II. Die Präsidentschaft
2.10 "Alle Menschen sind gleich"
"Diese Nation (
) wird nicht ganz frei
sein, so lange nicht alle ihre Bürger frei sind."
John F. Kennedy, 11. Juni 1963
Kennedys Zögern und vorsichtiges Taktieren in
der Bürgerrechtsfrage enttäuschte viele seiner
Anhänger. Es waren vor allem die rassistischen
Ausschreitungen gegen die Aktionen der Bürgerrechtsbewegung,
die ihn zum Handeln zwangen. Gleichwohl war Kennedy
als Präsident von Beginn an ein Hoffnungsträger
der schwarzen Amerikaner. '
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Schilder,
die zur Zeit der
Rassensegregation üblich waren
Anfang der sechziger Jahre herrschte im Süden
der USA immer noch eine strikte Rassentrennung
zwischen "schwarz" und "weiß".
Schilder markierten im öffentlichen Leben,
wo es Afro-Amerikanern erlaubt war, sich zu bewegen
und wo sie, unter Strafandrohung, nichts zu suchen
hatten. Weiße machten sich strafbar, wenn
sie diese Segregationsanweisungen missachteten.
Haarsträubende Rassentrennungsgesetze bestimmten
den Alltag: So gab es in Oklahoma separate Telefonhäuschen
für Schwarze und Weiße. In der Stadt
Greenwood in South Carolina war es für Restaurantbesitzer
sogar verboten, für Schwarze und Weiße
dieselben Teller und Tassen zu benutzen.
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Schilder wie diese
hingen bis zur gesetzlichen Abschaffung der Rassentrennung
in den Vereinigten Staaten an öffentlichen
Orten wie Parkanlagen, Restaurants und Geschäften
oder in öffentlichen Verkehrsmitteln. Sie
verboten den afro-amerikanischen Bürgern
den Zutritt oder wiesen ihnen gesonderte Bereiche
und Sitzplätze zu. John F. Kennedy war sich
dieser gesellschaftlichen Ungerechtigkeit bewusst,
wollte aber eine klare Stellungnahme aus innenpolitischen
Gründen vermeiden. Jedoch wurde er während
seiner Amtszeit durch den Aktionismus der Bürgerrechtsbewegung
und die oft gewaltsamen Reaktionen der weißen
Bevölkerung mehrfach zu Maßnahmen gezwungen.
Am 19. Juni 1963legte der Präsident dem Kongress
den Entwurf eines Bürgerrechtsgesetzes vor,
das gegen die Rassentrennung in öffentlichen
Räumen und Bildungseinrichtungen gerichtet
war.
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Ein Mann trinkt an einem Wasserspender, Oklahoma
1939
Ein Mann bedient sich an einem Wasserspender, der
nur für Afro-Amerikaner vorgesehen ist. Solche
Szenen gehörten in der ersten Hälfte des
20. Jahrhunderts zum selbstverständlichen Alltag
im amerikanischen Süden. |
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Rassenunruhen in Birmingha, Alabama, Mai 1963
Birmingham war eine berüchtigte Hochburg des
Rassismus. Im Rahmen von "Project C" (C
= Confrontation) begannen Bürgerrechtler unter
der Führung von Martin Luther King im Mai 1963
Protestaktionen mit Boykotten und Sit-ins, um ein
Ende der Diskriminierung zu erkämpfen. Die
Polizei ging brutal dagegen vor. Hunderte demonstrierende
schwarze Schulkinder wurden verhaftet. Fotos von
wehrlosen Menschen, die von Schäferhunden angegriffen,
von Polizisten verprügelt und von einem harten
Wasserstrahl aus Feuerwehrspritzen in die Enge getrieben
wurden, lösten weltweit Empörung aus.
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Kennedys Fernsehsprache
anlässlich der Rassenunruhen im Süden
der USA , 11. Juni 1963
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Nur einen Tag nach seiner "Friedensrede"
an der American University spricht Kennedy erneut
im Fernsehen zu seinen Landsleuten. Wieder hatte
es im Süden Rassenkonflikte gegeben, doch diesmal
bekennt Kennedy eindeutig Farbe. Dem Kongress will
er bald ein Bürgerrechtsgesetz vorlegen: Die
Zeit sei gekommen, das nationale Problem der Diskriminierung
der schwarzen Amerikaner entschlossen anzugehen.
100 Jahre nach der Sklavenbefreiung gelte es, die
Schwarzen endlich auf allen Ebenen gleich zu stellen:
"Diese Nation (
) wird nicht ganz frei
sein, so lange nicht alle ihre Bürger frei
sind." |
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Link: Fernsehansprache anlässlich
der Rassenunruhen im Süden der USA , 11.
Juni 1963 (mit Transkription)
John
F. Kennedy Library
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Telegramm
von Martin Luther King an John F. Kennedy, 11. Juni
1963
Wenige Stunden nach der Fernsehansprache des Präsidenten
schickte Martin Luther King ein euphorisches Telegramm
ins Weiße Haus, um Kennedy für seine
Initiative zu danken. King verband mit dieser Rede
die Hoffnung auf eine grundsätzliche positive
Wandlung der Bürgerrechtspolitik in den Vereinigten
Staaten. |
March on Washington
Die Verabschiedung des Bürgerrechtsgesetzes
von 1963 gegen die Rassentrennung in öffentlichen
Räumen war fraglich. Dies veranlasste amerikanische
Bürgerrechtler zu einem "'March on Washington'
für Freiheit und Arbeitsplätze"
aufzurufen. Mit "Sit-ins" vor dem Kapitol
sollte Druck auf den Kongress ausgeübt werden.
Die Regierung schlug den Bürgerrechtsorganisationen
das Lincoln Memorial als Ort der Kundgebung vor.
Kennedy erhielt unzählige Protestbriefe:
"Dieser Marsch am 28. August wird ein weiteres
gutes Beispiel für kommunistischen Einfluss
in unserem Lande sein. Die Kommunisten versuchen,
die einen Amerikaner gegen die anderen aufzustacheln",
schrieb ein Gegner der Aufhebung der Rassentrennung.
250 000 Menschen, darunter 50 000 Weiße,
kamen am 28. August 1963 in die amerikanische
Hauptstadt, um friedlich für die Aufhebung
der Rassentrennung zu demonstrieren. Unter ihnen
waren viele Promintente wie Bob Dylan, Harry Belafonte
und Sammy Davis Junior.
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Nach
dem "March on Washington" empfängt
Kennedy Bürgerrechtler im Weißen Haus,
28. August 1963
Für die Bürgerrechtsbewegung war der "March
on Washington" ein großer symbolischer
Erfolg. Erst nach der - friedlich verlaufenen -
Protestkundgebung empfing Kennedy eine Gruppe von
Bürgerrechtlern im Weißen Haus und ließ
sich mit ihnen fotografieren. |
"I have a dream "
Der junge Baptistenpfarrer Martin
Luther King Junior wurde durch sein Engagement
gegen die Rassentrennung in den USA bekannt. Ab
1957 wurde er als Präsident der Southern
Christian Leadership Conference zu einer charismatischen
Leitfigur der gewaltfreien Bürgerrechtsbewegung
gegen die gesetzliche Rassentrennung. Dafür
erhielt er 1964 den Friedensnobelpreis. Seine
Führungsposition machte Martin Luther King
Junior zur Zielscheibe weißer Verfechter
der Segregation. Am 4. April 1968 wurde er durch
einen Gewehrschuss ermordet.
Eine seiner berühmtesten Reden hielt King
am 28. August 1963 beim "March on Washington",
einer friedlichen Demonstration der afro-amerikanischen
Protestbewegung, auf den Stufen der Lincoln Memorials.
"I have a dream that
one day this nation will rise up and live out
the true
meaning of its creed: "We hold these truths
to be self-evident: that all men are
created equal."
I have a dream that one day on the red hills of
Georgia the sons of former
slaves and the sons of former slaveowners will
be able to sit down together at a
table of brotherhood.
I have a dream that one day even the state of
Mississippi, a desert state, sweltering with the
heat of injustice and oppression, will be transformed
into
an oasis of freedom and justice.
I have a dream that my four children will one
day live in a nation where they
will not be judged by the color of their skin
but by the content of their
character.
I have a dream today."
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