Zeughauskino

 

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  EUROPAS WESTERN

 

EUROPAS WESTERN

Unter dem Motto „Europas Prärien und Cañons“ stand im vergangenen November die neue Ausgabe des Cinefests, des jährlich stattfindenden internationalen Festivals des deutschen Filmerbes. Das Zeughauskino präsentiert eine umfangreiche Auswahl des Hamburger Programms und bietet einen historischen Querschnitt durch den europäischen Western an: einen „Neckar-Western“, ein deutsches „Sensations-Drama mit Reiterscenen“ und einen NS-Film, für den sich Hans Söhnker in den Sattel schwang; einen konstruktivistischen Western aus der jungen Sowjetunion und „Red Western“ unter anderem aus Ungarn und Rumänien; zwei Italo-Western und aus dem geteilten Deutschland DEFA-Indianerfilme, Karl May-Verfilmungen und eine Komödie im Western-Milieu mit Fußballstar Paul Breitner in einer Nebenrolle. Eine Filmreihe zur Geschichte des Western zwischen Sibirien und Atlantik. Das erstmals in Hamburg präsentierte Cinefest Europas Prärien und Cañons wurde von CineGraph Hamburg und dem Bundesarchiv-Filmarchiv kuratiert.

 

 

EUROPAS WESTERN
Der Schatz im Silbersee
BRD/YU/F 1962, R: Harald Reinl, D: Lex Barker, Pierre Brice, Götz George, Karin Dor, 111’  35 mm

Bereits in den 1920er Jahren sollten die berühmtesten Blutsbrüder der deutschen Abenteuerliteratur über die Leinwände reiten und auch Hans Albers wollte sich schon am Henrystutzen versuchen, aber erst 1962 (kurz bevor die Urheberrechte ausliefen) schickte sich der Produzent Horst Wendlandt an, die Wildwest-Fantasien Karl Mays Film werden zu lassen. Da frühere May-Adaptionen bestenfalls durchwachsen ausgefallen waren, galt die mit einem Budget von 3,5 Millionen Mark teuerste bundesdeutsche Produktion in der Branche als hoch riskant, wenngleich man zur Sicherheit den auflagenstärksten Band der Reihe gewählt hatte. Der Schatz im Silbersee schlug jedoch beim Publikum ein wie eine Bombe und avancierte bald zum erfolgreichsten deutschen Nachkriegsfilm, was auch die anfängliche Prädikatsverweigerung durch die Filmbewertungsstelle nicht verhindern konnte. „Dieser Cinemascope-Farbfilm von Harald Reinl packt die ganze Winnetou-Naivität samt höherer Gerechtigkeit und tapferer Heldentugend ins zünftige Wildwestgewand, die jugoslawische Landschaft gibt einen herrlichen Indianerspielplatz ab, und was die Prärie-Saloons, die Schurkenvisagen und die diversen kinnladenkrachenden Handgemenge betrifft, so kann sich dieses rechtschaffen inszenierte Knabenabenteuer technisch durchaus mit so manchem Hollywood-Pferdegetrappel messen“ (Ponkie, Abendzeitung (München), 15./16.12.1962). (jr)

am 3.1.2012 um 20.00 Uhr
am 7.1.2012 um 18.30 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Tecumseh
DDR 1972, R: Hans Kratzert, M: Günther Fischer, D: Gojko Mitić, Annekathrin Bürger, Rolf Römer, Leon Niemczyk, 109’ 35 mm

Das DDR-Publikum stürmte ab 1965 einmal im Jahr zuverlässig die Kinos, wenn die DEFA ihren neuesten „historischen Abenteuerfilm im Milieu der Indianer“ herausbrachte – die realsozialistische Antwort auf den Western, die die Eroberung des amerikanischen Kontinents aus der Sicht seiner Ureinwohner schilderte. Durch authentische Darstellung ihrer Lebensverhältnisse und den Rückgriff auf historisch belegte Ereignisse sollte ein realistisches Gegenbild zu den Genre-Klischees entstehen, das die Indianer als machtlose Opfer des US-Imperialismus zeigte. Wichtiger waren den Zuschauern allerdings die Heldentaten und akrobatischen Einlagen des populären „Chefindianers“ Gojko Mitić und die landschaftlichen Schönheiten der befreundeten Ostblockstaaten.
Diesen Spagat zwischen Geschichtsunterricht und Unterhaltung vollführt auch Tecumseh, der das Leben des historischen „Spartacus der Indianer“ nachzeichnet. Der Indianerführer versucht zunächst mit politischen Grundsatzerklärungen das Handeln der Weißen zu beeinflussen und die Indianerstämme zu einem Bund zu vereinigen. Er wird vom US-Militär unter Führung seines weißen Jugendfreundes McKew gejagt und verbündet sich daraufhin mit den Engländern, die ihn aber in der entscheidenden Schlacht gegen die Amerikaner im Stich lassen. Aus einem politisch-philosophischen Dialogfilm entwickelt sich eine actionreiche Rachegeschichte, die schließlich in einem Cinemascope-Schlachtengemälde kulminiert. (jr)

am 4.1.2012 um 20.00 Uhr
am 8.1.2012 um 18.30 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Pruncul, petrolul şi ardelenii
Wir werden das Kind schon schaukeln
RO 1981, R: Dan Piţa, D: Ilarion Ciobanu, Ovidiu Iuliu Moldovan, Mircea Diaconu, 95' 35 mm, DF

Eine Westernkomödie aus dem kommunistischen Rumänien. Zwischen 1979 und 1981 realisierte der renommierte Autor Titus Popovici mit den Regisseuren Dan Piţa und Mircea Veroiu eine Trilogie um die Abenteuer dreier rumänischer Brüder aus Transsilvanien (Siebenbürgen) im Wilden Westen, die unbekümmert Genremuster mit landestypischer Folklore vermischt. Traian, der knorrige Patriarch im Schafsfellmantel, Ion, der lässige Revolverheld, und Romulus, das naiv-trottelige Nesthäkchen, beenden zunächst in Profetul, aurul şi ardelenii das Regime eines kriminellen Mormonenführers in einem Goldgräberstädtchen und legen dann in Artista, dolarii şi ardelenii einer als Schauspieltruppe getarnten Gangsterbande das Handwerk. Als sich die drei im letzten Teil der Trilogie auf einer kleinen Farm niederlassen, weil Romulus’ Freundin ein Kind erwartet, müssen sie sich nicht nur mit einem gewissenlosen Bodenspekulanten, sondern auch mit der ungarischstämmigen Nachbarsfamilie auseinandersetzen. Die historischen Spannungen zwischen rumänischen und ungarischen Volksgruppen wie auch das Verlassen der rumänischen Heimat waren heikle, weil immer noch aktuelle Themen, die in Pruncul, petrolul şi ardelenii jedoch auf systemstabilisierende Weise behandelt werden: Die Protagonisten betonen permanent ihr Heimweh und ihren Wunsch nach schneller Rückkehr und der ethnische Konflikt wird aufgelöst, indem sich die verschiedenen Volksgruppen im Kampf gegen einen gemeinsamen Feind zusammenschließen. (jr)

am 5.1.2012 um 20.00 Uhr
am 8.1.2012 um 21.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Il grande silenzio
Leichen pflastern seinen Weg

I/F 1968, R: Sergio Corbucci, D: Jean-Louis Trintignant, Klaus Kinski, Frank Wolff, Vonetta McGee, 105’ 35 mm, DF

Zwei Jahre nach Django drehte Sergio Corbucci in kalter, abweisender Schneelandschaft Il grande silenzio, den endgültigen Abgesang auf den klassischen Hollywood-Western, in dem stets das Gute gewinnt. Die Welt von Corbuccis Italo-Western ist zynisch und brutal, alle Figuren sind moralisch zumindest fragwürdig: eine Reflektion der kalten, brutalen Realität, in der bereits seit Jahren der Vietnam-Krieg tobte. Die Titelrolle des stummen Rächers übernahm der französische Schauspieler Jean-Louis Trintignant, Star des Films aber war der Deutsche Klaus Kinski, der seit einigen Jahren in Rom lebte und dort einen Film nach dem anderen drehte (unter anderem Per qualche dollaro in più). Kinski spielt – wie immer am Rande des Wahnsinns – den skrupellosen Kopfgeldjäger Loco, der zwar das Gesetz auf seiner Seite hat, seiner Tätigkeit aber mit kaltblütigem Sadismus nachgeht.
Corbucci sah in dem Film die Allegorie auf eine Gesellschaft, in der täglich Gewalt ausgeübt und gezeigt werde: „Die italienische Realität bringt uns mit Gewalttätigkeit und Sadismus in Berührung, die weitaus extremer sind, als ich es je darstellen kann. Und nicht zuletzt – vergessen wir das nicht – besteht das Blut, das in meinen Filmen fließt, nur aus chemischen Substanzen und Tomatensaft“ (Film, Nr. 5, 1969). (jr)

am 6.1.2012 um 18.30 Uhr
am 10.1.2012 um 20.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Tschelowek s bulwara Kapuzinow
Der Mann vom Kapuziner-Boulevard

UdSSR 1987, R: Alla Surikowa, D: Andrej Mironov, Aleksandra Âkovleva, Nikolaj Karačencov, 98’ 35 mm, DF

Slapstick meets Sowjet-Pop. Ein vermummter Bandit quittiert schriftlich seine Beute, das blonde Gift ist ein anständiges Mädchen und ein Indianerüberfall gilt nur den Eintrittskarten fürs Kino. Mit den Mitteln des frühen Films und der sowjetischen Musical-Komödie dekonstruiert Alla Surikovas überdrehte Parodie die Mythen des „Wilden Westens“ und die Stereotypen des Genres. Zugleich ist sie eine nostalgische Reflexion über die Entstehung des Kinos und die schillernde Ambivalenz des Mediums zwischen moralischer Anstalt und Sündenpfuhl. Der reisende Filmvorführer „Mr. First“, der um die Jahrhundertwende im Westernstädtchen Santa Carolina eintrifft, hat nämlich die Mission, die Menschheit durch den Kinematographen zu veredeln. Tatsächlich verwandeln die ersten Filme der Brüder Lumière ungehobelte Cowboys in milchtrinkende Musterknaben und Indianer in ehrfürchtige Cineasten. Nur der Pfarrer und der Wirt des Saloons, dessen Whisky-Absatz einbricht, versuchen, das Wirken des Filmvorführers zu sabotieren. Erst als „Mr. Second“ das Publikum mit Sex, Gewalt und Horror bekannt macht, fällt es wieder in seine alten Lebensgewohnheiten zurück. Der mit 60 Millionen Zuschauern erfolgreichste sowjetische Film des Jahres bot ein hochkarätiges Star-Ensembles auf, dessen Spielfreude auch die Kreativität des DEFA-Synchronstudios befeuerte: Die Gesangsszenen sind nicht synchronisiert, sondern mit süffisanten Kommentaren zum Filmgeschehen unterlegt. (jr)

am 7.1.2012 um 21.00 Uhr
am 13.1.2012 um 19.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Po zakonu
Sühne

UdSSR 1926, R: Lew Kuleschow, D: Aleksandra Chochlova, Sergej Komarov, Vladimir Fogel, ca. 80’35 mm, russ. + dt. ZT

Der sowjetische Filmpionier und -theoretiker Lev Kuleschov untersuchte Ende der 1910er Jahre die Grundlagen der Montage und war Mitbegründer der ersten staatlichen Filmhochschule in Moskau. Mit einem von ihm einberufenen Arbeitskreis von Schauspielern drehte er 1923 die exzentrische Satire Neobyčainye priključenija mistera Vesta v strane bolševikov (Die seltsamen Abenteuer des Mr. West im Lande der Bolschewiken), bevor mit spärlichen finanziellen Mitteln der „konstruktivistische Western“ Po zakonu entstand.
Nach einer Erzählung von Jack London schildert Po zakonu die Geschichte dreier Menschen, die während ihrer Goldsuche in Alaska mit einem Verbrechen konfrontiert werden: Der eine von ihnen hat zwei Kameraden ermordet; die anderen beiden, Eheleute, müssen mit dem Mörder in einer Hütte im Schnee bis zum Frühjahr ausharren. Da entschließen sie sich, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen. Ein Kammerspiel in eiskalter Wildnis, in dem Kuleschov auch seine filmtheoretischen Erkenntnisse umsetzt: „Extreme, unbarmherzige Situationen, in die Kuleschow hier menschliche Existenzen stellt. Die Ausnahmesituation, das Schockhafte der Ereignisse (nie zu artistischem Selbstzweck ‚geläutert’) legt schonungslos menschliche Verhaltensweisen bloß, entkleidet sie jeglicher Drapierung und ‚Tarnung’“ (Fred Gehler, Sonntag, 22.1.1967). (jr)

Die Kopie entstammt dem Österreichischen Filmmuseum.
Klavierbegleitung: Eunice Martins
am 11.1.2012 um 20.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Per qualche dollaro in più
Für ein paar Dollar mehr

I/BRD/E 1965, R: Sergio Leone, M: Ennio Morricone, D: Clint Eastwood, Lee Van Cleef, Gian Maria Volonté, Klaus Kinski, 131’  Blu-ray, engl. OF

Sergio Leone, der gerne als „Vater des Italo-Western“ bezeichnet wird, hatte 1964 in den Cinecittà-Studios in Rom und in Spanien mit Per un pugno di dollari (Für eine Handvoll Dollar) eine trostlose und zynische Variante des Hollywood-Western geschaffen, in der Gewalt realistischer dargestellt und das Sterben im Kugelhagel opernhaft zelebriert wird. Für die Hauptrolle hatte Leone den amerikanischen Fernsehstar Clint Eastwood nach Europa geholt, der aus vertraglichen Gründen keine Spielfilme in den USA drehen durfte. Die Rolle des kaltblütigen Revolverhelden mit mexikanischem Poncho, Dreitagebart und Zigarre zwischen den Zähnen machte Eastwood zum internationalen Star.
Ein Jahr später drehte Leone Per qualche dollaro in più (Für ein paar Dollar mehr), erneut in Cinecittà und Spanien und wieder mit Eastwood als wortkargem Einzelgänger, der sich mit einer ganzen Bande dreckiger Halunken anlegt. Für die Rolle an Eastwoods Seite, den schwarz gekleideten Kopfgeldjäger Colonel Mortimer, engagierte Leone den markanten US-Schauspieler Lee Van Cleef, der schon Nebenrollen im Fernsehen und in einigen US-Western gespielt hatte, aber erst mit Leones Film zum Star wurde. Eastwood und Van Cleef spielten erneut zusammen im dritten Teil der „Dollar-Trilogie” Il buono, il brutto, il cattivo (Zwei glorreiche Halunken). Die unvergessliche Musik in allen drei Filmen stammt von Ennio Morricone. (jr)

am 12.1.2012 um 20.00 Uhr
am 14.1.2012 um 21.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Deadlock
BRD 1970, R: Roland Klick, M: Can, D: Mario Adorf, Anthony Dawson, Marquard Bohm, Mascha Rabben, 88’ 35 mm

Der erst 30jährige Roland Klick inszenierte seinen „psychedelischen Hippie-Western“ (Detlef Kuhlbrodt) als Regisseur, Autor und Produzent im Frühjahr 1970 in der israelischen Negev-Wüste. Der dem Neuen Deutschen Film zugeschriebene Trend, das Publikum durch sperrige Filmkunst politisch zu erziehen, aber seine Schaulust und sein Unterhaltungsbedürfnis zu ignorieren, waren Klick ein Gräuel. Lieber drehte der besessene Cineast, der nach dem Motto „Man muss nicht Filme machen, man muss Kino machen“ arbeitete, eine auf Spannung und Schauwerte ausgerichtete „Kommerzproduktion“ und offenbarte dabei seine bevorzugten Genres. Der „prima gearbeitete Blutreißer“ (Friedrich Luft) um den Verwalter eines verlassenen Wüstenkaffs und zwei Bankräuber, die sich einen zermürbenden Nervenkrieg um die Beute des Überfalls liefern, ist durchsetzt von Zitaten und Motiven aus klassischen Western, Italo-Western und Gangsterfilmen. Den rudimentären Plot und die typisierten Figuren nutzt Klick nur als Spielmaterial, um genüsslich die Genre-Konventionen zu zelebrieren und sie zugleich durch ästhetische Stilisierung und surreale Überhöhung zu verfremden. Die zeitgenössische Kritik hielt Deadlock überwiegend für die manieristische Collage eines selbstverliebten Epigonen, nur wenige Rezensenten sahen Klicks Film so, wie er heute wahrgenommen wird: als eine leidenschaftliche Hommage an das Genrekino und eine Reflexion über das Erzählen im Kino. (jr)

am 13.1.2012 um 21.00 Uhr
am 15.1.2012 um 19.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Blauvogel
DDR 1979, R: Ulrich Weiß, M: Peter Rabenalt, D: Robin Jäger, Gabriel Oseciuc, Jutta Hoffmann, Kurt Böwe, 96’ 35 mm

Nordamerika, Mitte des 18. Jahrhunderts: Während des Kolonialkrieges zwischen Großbritannien und Frankreich wird der neunjährige Siedlersohn George Ruster durch Irokesen entführt und als „Blauvogel“ von einer Indianerfamilie an Stelle ihres verstorbenen Kindes aufgezogen. Nur sehr langsam kann er seine Situation akzeptieren und sich auf die fremde Lebenswelt einlassen, doch nach einem brutalen Überfall von Weißen auf das Indianerdorf steht für ihn fest, wohin er gehört. Als junger Mann ist er schließlich vollwertiges Mitglied des Stammes, doch muss er nach dem Sieg der Engländer über die Franzosen wieder in die Welt der Weißen zurückkehren, die ihm gänzlich fremd geworden ist.
Mit den klassischen DEFA-Indianerfilmen hat Ulrich Weiß’ sensible Adaption des viel gelesenen Kinderbuchs von Anna Jürgen nur das Milieu der Handlung gemein. Sie zeigt die Protagonisten nicht als durchtrainierte Heldenfiguren, mit denen man beim aufregenden Kampf gegen böse Weiße mitfiebert, sondern als Angehörige einer fremden Kultur, deren Lebensweise und Weltverständnis dem Zuschauer mit ethnografischer Akribie nahegebracht werden. Statt vordergründiger Action steht die Suche eines Menschen nach seiner Identität im Mittelpunkt, es geht um die Zerrissenheit zwischen zwei gegensätzlichen Gesellschaftsformen und die Entscheidung für die richtige Seite. (jr)

am 14.1.2012 um 19.00 Uhr
am 15.1.2012 um 21.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Árie Prérie
Das Lied der Prärie

ČSSR 1949, R: Jiří Trnka, 23’ 35 mm, OF (ohne Dialog)

Limonádový Joe aneb Koňská opera
Limonaden-Joe

ČSSR 1964, R: Oldřich Lipský, D: Karel Fiala, Miloš Kopecký, Květa Fialová, Olga Schoberová, 98’ 35 mm, OmeU

Dass auch die ČSSR ihren Platz auf der Landkarte des Euro-Western beanspruchen kann, ist vor allem der Western-Leidenschaft des tschechischen Autoren Jiří Brdečka zu verdanken. Bereits 1940 ließ er den heldenhaften Abstinenzler Limonaden-Joe und seinen schurkischen Erzfeind Hogofogo in humoristischen Kurzgeschichten für die Jugendzeitschrift Ahoj gegeneinander antreten. Nach dem Krieg widmete er ihrem Zweikampf einen ganzen Roman und auf Anregung Brdečkas gestaltete Jiří Trnka 1949 die Protagonisten seines kurzen Puppenspielfilms Arie prérie nach dem Vorbild der ungleichen Kontrahenten. Die von John Fords Stagecoach inspirierte Westernparodie, in der nur per Gesang kommuniziert wird, persifliert liebevoll altbekannte Motive: Überfall auf die Postkutsche, Raub der Goldkiste und Entführung einer lieblichen Unschuld durch böse Banditen sowie Rettung durch den strahlenden Helden.
1955 stellte Brdečka seine Figuren in den Mittelpunkt einer Bühnenrevue. Zusammen mit deren Regisseur Oldřich Lipský konnte er ein Jahrzehnt später die filmische Adaption des Stoffs als satirisches Western-Musical realisieren. Limonaden-Joe zieht als krude Mischung aus Roy Rogers und James Bond durch den Wilden Westen, um für Recht und Ordnung zu sorgen und Whisky trinkende Cowboys zum Konsum seiner alkoholfreien Wunderbrause „Kolaloka“ zu bekehren. Als er nach erfolgreicher Missionsarbeit Stetson City verlässt, taucht Hogofogo auf und stellt die alten Verhältnisse wieder her. Limonaden-Joe stellt sich zum finalen Kampf gegen seinen Widersacher, der zum Schluss jedoch eine überraschende Wendung nimmt.
Als „Reinextrakt aus allen Wildwestfilmen“ (Brdečka) sollte der Film durch satirische Überzeichnung der Western-Stereotypen die Scheinheiligkeit der „unehrlichen Durchschnittswestern“ entlarven und zugleich durch die ambivalente Charakterisierung des Helden als profitorientiertem Limonaden-Generalvertreter die Marketing-Machenschaften amerikanischer Großkonzerne aufs Korn nehmen. Bei der filmischen Umsetzung dominierte allerdings der pure Spaß am enthemmten Spiel mit den Genre-Mustern: Limonaden-Joe ist ein überdrehtes Kaleidoskop aus Kabarettnummern, filmästhetischen Kabinettstückchen, Gesangsauftritten und surrealen Trickfilm-Einschüben Jiří Trnkas, das sich bei Groteske und Slapstick ebenso bedient wie bei Operette und Comicstrip. (jr)

am 17.1.2012 um 20.00 Uhr
am 22.1.2012 um 18.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Erblich belastet?
D 1913, R: Harry Piel, D: Ludwig Trautmann, ca. 40’ 35 mm, nl. ZT

Feuerteufel
D 1920, R: Phil Jutzi, D: Carl Becker, Holmes Zimmermann, Mizzi Shipp, ca. 80’ 35 mm

Eine melodramatische Kriminalgeschichte wird in Harry Piels Erblich belastet? durch den Einbau von Wildwest-Motiven zum „Sensations-Drama mit wilden Reiterscenen“: Ferry Hudson, Sekretär und Ziehsohn des amerikanischen Millionärs Harrington, liebt dessen Tochter Ellen, darf sie aber nicht heiraten, weil sein Vater einst als Mörder verurteilt wurde. Als Harringtons korrupter Verwalter Hudson auch noch einen Diebstahl unterschiebt, geht dieser als Journalist in den Westen... Der „Wilde Westen“ fungiert in Erblich belastet? als Rückzugsraum für die „Bösen“ und als Ort des Neuanfangs und der Bewährung für die „Guten“. Vor allem aber gibt der Schauplatz Harry Piel die Gelegenheit zu originellen Variationen der Actionszenen, die sein Publikum von ihm erwartete. Dem war es dann auch egal, dass die Cowboys und Banditen ganz offensichtlich durchs Berliner Umland und die märkische Heide galoppierten.
Ausgelöst durch den Erfolg amerikanischer Western, die nach dem Ersten Weltkrieg den Markt überschwemmten, kamen 1919–21 Dutzende von deutschen Genre-Variationen ins Kino. In München entstand eine Reihe von „Isar-Western“, die Umgebung von Heidelberg und Ludwigshafen war Schauplatz der „Neckar-Western“ von Piel Jutzi und Hermann Basler. Nach zwei Filmen mit Basler als good bad boy „Bull Arizona“ schickte Jutzi in Feuerteufel mit „Texas Jack“ einen aufrechten Westernhelden auf die Jagd nach einer Verbrecherbande. Mit Banküberfällen, Schießereien und Verfolgungsjagden erfüllt der Film zunächst die Erwartungen an das Genre, doch als Jack im gestellten Bandenführer seinen verschollenen Bruder Tom erkennt, wird der Film überraschend zum Melodram. Die Zensur verbot den Film „wegen verrohender und entsittlichender Wirkung“, denn „Handlung und Spiel sind ganz offenkundig für moralisch minderwertige Kinobesucher gearbeitet und spekulieren durch die gehäufte Darstellung von Scheußlichkeiten aller Art auf deren niedrigste Instinkte.“ (Filmprüfstelle München, 30.12.1920). (jr)
Klavierbegleitung: Peter Gotthardt

am 18.1.2012 um 20.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Winnetou I
BRD/YU/F 1963, R: Harald Reinl, D: Lex Barker, Pierre Brice, Mario Adorf, Marie Versini, 101’ 35 mm

Wie alles anfing... Aufgrund des enormen Erfolgs von Der Schatz im Silbersee eilig nachgeschoben, schildert der erste Teil der Winnetou-Trilogie den Beginn der wunderbaren Freundschaft zwischen dem letzten Häuptling der Apachen und einem deutschen Vermessungsingenieur, der gerade als Greenhorn im „Wilden Westen“ eintrifft und sich in Windeseile als Old Shatterhand einen Namen macht. Zunächst noch auf gegnerischen Seiten kämpfen die beiden gegen den skrupellosen Santer, der aus Profitgier eine Eisenbahnstrecke gegen die Absprache mit den Apachen durch ihr Land verlegen will. Im Laufe der Auseinandersetzungen muss Old Shatterhand Winnetou aus den Händen der Kiowas befreien, den Saloon des Ortes mit einer Dampflok niederwalzen, mit dem Apachen-Häuptling Intschu tschuna einen Zweikampf um das Leben seiner Kameraden austragen und schließlich den Tod der geliebten Indianerin Nscho-tschi in seinen Armen verwinden.
Die naiven Archetypen des edlen Wilden und des heldenhaften Westmannes waren zwar holzschnittartig gezeichnet, erfüllten damit aber die Sehnsucht des vorwiegend jugendlichen Publikums nach Abenteuerromantik, moralischen Vorbildern und dem Triumph der Gerechtigkeit: Winnetou I „will nicht mehr sein als einfache Unterhaltung im Gewand jener Art von Märchen oder Legende, wie sie Karl May für seine und anscheinend auch für unsere Zeit erfand“. (Wilhelm Bettecken, Film-Dienst, Nr. 51, 1963). (jr)

am 19.1.2012 um 20.00 Uhr
am 28.1.2012 um 16.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Winnetou II
BRD/YU/F 1964, R: Harald Reinl, D: Lex Barker, Pierre Brice, Anthony Steel, Karin Dor, 94’ 35 mm

Winnetou wird nach dem Tod seines Vaters zum Häuptling aller Apachen und sieht seine Lebensaufgabe darin, einen neuen Indianerkrieg zu verhindern und alle Stämme zum Frieden mit den gutwilligen Weißen zu bewegen. Die üblen Machenschaften des verbrecherischen Ölbarons Forrester, der Weiße und Indianer gegeneinander ausspielt, durchkreuzen allerdings immer wieder die Bemühungen um ein einträchtiges Zusammenleben.
Während in den ersten Filmen noch Old Shatterhand im Vordergrund stand, ist nun Winnetou die Hauptfigur. Er darf nicht nur mit einem Grizzly kämpfen, Felswände hochklettern und durch einen Höhlensee tauchen, sondern auch philosophisch-politische Statements abgeben und sich in die Häuptlingstochter Ribanna verlieben, der er jedoch im Interesse seiner Friedensmission schweren Herzens entsagen muss. In Nebenrollen treten zwei blauäugige Herren auf, die später im Italo-Western reüssieren: Mario Girotti (= Terence Hill) als feuriger Leutnant Merrill und Klaus Kinski als gewohnt bösartiger Hilfsschurke. „Beide Hauptfiguren sind zurückhaltend, natürlich, in keiner Weise überhöht, wenn auch psychologisch vereinfacht, eingesetzt. So kann man denn dieser beliebten Jugendunterhaltung (für Erwachsene ist das nichts, mit einem zünftigen Western hält dieser Film keinen Vergleich aus) allgemein seine Zustimmung nicht vorenthalten.“ (Rex, Evangelischer Filmbeobachter, Nr. 39, 1964). (jr)

am 20.1.2012 um 19.00 Uhr
am 28.1.2012 um 18.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Talpuk alatt fütyül a szél
Der Wind pfeift unter den Füßen

H 1976, R: György Szomjas, D: Djokó Rosić, István Bujtor, Irén Bordán, 95’ 35 mm, DF

Für seinen ersten Spielfilm recherchierte der Dokumentarist György Szomjas die Geschichte der Betyáren (ungarische Banditen des 19. Jahrhunderts) und fand dabei alle Zutaten für einen klassischen Western. Den Hintergrund lieferte eine historische Umbruchsituation in der ungarischen Puszta um 1830, in der mit den freien Viehhirten und den von der Regierung angesiedelten Bauern zwei Lebens- und Wirtschaftsformen um Land und Vorherrschaft konkurrierten. Den legendären Betyár Farkos Csapó Gyurka stilisiert Szomjas zum alternden Outlaw, der als Repräsentant einer untergehenden Zeit den Kampf gegen die Kultivierung des Weidelandes anführt. Seine Gegenspieler sind ein junger Revolverheld, der ihm die Geliebte ausspannt, und ein melancholischer Polizeikommissar, der sich dem Sozialrebellen weitaus verbundener fühlt als seinen Vorgesetzten aus der Stadt und doch widerstrebend deren Befehle ausführt.
Die stilisierte Bildästhetik, der getragene Erzählstil und die dokumentarisch anmutenden Schilderungen alter Sitten und Bräuche verleihen Der Wind pfeift unter den Füßen die Atmosphäre einer elegischen Volksballade: „Wie eine von Mund zu Mund weitergegebene Legende schaut sich das Leben und Sterben des Rebellen Gyurka an. Keine verlogene Pusztaromantik wird da serviert, sondern bis ins kleinste Detail ethnographisch exakt und national eigenständig erzählt.“ (Norbert Wehrstedt, Mitteldeutsche Neueste Nachrichten, 17.7.1977). (jr)

am 20.1.2012 um 21.00 Uhr
am 29.1.2012 um 19.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Winnetou III
BRD/YU/F 1965, R: Harald Reinl, D: Lex Barker, Pierre Brice, Rik Battaglia, Sophie Hardy, 93’ 35 mm

Der Film, der nicht nur die jungen Mädchen traumatisierte. Trotz dramatischer Appelle verzweifelter Bravo-Leser („Man muß verhindern, daß Winnetou III überhaupt gedreht wird, denn Winnetou darf nicht sterben!“) schickte Harald Reinl den Häuptling der Apachen getreu der literarischen Vorlage in sein letztes Abenteuer. Bereits zu Beginn von Todesahnungen geplagt, versucht Winnetou nur umso leidenschaftlicher, seiner Bestimmung gerecht zu werden und mit Hilfe seines Blutsbruders eine Versöhnung zwischen Indianern und weißen Siedlern herbeizuführen. Ihre Gegenspieler sind der finstere Spekulant Vermeulen und der Banditenführer Rollins, die Zwietracht zwischen den Indianerstämmen säen, sie heimlich mit Waffen und Alkohol beliefern und ihnen ihr Land abschwatzen. Im letzten Gefecht mit den Banditen und ihren Indianer-Verbündeten drohen die Apachen der Übermacht zu erliegen, doch in letzter Sekunde taucht die US-Kavallerie auf. Als Old Shatterhand die Soldaten warnen will, legt Rollins auf ihn an, doch Winnetou wirft sich in die tödliche Kugel.
Das Finale des Films sorgt für nasse Augen und feuchte Taschentücher: „Wenn die edle Rothaut vom Berge aus die Sonne hinter dem See versinken sieht, schmelzen die Herzen, die später mit tiefer Trauer erfüllt sind, als Winnetou unter den Hörnerklängen des Großen Zapfenstreichs sein Leben in die Hände des Gottes Manitou zurückgibt.“ (Wilhelm Bettecken, Film-Dienst, Nr. 44, 1965). (jr)

am 21.1.2012 um 19.00 Uhr
am 28.1.2012 um 20.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Lucky Luke
F 2009, R: James Huth, D: Jean Dujardin, Michaël Youn, Sylvie Testud, Daniel Prévost, 100’   Blu-ray, OmU

Der Mann, der schneller schießt als sein Schatten, aber nie einen Gegner tötet, ist eine Ikone der europäischen Popkultur. Seit 1946 persifliert die franko-belgische Comicserie mit französischem Esprit die Mythen des „Wilden Westens“ und zugleich die Klischees ihrer medialen Vermittlung. Halb liebevolle Hommage, halb skurrile Genreparodie ist James Huths Lucky Luke nach mäßigen Versuchen mit Terence Hill (1991) und Til Schweiger (2004) in der Hauptrolle der neueste Anlauf einer Realverfilmung.
Jean Dujardin – als Agent OSS 117 in französischen James Bond-Parodien populär geworden – muss sich als „lonesome Cowboy“ durch eine Geschichte schlagen, die nicht auf einen der Comic Strips zurückgreift, sondern den Geist der Vorlage neu interpretiert. Um den eindimensionalen Charakter des unverwundbaren, asexuellen Helden ohne Vergangenheit aufzubrechen, verpassen ihm die Autoren mit der Ermordung der Eltern vor seinen Augen ein quälendes Kindheitstrauma und lassen ihn durch eine Intrige in eine tiefe Identitätskrise geraten. Umsorgt von der lasziven Varietésängerin Belle und der raubeinigen Calamity Jane, deren erotische Avancen er naiv-hilflos zu parieren versucht, kommt Lucky Luke wieder auf die Beine und nimmt sich zusammen mit Billy the Kid und Jesse James den Erzschurken Pat Poker vor. Das aufwendige Leinwandspektakel lief bislang noch nicht in deutschen Kinos. (jr)

am 21.1.2012 um 21.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Beloje solnze pustyni
Weiße Sonne der Wüste

UdSSR 1970, R: Wladimir Motyl, D: Anatolij Kusnecov, Nikolaj Godovikov, Spartak Mishulin, Pavel Luspekaev, 85’ 35 mm, DF

Als 1962 in der Sowjetunion mit The Magnificient Seven ein Western in die Kinos kam, verfiel das Publikum in einen kollektiven Rausch der Begeisterung. Um den Enthusiasmus in ideologisch erwünschte Bahnen zu lenken und die Popularität des Genres zu nutzen, beschloss die sowjetische Führung die Produktion „heroischer Abenteuerfilme“, die die Erzählmuster des Western mit patriotischen Inhalten füllten und meist in der historischen Umbruchsituation nach dem russischen Bürgerkrieg spielten. In der Folge entstand in Usbekistan, Kasachstan and Kirgisistan ein Dutzend mittelasiatischer Eastern, in denen ein heldenhafter Rotarmist durch den von Revolutionswirren erschütterten „wilden Raum“ entlegener Republiken zieht; Nationalisten, Banditen oder religiöse Führer ausschaltet und den Einwohnern Zivilisation und eine neue sowjetische Ordnung bringt.
Beloe solnce pustyni ist eine komödiantisch getönte und zugleich ironisch gebrochene Variante dieser Produktionen. Der schweigsame Soldat Šukov, der eigentlich nur heimkehren möchte, erfüllt seine revolutionäre Pflicht recht unwillig und erinnert eher an die Protagonisten der Italo-Western. Die historischen Versuche, die zentralasiatische Kultur zu sowjetisieren, werden zwar auf humoristische Weise behandelt, erscheinen aber als tragischer culture clash, denn Šukov verlässt am Ende ein blutiges Schlachtfeld. (jr)

am 22.1.2012 um 21.00 Uhr
am 26.1.2012 um 20.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Gold in New Frisco
D 1939, R: Paul Verhoeven, M: Norbert Schultze, D: Hans Söhnker, Alexander Golling, Otto Wernicke, Ellen Frank, 97’ 35 mm

Gegen Ende der 1930er Jahre versuchte sich der NS-Film zeitweilig an der Adaption amerikanischer Genremodelle und ließ dabei auch den Western nicht aus. Im Vergleich zum reißerischen Hans Albers-Vehikel Wasser für Canitoga ist die raffiniert konstruierte Western-Komödie von Axel Eggebrecht und Ernst Hasselbach eher unbekannt. Als Ersatz für Albers, der auch für Gold in New Frisco zunächst für die Hauptrolle vorgesehen war, schwang sich Hans Söhnker in den Sattel, dessen ironisch-zurückhaltende Spielweise ohnehin besser zur entspannten Regie Paul Verhoevens passte.
Schauplatz ist das kanadische Städtchen New Frisco, in dem eines Tages der geheimnisvolle Frank Norton auftaucht. Als sich herausstellt, dass er in der Nähe ein Stück Land gekauft hat und dort mit Grabungen beginnt, bricht unter den Einwohnern ein Goldrausch aus, der auch den habgierigen Bankier Pepper erfasst. Es gelingt ihm, Norton das Land teuer abzukaufen, doch er findet kein Gold und muss statt dessen plötzlich um seine geschäftliche Existenz kämpfen. Die rätselhaften Aktivitäten des Fremden entpuppen sich als von langer Hand geplante Inszenierung. Aus der amüsanten Reflexion über die Macht der Gerüchte und die Verlockungen des schnellen Reichtums wird ein antikapitalistisches Lehrstück im Einklang mit der NS-Propaganda. (jr)

am 24.1.2012 um 20.00 Uhr
am 29.1.2012 um 21.00 Uhr

 

 

EUROPAS WESTERN
Potato Fritz / Zwei gegen Tod und Teufel
BRD 1976, R: Peter Schamoni, M: Udo Jürgens, D: Hardy Krüger, Stephen Boyd, Anton Diffring, Arthur Brauss, 94’ 35 mm

Keinen klassischen Western und auch keine Italo-Variante, sondern eine „Komödie im Western-Milieu“ aus europäischer Perspektive hatte Produzent und Regisseur Peter Schamoni im Sinn, als er im Herbst 1975 Potato Fritz in Montana und bei Madrid in Szene setzte. Das beachtliche Budget von drei Millionen Mark und die Besetzung der Hauptrollen mit dem deutschen Weltstar (und Co-Produzenten) Hardy Krüger sowie dem alternden Hollywood-Recken Stephen Boyd (Ben Hur) belegen, dass Schamoni dabei auch den internationalen Markt im Auge hatte.
An genretypischen Elementen mangelt es nicht: In den Rocky Mountains der 1850er Jahre wurde ein Goldtransport der US-Army überfallen, doch seitdem ist der Schatz verschollen. Ein Siedlertreck, der mit dem Gold Indianerland kaufen wollte, sitzt in einem kleinen Kaff fest, in dem sich auch Banditen auf der Suche nach dem Schatz eingenistet haben. Die Gegend wird von Indianern terrorisiert, deren Identität ebenso zweifelhaft ist wie die der skurrilen Hauptfigur. Hardy Krüger gibt in der Rolle des scheinbar harmlosen Kartoffelbauern Potato-Fritz zunächst den pazifistischen Anti-Westernhelden aus Preußen, darf beim Showdown dann aber ausgiebig zur Waffe greifen. In einer Nebenrolle erscheint als US-Sergeant im Afro-Look Fußballstar Paul Breitner, der damals bei Real Madrid spielte und in Potato Fritz ein paar (dialektbedingt nachsynchronisierte) Sätze aufsagen darf. (jr)

am 27.1.2012 um 21.00 Uhr
am 31.1.2012 um 20.00 Uhr

 

 

 

 

 
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