Erich Hilgenfeldt 1897-1945

NS-Politiker, SS-Führer

  • 1897
    2. Juli: Georg Paul Erich Hilgenfeldt wird in Heinitz, Kreis Ottweiler im Saargebiet, als Sohn des Bergmeisters Max Hilgenfeldt und seiner Frau Maria (geb. Fritz) geboren. Er wächst mit vier Geschwistern auf.
    Er besucht die Oberrealschule in Saarbrücken und die pietistischen Franckeschen Stiftungen in Halle/Saale. Diese verlässt er nach der Obersekunda.
  • 1914
    16. August: Nach Tätigkeiten in der Landwirtschaft meldet sich Hilgenfeldt zu Beginn des Ersten Weltkriegs als Freiwilliger.
    Ab 12. November: Einsatz an der Ostfront.
  • 1915
    Oktober: Ernennung zum Leutnant der Reserve.
  • 1916/17
    Er ist Batterie- und Ordonnanzoffizier.
  • 1917
    Hilgenfeldt meldet sich bei der Fliegerabteilung und wird dort als Beobachter ausgebildet.
  • 1918
    April: Er wird als Fliegerbeobachter an der Westfront tätig.
    Bei Kriegsende ist er Träger des Eisernen Kreuzes I. und II. Klasse, des Frontkämpferehrenabzeichens und des Abzeichens für Beobachtungsoffiziere.
  • 1919
    Hilgenfeldt scheidet aus dem Heer aus und nimmt seine Tätigkeit in der Landwirtschaft wieder auf.
  • 1920
    Hilgenfeldt studiert ein Semester an der landwirtschaftlichen Hochschule in Halle/Saale.
    Nach dem Abbruch seines Studiums beginnt er eine kaufmännische Lehre in der Holz- und Ziegelindustrie und arbeitet fortan als Kaufmann.
  • 1922
    24. April: Heirat mit Marie-Charlotte Köhler. Aus der Ehe gehen zwei Söhne hervor.
  • 1923-1927
    Hilgenfeldt arbeitet als Leiter in Betrieben der Steine und Erden.
  • 1923-1928
    Mitglied des rechtskonservativen Nationalverbands Deutscher Offiziere.
  • 1925-1929
    Mitglied des Stahlhelm in der von ihm mitgegründeten Ortsgruppe Zehdenick.
  • 1928-1933
    Hilgenfeldt ist Angestellter des Statistischen Reichsamts in Berlin, Abteilung Allgemeine Wirtschafts- und Konjunkturstatistik. Durch diese Tätigkeit kommt er nach eigenen Angaben mit der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) in Berührung und stellt einen Aufnahmeantrag.
  • 1929
    1. August: Er wird unter der Nummer 143.642 Mitglied der NSDAP.
  • 1929-1932
    Mitglied der Reserve der Sturmabteilung (SA).
  • 1930
    Straßenzellenleiter und stellvertretender Ortsgruppenleiter.
  • 1931
    Bezirkspropagandaleiter.
  • 1932
    24. April: Hilgenfeldt zieht nach der Landtagswahl in Preußen, bei der die NSDAP mit 36,3 Prozent der Stimmen stärkste Fraktion wird, in den Preußischen Landtag ein.
    Oktober: Kreisleiter.
  • 1933
    Frühjahr: Nach der Machtübernahme der NSDAP wird er Leiter der NS-Volkswohlfahrt (NSV) im NSDAP-Gau Groß-Berlin. Im NS-Regime beansprucht die NSV die Hoheit über den gesamten Wohlfahrtsbereich.
    20. April: In Berlin organisiert Hilgenfeldt sehr erfolgreich die "Adolf-Hitler-Geburtstagsspende".
    Mai: Adolf Hitler erkennt in einem Führererlass Hilgenfeldts NSV als "Organisation innerhalb der Partei für das Reich" an und bescheinigt ihr die Zuständigkeit für alle Fragen der Volkswohlfahrt und der Fürsorge.
    Juli: Die Gleichschaltung der freien Wohlfahrtsverbände unter Hilgenfeldts Führung beginnt. Sein Ziel ist die Konzentration der gesamten Wohlfahrtspflege in einem Verband. Als erster Schritt dorthin wird die "Deutsche Liga der freien Wohlfahrtspflege" in "Reichsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege Deutschlands" (RG) umbenannt. Damit soll das Ende der "Systemzeit" der Weimarer Republik demonstriert werden.
    Sommer: Hilgenfeldt wird Reichsbeauftragter für das neu gegründete Winterhilfswerk (WHW), mit dessen Errichtung ihn Joseph Goebbels beauftragt hat. Dieses baut er innerhalb weniger Wochen erfolgreich auf. Mit Eintopfsonntagen, Sammlungen und Geldspenden unterstützt das WHW Bedürftige. Dabei werden diejenigen ausgeschlossen, die nicht zur Volksgemeinschaft gehören.
    12. November: Nach der Reichstagswahl mit NSDAP-Einheitslisten wird Hilgenfeldt Mitglied des Reichstags.
  • 1934
    Januar: Das "Hauptamt für Volkswohlfahrt" bei der Reichsleitung der NSDAP wird gegründet. Die NSV wird in dieses Hauptamt eingegliedert, Hilgenfeldt leitet beide in Personalunion.
    Er wird außerdem Leiter im Hauptamt NS-Frauenschaft (NSF) bei der Reichsleitung der NSDAP. Dies macht ihn zum Dienstvorgesetzten von Gertrud Scholtz-Klink, der Reichsführerin der NSF und Leiterin des Deutschen Frauenwerks.
    Rudolf Heß beauftragt Hilgenfeldt mit der "Bildung einer einheitlichen Schwesternschaft". Ziel ist dabei einerseits die Zusammenfassung aller Schwestern in einem Verband, andererseits die Verdrängung der konfessionellen Schwestern aus dem öffentlichen Leben. Im Rahmen des Kirchenkampfs soll dies dazu beitragen, die Verankerung der Kirchen und der christlichen Moral im Volk zu zerstören.
    März: Hilgenfeldt treibt die Gleichschaltung der Wohlfahrtsverbände weiter voran, indem er die "Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege" (AGdfW), die die RG ersetzt, ins Leben ruft. Die Satzung bestimmt den Zusammenschluss der Wohlfahrtsverbände unter Führung der NSV. Hilgenfeldt selbst übernimmt die Leitung der AGdfW und hat damit ein Instrument zur Bevormundung ihrer Mitglieder in der Hand.
  • 1936
    3. Oktober: Er gründet den "Reichsbund der freien Schwestern und Pflegerinnen" (RBdfS), in dem bis dahin nicht oder in freien Verbänden organisierte Pflegerinnen zwangsweise zusammengefasst werden.
    Er übernimmt die Leitung des "Fachausschusses für Schwesternwesen" in der AGdfW. Damit koordiniert er die NS-Schwesternschaft, den RBdfS, die Schwestern des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) sowie die evangelischen und katholischen Schwesternschaften.
    9. November: Hitler verleiht Hilgenfeldt für sein besonderes Verdienst um die nationalsozialistische Bewegung und die Erreichung ihrer Ziele das "Goldene Ehrenzeichen der Bewegung".
  • 1937
    Juni: Hermann Göring ernennt Hilgenfeldt zum "Reichsbeauftragten für die Erfassung der Küchen- und Nahrungsmittelabfälle". Im Rahmen der Bemühungen um Autarkie werden Sammelstellen für nicht verwertete Nahrungsmittelabfälle der Küchen und Kantinen errichtet. Mit den Abfällen sollen jährlich eine Million Schweine zusätzlich gemästet werden.
    9. November: Hilgenfeldt tritt der Schutzstaffel (SS) im Rang eines Oberführers bei.
    18. Dezember: Mit einem Abkommen zwischen dem DRK und der NSV, in dem sämtliche nicht unmittelbar mit möglichen Kriegsaufgaben des DRK in Verbindung stehenden Einrichtungen der NSV überlassen werden, versucht Hilgenfeldt, das DRK aus der Sozialarbeit zu drängen. Wegen der unzureichenden personellen Ausstattung der NS-Schwesternschaft müssen die Rotkreuz-Schwestern aber weiterhin ihren Dienst tun.
    Hilgenfeldts Söhne besuchen die nationalpolitische Erziehungsanstalt (NAPOLA) in Naumburg.
  • 1938
    Hilgenfeldt versucht mit einer großangelegten Werbekampagne, bei der NS-Schwestern, der RBdfS und DRK-Schwestern hervorgehoben werden, dem Schwesternmangel zu begegnen. Damit wird die Entkonfessionalisierung des öffentlichen Lebens vorangetrieben.
    28. September: Das im wesentlichen von Hilgenfeldt mitgestaltete "Reichsgesetz zur Ordnung der Krankenpflege" zwingt die Schulen der konfessionellen Verbände zur Ausbildung von NS-Schwestern.
  • 1939
    Hilgenfeldt wird SS-Brigadeführer.
  • 1940
    16. März: Hilgenfeldt löst die AGdfW auf, nachdem Bestrebungen der Inneren Mission bekannt geworden sind, sich in die Deutsche Evangelische Kirche einzugliedern. Er nimmt den freien Wohlfahrtsverbänden damit die letzte Garantie ihrer organisatorischen Eigenständigkeit. Wegen des Kriegs wagt er es aber nicht, diese Verbände der NSV einzuverleiben.
    Nach fünfjähriger Trennung lässt er sich von seiner Frau scheiden und heiratet die aus Wien stammende Leopoldine Slatinschek.
  • 1942
    Hilgenfeldt wird Leiter des "NS-Reichsbunds Deutscher Schwestern", in dem er die RBdfS- und die NS-Schwestern zusammenfasst und damit etwa 40.000 Schwestern einheitlich organisiert. Der Abstand zu den 120.000 Schwestern der konfessionellen Verbände bleibt dennoch zu groß.
    Beförderung zum SS-Gruppenführer.
    Ehrenamtlicher Richter beim Obersten Ehren- und Disziplinarhof der Deutschen Arbeitsfront (DAF).
  • 1943
    November: Hilgenfeldts Sohn Reinhard, "stolz und froh" über seinen Kriegseinsatz, wird in Italien bei einem Fliegerangriff getötet. Hilgenfeldt teilt daraufhin Heinrich Himmler mit: "Ich bin stolz auf diesen, meinen Sohn. Auf sein Leben und auf sein Sterben. Wir müssen leben und kämpfen, damit unsere Toten leben".
  • 1944
    Hilgenfeldt wird das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern verliehen.
  • 1945
    Während der Kämpfe um Berlin begeht Erich Hilgenfeldt mit den im Hauptamt für Volkswohlfahrt noch verbliebenen höheren NSV-Funktionären vermutlich Selbstmord. Seine Frau vergiftet sich in seiner Villa.
  • 1957
    Seine Schwester Hedwig Hilgenfeldt lässt ihn offiziell für tot erklären. Das Standesamt Berlin-Charlottenburg beurkundet seinen Todestag auf den 25. April 1945.
Klaus Weber
14. September 2014

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