4. Asien: Das neue städtische Antlitz der Welt
Die Flucht aus der ländlichen
Armut hat Asien ein neues städtisches Gepräge gegeben.
Dem Sog der Städte erliegen sie alle: ob Landarbeiter im indischen
Bundesstaat Bihar, Bauern auf der Philippineninsel Mindanao oder
Fischer in Vietnam. Angelockt durch die bunten Fernsehbilder vom
städtischen Leben wissen die Migranten oft allzu wenig über
die Mühsal, die sie erwartet. Und so hört der Zustrom
nicht auf.
Von Kairo bis Schanghai, von Istanbul bis Jakarta,
von Bombay bis Manila hat dieser Strom von Migranten, der dank der
hohen Geburtenrate noch anschwillt, Megacitys in den Ausmaßen
von Mexiko-Stadt oder São Paulo entstehen lassen. Schon jetzt
finden sich die meisten Riesenstädte in Asien. Ein irreversibler
Vorgang: die schnelle wirtschaftliche Entwicklung der achtziger
und frühen neunziger Jahre hat die Städte rasch anwachsen
lassen, aber auch während der asiatischen Wirtschaftskrise
in den späten neunziger Jahren kehrte kein einziger ehemaliger
Landbewohner in sein Dorf zurück.
Die Transformation vollzog sich nirgendwo schneller
als in Schanghai: in knapp einem einzigen Jahrzehnt hat sich die
südchinesische Metropole bis zur Unkenntlichkeit gewandelt.
Doch trotz aller glitzernden Finanzcenter und Einkaufspassagen,
die das Neue China vorführen sollen, ist Schanghai noch weit
davon entfernt, seiner extrem angewachsenen Bevölkerung anständige
Jobs und vernünftige Behausungen zu verschaffen. In dieser
Beziehung ist es ein typisches Beispiel für andere asiatische
Städte: für die armen Zuzügler bleibt das bessere
Leben ein Traum.

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