Helmuth James Graf von Moltke 1907-1945

Jurist

  • 1907
    11. März: Helmuth James Graf von Moltke wird als erster Sohn des Gutsbesitzers und Mitglieds des Preußischen Herrenhauses Graf Helmuth von Moltke und dessen Ehefrau Dorothy (geb. Lady Rose-Innes), der Tochter des Obersten Richters der Südafrikanischen Union, auf dem Familiengut Kreisau (Schlesien, heute: Polen) geboren. Seine Eltern sind Anhänger der pazifistischen Religionsgemeinschaft "Christian Science".
  • 1907-1923
    Moltke verbringt seine Kindheit mit fünf Geschwistern auf dem Familiengut und in Berlin.
  • 1923-1925
    Er besucht das Landerziehungsheim Schondorf am Ammersee und das Realgymnasium in Potsdam.
    In den Ferien hält Moltke sich mehrmals in Großbritannien auf.
  • 1927-1929
    Jurastudium in Breslau, Heidelberg, Berlin und Wien.
  • 1927
    Moltke bittet Gerhart Hauptmann und Heinrich Brüning um Unterstützung eines von ihm geplanten Lagers, das junge Akademiker und junge Industriearbeiter durch gemeinsame Arbeit zusammenführen soll.
  • 1928
    Organisation und Durchführung des ersten Lagers bei Breslau mit etwa 100 Teilnehmern.
    Moltke legt sein Referendarsexamen ab.
  • 1929
    Er übernimmt die Leitung des Guts Kreisau. Auf dem erheblich verschuldeten Familiengut mit 486 Hektar sind etwa 60 Personen beschäftigt.
  • 1931
    Nachdem sich die wirtschaftliche Lage des Besitzes gebessert hat, geht Moltke zur Fortsetzung seiner Ausbildung nach Berlin.
    Oktober: Heirat mit der Jurastudentin Freya Deichmann, der Tochter eines Kölner Bankiers. Aus der Ehe gehen zwei Söhne hervor.
    Moltke arbeitet als Referendar in Berlin. Seine Ehefrau setzt ihr Studium fort, das sie mit der Promotion abschließt.
  • 1934
    Moltke besteht das Assessorexamen.
    Mehrmonatiger Besuch bei seinen Großeltern in Südafrika.
  • 1935-1938
    Er verzichtet auf die Richterlaufbahn, da er nicht Mitglied der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) werden will.
    Moltke bearbeitet in dem von ihm in Berlin eröffneten Anwaltsbüro primär Fragen des Völkerrechts und des internationalen Privatrechts.
    Er hält sich wiederholt in Großbritannien auf.
  • 1938
    Moltke wird Teilhaber eines größeren Berliner Anwaltsbüros.
    Er legt in Großbritannien seine letzten juristischen Examina ab und wird damit zugleich auch Barrister (englischer Rechtsanwalt).
    Erstes Zusammentreffen mit dem Juristen Peter Yorck Graf von Wartenburg.
  • 1939
    Moltke kritisiert in seinen Notizen den dirigistischen und zentral lenkenden NS-Staat. Er plädiert für kleinere Einheiten wie Landgemeinde, Kreis, Stadt und Provinz, in denen das Prinzip der Selbstverwaltung realisiert werden soll.
  • 1939-1944
    Kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wird Moltke zum Kriegsverwaltungsrat ernannt. Er ist als Sachverständiger für Kriegs- und Völkerrecht im Amt Ausland/Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) in Berlin tätig.
    Moltke nutzt seine Stellung zum individuellen Widerstand gegen das NS-Regime. Er unterstützt die Flucht von Verfolgten, verhindert die Erschießung von Geiseln und die Misshandlung von Kriegsgefangenen. Moltke nützt seine Dienstreisen in das Ausland zur Anknüpfung und Festigung von Verbindungen des Widerstands.
  • 1940
    Er intensiviert seine Bekanntschaft mit Yorck. In kleinem Kreis diskutieren sie über einen gerechten Staat als "Hüter der Freiheit und des Einzelmenschen".
  • 1940-1944
    Zu der Widerstandsgruppe um Moltke und Yorck, die später von der Geheimen Staatspolizei als "Kreisauer Kreis" bezeichnet werden wird, gehören u.a. Carlo Mierendorff, Adolf Reichwein, Horst von Einsiedel (1906-1944), Adam von Trott zu Solz, Hans Bernd von Haeften (1905-1944) und Theodor Haubach (1903-1945).
  • 1940-1943
    Der Kreisauer Kreis plant weniger den organisierten Kampf zur Zerstörung des NS-Staates, sondern beschäftigt sich primär mit der Vorbereitung für die Zeit nach dem Sturz der Diktatur Adolf Hitlers. Die Mitglieder des Kreises hoffen auf einen Staatsstreich der Militärs.
  • 1941
    Im Laufe des Jahres finden zahlreiche Versammlungen des Kreises in kleineren Gruppen statt. Je nach der von Moltke festgelegten Zusammensetzung der Zirkel wird über die verschiedenen Politikbereiche wie Verfassung, Recht, Außen-, Kultur-, Wirtschafts- und Sozialpolitik diskutiert.
    Moltke nimmt Kontakt zu Generaloberst a.D. Ludwig Beck sowie zu dessen Nachfolger General Franz Halder und zu Carl Friedrich Goerdeler auf.
  • 1942/43
    Drei Beratungen der Kreisauer Gemeinschaft finden auf dem Familiengut Moltkes in größerem Kreis statt.
  • 1943
    Moltke zieht nach der Ausbombung seiner Berliner Wohnung zu Yorck in die Berliner Hortensienstraße.
    Er fasst gemeinsam mit Yorck die drei Diskussionen über eine zukünftige Staatsform in den programmatischen Dokumenten zusammen: "Grundsätze für die Neuordnung", Richtlinie für die "Bestrafung von Rechtsschändern" und "Erste Weisung an die Landesverweser". Die "Grundsätze" propagieren eine Staatsform im Geiste des Christentums, in deren Mittelpunkt Arbeiterschaft und Kirche stehen sollen.
    Die Mitglieder des Kreisauer Kreises erfahren von Attentatsplänen der Offiziersgruppe um Friedrich Olbricht und Claus Schenk Graf von Stauffenberg.
    Moltke revidiert angesichts der zunehmen Verbrechen des NS-Regimes seine ablehnende Haltung gegenüber einem Attentat auf Hitler. Bisher begründete er seine Ablehnung ethisch-religiös und wies auf die Gefahr der Heraufbeschwörung einer neuen Dolchstoßlegende hin.
  • 1944
    18. Januar: Moltke wird von der Schutzstaffel (SS) festgenommen. Der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) war bekannt geworden, dass er zuvor seinen Freund Otto Carl Kiep (1886-1944) vor dessen drohender Verhaftung gewarnt hatte.
    ab Februar: Moltke wird im Konzentrationslager (KZ) Ravensbrück gefangengehalten. Er soll zunächst nicht verurteilt, sondern lediglich als "pflichtvergessener Beamter" strafversetzt werden. Moltke erhält Besuche von seiner Frau, ihm werden Akten aus dem Amt zur Bearbeitung überbracht, und er trägt Zivilkleidung.
    August: Im Zusammenhang mit dem Attentat vom 20. Juli 1944 wird Moltke vernommen, ohne dass die Gestapo bereits Näheres über seine Kenntnisse weiß.
    Seine Ehefrau richtet ein Gnadengesuch an Heinrich Himmler, das abgelehnt wird.
  • 1945
    Januar: Moltke wird gemeinsam mit Eugen Gerstenmaier und weiteren Mitgliedern des Kreisauer Kreises vor dem Volksgerichtshof angeklagt.
    Der Richter Roland Freisler verkündet Moltkes Todesurteil wegen Hochverrats. Da ihm keine Beteiligung am Attentat nachgewiesen werden kann, wird ihm vor allem seine christliche Grundhaltung zur Last gelegt.
    23. Januar: Helmuth James Graf von Moltke wird in Berlin-Plötzensee durch den Strang hingerichtet.
  • 1991-1995
    Veröffentlichung der Korrespondenz zwischen Moltke und seiner Ehefrau Freya in zwei Bänden.
  • 1997
    Freya von Moltke publiziert ihre "Erinnerungen an Kreisau 1933-1945".
Susanne Eckelmann
14. September 2014

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