DIE WELT IN WAFFEN: STALINGRAD
DIE WELT IN WAFFEN – unter diesem Titel startet im Januar eine Filmreihe, die in unregelmäßiger Folge eine Geschichte des Zweiten Weltkriegs dies- und jenseits des 8. Mai 1945, der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht erzählt. In internationalen Filmprogrammen setzt sich DIE WELT IN WAFFEN mit der Vor- und Nachgeschichte des Kriegsendes in Europa auseinander. Dabei folgt sie weniger der Idee eines radikalen historischen Bruchs, als welcher die deutsche Kapitulation im öffentlichen Bewusstsein vor allem präsent ist. Vielmehr interessiert sich die Reihe für eine Zusammenschau von Konflikten, die mit der Niederlage der deutschen Wehrmacht und dem Ende des nationalsozialistischen Vernichtungsprogramms keineswegs gelöst waren und die die Geschichte Europas und der Welt auf unabsehbare Zeit prägten. Das erste Programm der Reihe widmet sich der Schlacht von Stalingrad und ihrer filmischen Geschichtsschreibung vor allem im westdeutschen und sowjetischen Kino. DIE WELT IN WAFFEN wird kuratiert von The Canine Condition.
DIE WELT IN WAFFEN: STALINGRAD
Why We Fight: The Battle of Russia
USA 1943, R: Frank Capra, Anatole Litvak, K: Robert Flaherty, Sprecher: Walter Huston, 83'
35 mm, OF
Der fünfte Teil von Frank Capras Why We Fight-Serie schlägt den Bogen vom Angriff auf die Sowjetunion bis zur Niederlage der deutschen 6. Armee in Stalingrad. Von den Zitaten des Vorspanns bis zur Darstellung der Kriegsanstrengungen ist der Film eine Eloge auf die Kampfkraft der sowjetischen Armee. Die Verzerrungen vor allem der Vorgeschichte des Angriffs, die Auslassung der sowjetischen Besetzung von Teilen Polens und des sowjetisch-finnischen Kriegs sowie die Darstellung der sowjetischen Gesellschaft brachten Capra unter den geänderten Vorzeichen des beginnenden Kalten Kriegs viel Kritik ein. Zum Zeitpunkt seiner Entstehung entsprach The Battle of Russia jedoch dem US-amerikanischen Wissen um die strategische Bedeutung der Sowjetunion für den Sieg über Deutschland und Japan. (ft)
Eröffnung der Filmreihe mit einer Einführung von Fabian Tietke
am 26.1.2013 um 19.00 Uhr
DIE WELT IN WAFFEN: STALINGRAD
Öffentliche Bilder des Vernichtungskriegs
Die Deutsche Wochenschau in den Wochen nach dem Überfall auf die Sowjetunion
Deutsche Wochenschau Nr. 566 (10.7.1941)
D 1941, 35‘
35 mm
Deutsche Wochenschau Nr. 567, Nr. 568, Nr. 570
D 1941, Ausschnitte
Mit dem Angriff auf die Sowjetunion am 22.6.1941 vergrößerte sich die Reichweite der deutschen Vernichtungspolitik schlagartig. Tausende jüdische Bürger der Sowjetunion fielen in den ersten Wochen dem Morden von Wehrmacht, Einsatzgruppen und SS im Hinterland des deutschen Vormarsches zum Opfer. Diese Verbrechen wurden von zahlreichen deutschen Soldaten fotografiert, ehe im August 1941 das Fotografieren verboten wurde. Neben der privaten Dokumentation des Vernichtungskriegs existierte in den ersten Wochen nach dem Angriff auf die Sowjetunion auch eine offizielle Berichterstattung. So brachten beispielsweise die Ausgaben der Deutschen Wochenschau die Mordtaten aus dem Hinterland der Front als Vorprogramme auf die deutschen Leinwände. (ft)
Einführung: Fabian Tietke
am 29.1.2013 um 20.00 Uhr
DIE WELT IN WAFFEN: STALINGRAD
Dvadtsat dney bez voyny
Twenty Days Without War
UdSSR 1976, R: Aleksej German, B: Aleksej German, Svetlana Karmalita, D: Yuri Nikulin, Lyudmila Gurchenko, 97'
35 mm, OmeU
Um die Jahreswende 1942/43, während des Kampfes um Stalingrad, fährt der Offizier Lopatin für zwanzig Tage ins Hinterland nach Taschkent, um einen Film zu drehen und ein paar Tage Urlaub zu machen. Lopatin (Yuri Nikulin) soll die Hinterlassenschaften eines Toten bei dessen Familie abliefern. Szenen wie Lopatins Begegnung mit einem Soldaten, der sich am Silvesterabend 1942 seine Kriegserlebnisse von der Seele redet, gehören zu den stärksten des Films. In ihnen verbindet sich Germans Verweigerung gegenüber einem statischen Heroismus mit der Darstellung der Narben des Krieges, die in Twenty Days Without War gerade wegen der weitgehenden Abwesenheit von Kriegsdarstellungen an Eindringlichkeit gewinnt. German adaptierte die gleichnamige Erzählung von Konstantin Simonow gemeinsam mit seiner Frau Svetlana Karmalita. Nach der Fertigstellung sollte der Film verboten werden. Doch dank einer Intervention Simonows, damals Sekretär des Schriftstellerverbands der UdSSR, konnte Twenty Days Without War doch freigegeben werden. (ft)
Einführung: Lukas Foerster
am 2.2.2013 um 21.00 Uhr
DIE WELT IN WAFFEN: STALINGRAD
Erinnerungsbetrieb Stalingrad
D 1993, R: Thomas Kufus, Konzept: Thomas Kufus, Volker Heise, K: Johann Feindt, Schnitt: Sybille Windt, 76'
Beta SP
Wie wenige andere Ereignisse des Zweiten Weltkriegs ist Stalingrad in den Jahren nach 1945 zu einem Kristallisationspunkt für Debatten über die politische Dimension nationaler Erinnerungskulturen geworden. 1993 realisierte Thomas Kufus anlässlich des 50. Jahrestags der deutschen Niederlage in Stalingrad einen Dokumentarfilm über die Auseinandersetzung mit diesem Wendepunkt des Zweiten Weltkriegs. Im Zentrum des Essays über den „Verlust der Geschichte im Gedenken“ (zero one film) stehen deutsche Medienbilder. (ft)
am 3.2.2013 um 21.00 Uhr
am 6.2.2013 um 20.00 Uhr
DIE WELT IN WAFFEN: STALINGRAD
Unruhige Nacht
BRD 1958, R: Falk Harnack, B: Horst Budjuhn, D: Bernhard Wicki, Ulla Jacobsson, Hansjörg Felmy, 102' 35 mm
Während des Russlandfeldzugs, die letzte Nacht vor dem Aufbruch nach Stalingrad. Weil der eigentlich zuständige Militärpfarrer gerade wegen „defätistischer Äußerungen“ entlassen worden ist, wird ein Militärpfarrer der nächstgelegenen Einheit angefordert. Er soll einem wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilten Gefreiten Bestand leisten. Gegen die Widerstände der Wehrmacht beginnt der Geistliche, die Motive des Gefreiten zu ergründen.
Vor dem Hintergrund der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik hatten die Produzenten Hans Abich, Walter Koppel und Günther Stapenhorst ein Plädoyer für die Gewissensfreiheit im Sinn. Den Regisseur Harnack dürfte an dem Stoff nicht zuletzt die zentrale Rolle des Deserteurs gereizt haben. Im Sommer 1943 war Harnack selbst desertiert und hatte in Griechenland das Antifaschistische Komitee Freies Deutschland (AKFD) mit gegründet. Wie sehr der „Anti-Hurra-Film“ (Spiegel 43/1958) vom bundesdeutschen Mainstream abwich, verdeutlicht eine Anekdote zum U-Boot-Film U 47 – Kapitänleutnant Prien des ehemaligen Riefenstahl-Assistenten Harald Reinl. Reinls Film lief wenige Wochen vor dem Start von Unruhige Nacht in den Kinos an und erntete Proteste von unerwarteter Seite. Die im Film porträtierten U-Bootleute wollten nicht als Antifaschisten wahrgenommen werden (Filmkritik 11/58). (ft)
Einführung: Fabian Tietke
am 5.2.2013 um 20.00 Uhr |