieses
Eingeständnis des Versagens. Wir sind darüber
keineswegs glücklich; denn, wie Ihr Regierender
Bürgermeister gesagt hat, die Mauer schlägt
nicht nur der Geschichte ins Gesicht, sie schlägt
der Menschlichkeit ins Gesicht. Durch die Mauer werden
Familien getrennt, der Mann von der Frau, der Bruder
von der Schwester, und Menschen werden mit Gewalt auseinander
gehalten, die zusammen leben wollen. Was von Berlin
gilt, gilt von Deutschland. Ein echter Friede on Europa
kann nicht gewährleistet werden, solange jedem
vierten Deutschen das Grundrecht einer freien Wahl vorenthalten
wird. In 18 Jahren des Friedens uns der erprobten Verlässlichkeit
hat diese Gereration, der Deutschen sich das Recht verdient,
frei zu sein, einschließlich des Rechts, die Familien
und die Nation in dauerhaftem Frieden wiedervereinigt
zu sehen, in gutem Willen gegen jedermann. Sie leben
auf einer verteidigten Insel der Freiheit. Aber Ihr
Leben ist mit dem des Festlandes verbunden, und deshalb
fordere ich Sie zum Schluss auf, den Blick über
die Gefahren des Heute hinweg auf die Hoffnung des Morgen
zu richten, über Freiheit dieser Stadt Berlin und
über die Freiheit Ihres Landes hinweg auf den Vormarsch
der Freiheit überall in der Welt, über die
Mauer hinweg auf den Tag des Friedens mit Gerechtigkeit.
Die Freiheit ist unteilbar, und wenn auch nur einer
versklavt ist, dann sind alle nicht frei. Aber wenn
der Tag gekommen sein wird, an dem alle die Freiheit
haben und Ihre Stadt und Ihr Land wieder vereint sind,
wenn Europa geeint ist und Bestandteil eines friedvollen
und zu höchsten Hoffnungen berechtigten Erdteiles,
dann, wenn dieser Tag gekommen sein wird, können
sie mit Befriedigung von sich sagen, dass die Berliner
und diese Stadt Berlin 20 Jahre die Front gehalten haben.
Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen,
sind Bürger dieser Stadt West-Berlin, und deshalb
bin ich als freier Mann stolz darauf, sagen zu können:
Ich bin ein Berliner."
English
Version
Rede
anhören
Karteikartenversion der Rede vor dem Schöneberger
Rathaus |
Rede des Regierenden Bürgermeisters
Willy Brandt:
"Dies ist ein großer Tag in der Geschichte
unserer Stadt. Wir haben Schweres hinter uns, und gerade
deshalb werden wir niemals vergessen, Herr Präsident,
dass sie heute bei uns sind und hier heute zu uns gesprochen
haben. Ich sage das nicht nur als der Bürgermeister
dieser Stadt, ich sage es für alle Berliner und
vor allem für die eineinviertel Million Berliner,
die bis zu diesem Augenblick an der Huldigung und dem
Treuebekenntnis und dem Freundschaftsbekenntnis für
John F. Kennedy teilgenommen haben. Wir wären in
diesen Jahren nicht durchgekommen ohne den Willen zur
Selbstbehauptung, aber wir wären auch nicht durchgekommen
ohne die guten Freunde in der Welt. Das dies wieder
eine große blühende Stadt ist, darauf können
wir gemeinsam stolz sein. Wir haben, und dabei bleibt
es hoffentlich, den Krieg vermiedne, und wir können
voller Zuversicht nach vorn schauen. Es ist hier schon
gesagt worden - und sie haben schon den gebührenden
Respekt bekundet - , ich muss noch einmal meiner Freude
darüber Ausdruck geben, dass Präsident Kennedy
zusammen mit unserem Ehrenbürger Lucius D. Clay
hier ist. Wenn wir seinen Namen nennen, dann denken
wir zugleich auch an Ernst Reuter. In dieser Stadt,
Herr Präsident, in diesem Berlin wurde nach dem
schrecklichen Krieg die deutsch-amerikanische Freundschaft
geboren. In diesem Berlin sind die Vereinigten Staaten
das sichtbarste, das entschiedenste Engagement in Deutschland
eingegangen; hier wird sichtbar, was uns verbindet:
gleiche Interessen, gleiche Ideale und gleiche Entschlossenheit.
Das gilt in Wirklichkeit für den ganzen freien
Teil unseres Vaterlandes, zu dem wir gehören und
für den der Herr Bundeskanzler heute hier ist und
zu uns gesprochen hat. Aber, meine Freunde, der Bürgermeister
der Hauptstadt Deutschlands hat mitzusprechen für
die Landsleute jenseits der Mauer. Wir grüßen
Sie alle, und wir sagen Ihnen: Wir geben nicht auf!
Berlin ist treu, treu denen hinter Stacheldraht ebenso
wie den Landleuten im deutschen Westen und den Freunden
draußen in der Welt. Herr Präsident, ich
habe heute einen großen Wunsch. Ich möchte,
dass sie spüren, in dieser Stadt schlägt das
Herz des deutschen Volkes, auch für Sie. Wir haben
den Ersten Mann der freien Welt gehört. Hier hat
der unerschrockene und vorwärts drängende
Staatsmann gesprochen. Wir wissen um die Last, die auf
seinen Schultern ruht. Unsere Hoffnungen begleiten ihn.
Sie sind nicht zuletzt gerichtet auf friedliche Veränderung.
Wir sehen die großen Erwartungen der Strategie
des Friedens, wie sie der Präsident vor uns während
seiner Reise entwickelt hat. Dazu und zum Bau des neuen
Europa möchten wir unseren Beitrag leisten. Dies
wird der Weg zur Selbstbestimmung sein. So werden wir
auch zur Wiedervereinigung unseres Volkes gelangen.
Und nun, meine Freunde, sind wir an einem wahrhaft bedeutsamen
Augenblick in der Geschichte dieser Stadt, wir wollen
ihn in feierlicher Stille miteinander erleben. Präsident
Kennedy wird sich angesichts des Volkes von Berlin eintragen
in unser goldenes Buch. Und wir werden der Freiheitsglocke
lauschen, auf der in Anlehnung an ein Wort Abraham Lincolns
steht: >Möge diese Welt mit Gottes Hilfe eine
Wiedergeburt der Freiheit erleben<."
|