Auswahl Exponate
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DIE STRASSE ALS BÜHNE |
»Erzähle auf den Plakaten keinen Roman, denn niemand
will sich auf der Straße kalte Füße holen.«
Ernst Growald, 1910
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Joe Loe (eigentlich Joe
Loewenstein)
Curt Behrends
Plakat-Annahme für die Hoch-
und Untergrundbahn
Berlin, Plakat
um 1914
Papier, Lithografie
Während in weiten Teilen Süddeutschlands
Verkehrsmittelwerbung bereits
seit den 1860er Jahren erlaubt war,
durften in Preußen erst um die Jahrhundertwende
in Bahnhöfen und an Zügen
Emailschilder, Aufschriften und Ähnliches
angebracht werden.
Zusätzliche Möglichkeiten im innerstädtischen
Bereich eröffneten sich mit
der Inbetriebnahme der U-Bahn 1902
in Berlin. Mehr Reklame auf die Schiene
zu bringen war dann auch erklärtes
Anliegen einer lokalen Plakat-Annahmestelle.
Daher gab sie eigens den Entwurf
einer großformatigen Anzeige in
Auftrag. Die ausführenden Künstler
Joe Loe und Curt Behrends setzten
ganz auf die Signalwirkung, die vom
Motiv der fahrenden S-Bahnen in Rotorange
und Gelb ausgeht.
Wie statistische Angaben aus den Jahren
vor dem Ersten Weltkrieg belegen,
machten die Firmen regen Gebrauch
von dieser neuen Werbeform: So nahm
die Berliner Straßenbahnverwaltung
aus der Verpachtung von Anschlagflächen
jährlich bis zu einer Million
Reichsmark ein.
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Fritz Rosen
(Frankenthal 1890-Brighton 1980)
Nach Berlin! Jeder einmal in Berlin
Berlin, Plakat
1926
Papier, Farboffset
Bevor das Auto zum Fortbewegungsmittel
der breiten Masse wurde, reiste
man mit der Eisenbahn. Städte gehörten
zu den beliebtesten Reisezielen,
deren Sehenswürdigkeiten und kulturelle
Attraktionen zogen die meisten
Touristen an. Dieser prämierte Plakatentwurf
von Fritz Rosen, dem langjährigen
Atelierleiter Lucian Bernhards,
entstand anlässlich eines Wettbewerbs
des Berliner Verkehrsamtes. Im Motiv
der Dampflok, die der in dunstiger
Ferne liegenden Skyline entgegenbraust,
findet der Ausruf »Nach Berlin«
seine visuelle Entsprechung. Beachtenswert:
das in den 1920er Jahren verwendete
Stadt-Logo, welches das Brandenburger
Tor sinnfällig mit dem
Schriftzug »Berlin« verknüpft. |
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Hans Rudi Erdt (Benediktbeuren 31.3.1883 - Berlin,
nach 1918)
Herkomer-Konkurrenz 1907
Landsberg, Plakat
1907
Papier, Lithografie
Bald nach der Konstruktion des Automobils
fanden schon erste Rallyes statt,
die neben der sportlichen Auseinandersetzung
als werbende Leistungsschauen
für das technisch revolutionäre
Gefährt dienten. Bei der seit 1905
ausgetragenen Herkomer-Konkurrenz
quer durch Süddeutschland starteten
jährlich über 100 Privat- und Werksfahrer.
Nicht zuletzt dank der plakativen
Ankündigung avancierte die Veranstaltung
zu einem gesellschaftlichen Großereignis.
Durch Schnelligkeit konnte
man den Sieg erringen, mit einer komfortablen
Ausstattung der Karossen,
deren Schönheit gleichfalls bewertet
wurde, Kunden gewinnen. Aus diesem
Grund legten sich die teilnehmenden
Firmen in jeglicher Hinsicht mächtig
ins Zeug. Die Rennen machten nicht
nur die verschiedenen Fahrzeugtypen
bekannt, sie lösten eine Welle der
Begeisterung für das neue Verkehrsmittel
aus. Infolgedessen verbuchte die
gesamte Automobilindustrie – 1920
gab es in Deutschland etwa 80 Hersteller
– von Jahr zu Jahr Umsatzrekorde. |
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VIM-Stelzenläufer
Berlin,
Fotografie
1920
Fotopapier
Mit Aufsehen erregenden Straßenaufzügen
bewiesen vor allem Markenartikelhersteller
Einfallsreichtum. Als Vorläufer
der wandelnden Werbeträger traten
seit den 1880er Jahren die »Sandwichmänner
« auf, deren Name sich
ihrer äußeren Erscheinung verdankte:
Jeweils eine mit Plakaten oder Anzeigen
beklebte Papptafel vor dem Bauch
und auf dem Rücken ähnelten sie den
damals in den USA populären belegten
»Doppeldecker-Brötchen«. Vor den
Augen der Passanten kündigten sie Veranstaltungen
an, warben für dieses und
jenes oder trugen politische Parolen in
die Öffentlichkeit. Gerade in Zeiten
hoher Arbeitslosigkeit verdingten sich
viele als Spaziergänger im Dienst der
Reklame – für einen kärglichen Lohn.
Dabei waren ihre Einsätze nicht ganz
ungefährlich: durch polizeiliche Vorschriften
vom Bürgersteig verbannt,
durften sie nur am Fahrbahnrand in
Reihe marschieren. Die bereits ab 1908
in die Großstädte einziehenden sonnenbeschirmten
Persil-Vertreter ganz in
Weiß konnten indes auf keinen Fall
übersehen werden. Ebenso wenig wie
die »langen Kerle« auf Stelzen, die –
oft von einer Horde begeisterter Kinder
umgeben – Hausfrauen von den
Vorzügen des VIM-Putzmittels überzeugen
sollten. Im Laufe der Zeit nahmen
Verkleidung und Ausstattung der
mobilen Reklamemenschen immer ausgefallenere
Formen an. So steckten die
IMI-Männer in der Produktverpackung
nachempfundenen Kostümen. Ihr Aufmarsch
mitsamt Bürste und Eimer
bescherte dem Haushaltsreiniger der
Firma Henkel bei seiner Markteinführung
1929 großen Erfolg. |
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Sarotti Schaufensterdekoration
1924
Fotopapier
Die ansprechende Präsentation der Waren erwies sich als absatzförderndes Werbeinstrument. Folglich versuchten einige Markenartikelhersteller auf die Schaufenster- und Innenraumgestaltung Einfluss zu nehmen, indem sie Dekorationsentwürfe und -materialien gleich mitlieferten oder Musterläden einrichteten. Auch die hier gezeigte Fotografie von 1924 sollte beispielhaft vor Augen führen, wie – in diesem Fall – Sarotti-Erzeugnisse in der Auslage am besten zur Geltung kommen.
Die nicht überladene Etalage mit symmetrisch angeordneten Schachtelstapeln entsprach den zeitgenössischen Vorstellungen einer eher sachlichen Ausstattung. »Jede Ware will, statt Geschichten zu erzählen, sie selber sein. Die Auslage will Auslage sein, ein Zusammengestelltes, das durch keine literarische Bindung gehalten erscheint«, formulierte der weitblickende Hagener Kunstmäzen Karl Ernst Osthaus bereits 1913. |
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Werbung an der Brandmauer
der Häuser Wallstraße 83-91
Berlin 1907
Fotopapier
Fotosammlung Landesarchiv, Berlin
Hohe Brandmauern in Geschäftsvierteln
oder neben Bahntrassen erschienen
wie geschaffen für großflächige Reklamebilder,
die auf Fernwirkung angelegt
waren. Hier trat im Vergleich zur Plakatgestaltung
der künstlerisch-narrative
Aspekt zugunsten einer schnellen
Erfassung des Produkt- oder Herstellernamens
in den Hintergrund. In manchen
Städten schützten gesetzliche
Bestimmungen vor den Ȋsthetischen
Schädigungen«, wie Werner Sombart
sie 1908 bezeichnete. Andernorts
erlaubt, riefen Giebelmalereien vielfach
Proteste von Anwohnern und Heimatschützern
hervor. Der in den 1920er
Jahren in Berlin lebende Journalist
Joseph Roth konnte diesem Medium
dennoch etwas Positives abgewinnen:
»Eine Wand hat Physiognomie und
Charakter, und wenn sie auch kein
Fenster enthält und nichts, was ihren
Zusammenhang mit Lebendigem sonst
offenbaren könnte, als höchstens die
Reklametafel einer Schokoladenfabrik,
dazu bestimmt, sich durch die Plötzlichkeit
ihres Aufblitzens unauslöschlich
(gelb und blau) festzusaugen in der
Erinnerung.«
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»Raucht Manoli«, Manoli-Lichtwerbung
am Alexanderplatz
Berlin,
Fotografie
1907
Fotopapier
Einhergehend mit der sich weiter ausbreitenden
Außenwerbung (in Formvon
Litfaßsäulen, Plakatständern, Giebelmalerei
etc.) veränderte die nachhaltig
betriebene Elektrifizierung seit Mitte
der 1880er Jahre die Gestalt der Metropolen
radikal. In Berlin prägten besonders
illuminierte Schaufenster und
auffällige Lichtreklamen die Ansicht
einzelner Quartiere bei Nacht. Die
kommerzielle Beleuchtung siegte nicht
nur über die Dunkelheit, sondern schuf
neue visuelle Reize dank des technischen
Fortschritts – wie das für damalige
Verhältnisse spektakuläre »Manoli-
Rad« vom Alexanderplatz, welches
auf dem Dach des rechten Gebäudes
1898 installiert wurde. »Geblendeten«
Zeitzeugen zufolge konnte man die
Leuchtwerbung der ortsansässigen
Tabakfabrik selbst aus der Ferne wahrnehmen.
Kurz hintereinander geschaltete
Glühbirnen erzeugten den Eindruck
einer Kreisbewegung, bevor in
der Mitte die Worte »Raucht Manoli«
den Sinn des Ganzen erhellten. Wenn
auch der Zigarettenkonsum an sich
nicht nachweislich stieg, so war doch
»Manoli« in aller Munde: umgangssprachlich
wurde der Begriff gleichbedeutend
für »verrückt« benutzt, klärt
uns das Fremdwörterbuch (sic!) auf. |
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Lichtwerbung am Europahaus bei Nacht,
Stresemannstraße 92
Berlin 1937
Fotopapier
Zwar ließ der Ausbau der Stromversorgung
über die Jahre den Preis für elektrisches
Licht sinken, doch blieben
Anschaffung und Betrieb von Lichtwerbung
eine kostspielige Angelegenheit.
1914 mussten bis zu 20 000
Reichsmark aufgewendet werden –
abhängig von dem Format und der eingesetzten
Schalttechnik der Anlage.
Mit der gleichen Summe schlug die
Jahresmiete des Daches an belebten
Plätzen und Boulevards zu Buche.
Insofern verwundert es nicht, dass fast
ausschließlich Markenartikelfirmen
und Warenhäuser leuchtende Zeichen
setzten. |
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Die erste leuchtende Litfaßsäule
Unter den Linden
Berlin 1930
Fotopapier
Von außen angestrahlte Reklameflächen gab es bereits
im 19. Jahrhundert. So konnte es nur eine Frage der
Zeit sein, bis das elektrische Licht auch im Innenraum
der Litfaßsäulen seine Wirkung entfaltete: 1930 wurde
dieses Exemplar an der Friedrichstraße Ecke Unter den
Linden erstmals in Betrieb genommen.
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Haben Sie dies Inserat am Himmel
gesehen?
Ankündigung einer
Persil-Luftwerbung
Faltblatt
1926
Papier, Druckfarbe
Damit die werbende Himmelsschrift in
4 000 m Höhe nicht ungesehen verblasste,
kündigten Plakate und Handzettel
das Ereignis im Vorfeld an. Allein
die dort aufgeführten technischen Angaben
beeindruckten den geneigten
Leser: So erreichten die Reklameflieger
beim artistischen Schreiben eine
Geschwindigkeit von durchschnittlich
125 km/h, aus dem mit Chemikalien
befüllten Tank wurden 8 000 m3 Rauch
über eine Düse ausgestoßen und die bis
zu 1500 m hohen Buchstaben erstreckten
sich auf einer Länge von maximal
7000 m.
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Wolkenprojektion eines
Persil-Schriftzug,
Luftwerbung,
Fotografie
1932
Fotopapier
Was die Taschenlampe für den Hausgebrauch,
ist der Autoscheinwerfer
im Straßenverkehr. Zu Beginn des
20. Jahrhunderts nahm der elektrisch
erzeugte Lichtstrahl, etwa als Flakscheinwerfer
im militärischen Bereich,
gigantische Ausmaße an. Der Beleuchtungsfunktion
entbunden, erhellte er
den Nachthimmel anlässlich von Filmpremieren
und Jahrhundertfeiern. 1930
nutzte das Unternehmen Henkel das
Medium erstmals für seine Waschmittelreklame:
Durch eine Schablone
geführte Strahlenbündel projizierten
den Schriftzug »Persil« auf einer Fläche
von ca. 750 x 400 m weithin sichtbar
an die Wolkendecke. Diese Werbeform
setzte besonders lichtstarke,
mobil einsetzbare Apparaturen voraus,
die von der Firma Siemens-Schuckert
entwickelt wurden. |
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zu den Räumen:
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