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Die Verbindung zu Heinrich Hoffmann und später zur Wehrmacht hatte jedoch auch ihre Vorteile für den Raumbild-Verlag und dessen Überleben während des Krieges. So gelangten die von den Propaganda-Kompanien des Heeres, der Luftwaffe und der Marine angefertigten Stereoaufnahmen zu ihm. Außerdem konnten, als im Inland Papier und Druckkapazitäten knapp wurden, Aufträge ins besetzte Frankreich verlagert werden, zum Teil auf illegalen Wegen. /36/

Im April 1942 wurde der Verlag als "Wehrwirtschaftsbetrieb" anerkannt und konnte Mitarbeiter UK (unabkömmlich) stellen und so vor dem Einsatz an der Front bewahren. /37/ Und als dann nach der Katastrophe von Stalingrad in den ersten Wochen des Jahres 1943 Joseph Goebbels den "totalen Krieg" ausrief und als Folge davon zahlreiche Betriebe geschlossen werden mussten, um deren Arbeitskräfte entweder für den Frontdienst oder für die Rüstungsproduktion verfügbar zu machen, wurde der Raumbild-Verlag auf Fürsprache der Wehrmacht von dieser Stilllegungsaktion ausgenommen. /38/ Als im gleichen Jahr die Luftangriffe auf München immer häufiger erfolgten, wurde der Verlag sogar als "kriegswichtiger Betrieb" nach Oberaudorf am Inn "ausgelagert" (Abb. 5). Verwaltung und Vertrieb kamen im Café Schwarzenberg in der Rosenheimer Straße (Abb. 6 und Abb. 7) unter, das Fotolabor im Gasthaus Suppenmoser in der Kufsteiner Straße (heute Alpen-Hotel). Dort arbeiteten sie bis Kriegsende im Mai 1945. Da wurden dann schnell noch die Bände von den Reichsparteitagen im Heizkessel verbrannt, und die Mitarbeiter wunderten sich, warum trotz sommerlicher Temperaturen die Heizkörper plötzlich warm waren. /39/

Die Besetzung Oberaudorfs durch die amerikanischen Truppen überstanden Schönstein und seine Mitarbeiter unbeschadet. Sie mussten dann zwar das Café Schwarzenberg für die amerikanische Besatzungsmacht räumen, fanden aber im Gasthof zur Post eine neue Unterkunft. Das Labor konnte bei Suppenmoser verbleiben. Das Wichtigste für Schönstein war, dass es ihm gelang, sein Bildarchiv unbeschädigt und ohne größere Verluste über die Kriegs- und Nachkriegswirren hinüberzuretten und es auch dem Zugriff der Besatzungsmacht, die offenbar danach suchte, zu entziehen. So war man in der Lage, mit Hilfe einflussreicher Freunde bereits nach kurzer Zeit wieder Raumbild-Serien und -Kassetten herzustellen, nun vor allem für die Angehörigen der amerikanischen Besatzungsmacht. Die Stereobilder wurden deshalb entweder mit englischen oder mit englischen und deutschen Texten versehen. Wegen seiner politischen Vergangenheit konnte Schönstein allerdings zunächst nicht als Verleger in Erscheinung treten. Er verpachtete seinen Verlag an die Firma "Raumbild-Werkstätte Braun & Wiesengrund". /40/ Veröffentlichungen erschienen unter diesem Namen (siehe zum Beispiel [4.1] /41/) oder auch ohne jede Verlagsangabe (siehe [4.2] bis [4.9]). Noch 1949 stand der Betrieb unter Treuhänderschaft. /42/ Vermutlich, um sich der Entnazifizierung zu entziehen, zog Schönstein vorübergehend ins Saargebiet, das 1946 aus der französischen Besatzungszone ausgegliedert worden war, damit nicht mehr dem Alliierten Kontrollrat unterstand und erst 1957 zur Bundesrepublik kam. In den Jahren 1949 und 1950 war der Raumbild-Verlag in Saarbrücken angemeldet. Bücher und Werbeschriften aus dieser Zeit (siehe [2.31] und [2.32] sowie Abb. 8) geben auch Saarbrücken als Verlagsort an.

   
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