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E I S E N K L E I D E R

Plattnerarbeiten aus drei Jahrhunderten aus der Sammlung des Deutschen Historischen Museums

 

EINLEITUNG

 

"Eisenkleider" lautet das Thema dieser Ausstellung und in der Tat handelt es sich hier um dem menschlichen Körper angepaßte eiserne Schöpfungen, die den Vergleich mit Kleidern aus textilem Material nahelegen. Im Feld- und Turnierkampf sollte der Harnisch seinen Träger nicht nur schützen, sondern auch durch kunstvolle modische Gestaltung hervorheben. Drei Jahrhunderte umfaßte die Epoche der Harnische. Es ist die Zeit vom 15. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts. Danach kamen die "Eisenkleider" durch den Wandel der Kriegstechnik außer Gebrauch.

Die Ausstellung folgt zwar den wesentlichen Stationen der Plattnerkunst, sie ist aber keine umfassende Darstellung zur Entwicklungsgeschichte der Harnische. Vielmehr kam es darauf an, die traditionsreiche Sammlung des Zeughauses, ergänzt durch einige Erwerbungen des "Deutschen Historischen Museums", einer interessierten Öffentlichkeit vorzustellen. Um den Charakter des jetzt vorhandenen Bestandes zu erhalten, wurde auf Leihgaben, die das Thema hätten ergänzen können, bewußt verzichtet.

Die meisten der hier ausgestellten Waffen und Rüstungen sind mit der Geschichte des Zeughauses unmittelbar verbunden. Im 18. Jahrhundert war es das größte Waffendepot in Preußen. Den Charakter einer Schausammlung erhielt das Zeughaus erst, nachdem König Friedrich Wilhelm III (1797-1840) aus der Kunstkammer und den Schlössern zahlreiche historische Waffen und Rüstungen dem Bestand hinzufügte.

Eine wesentliche Erweiterung erfuhr das Haus durch den Ankauf der Sammlung des Prinzen Carl von Preußen im Jahre 1883. So kamen über eintausend Waffen, überwiegend aus dem 15. und 16. Jahrhundert in den Bestand. In den folgenden Jahrzehnten wurde die Waffensammlung durch gezielte Erwerbungen zu einer der bedeutendsten in Europa (Abb. I). Im und nach dem Zweiten Weltkrieg erlitt die Zeughaussammlung große Verluste. Die in zahlreiche Orte ausgelagerten Bestände wurden entweder durch Kampfhandlungen zerstört, geplündert, oder von den Besatzungstruppen beschlagnahmt. Dank der Rückgabe von Kulturgut durch die UdSSR im Jahre 1958 erhielt das Berliner Zeughaus einen Teil seiner Waffen, Rüstungen und Uniformen zurück. Allerdings befinden sich noch heute, neben anderen musealen Objekten, Harnische der Kurfürsten und Markgrafen Brandenburgs im Staatlichen Historischen Museum in Moskau.

Umfangreiche, Ende November 1944 nach Graudenz verlagerte Bestände - darunter Feld- und Turnierrüstungen aus bedeutenden deutschen Plattnerwerkstätten - gelangten nach 1945 in das Museum der polnischen Armee in Warschau.

Besonders schmerzlich sind die Verluste bei auseinandergerissenen Ensembles. Zum Roßharnisch des Herzogs Friedrich II. von Liegnitz und Brieg, der in unserer Sammlung verblieben ist, gehört ein Mannsharnisch. Als Garniturstück bildet er mit dem Roß- harnisch in der Gestaltung und Verzierung eine Einheit. Dieser sogenannte Faltenrockharnisch, ein seltenes Beispiel für den plastischen Stil der Frührenaissance, befindet sich leider im Staatlichen Historischen Museum in Moskau (Abb. II).

Zu den kunstvollen Arbeiten Peter von Speyers für den kurbrandenburgischen Hof gehörte der Harnisch für den Kurfürsten Joachim II. (Abb.III). Er erlitt das gleiche Schicksal. Zusammen mit dem Trabharnisch König Franz I. von Frankreich, vermutlich eine Arbeit des Innsbrucker Plattners Jörg Seusenhofer (Abb. IV), ist er heute ebenfalls in jener Sammlung in Moskau.

Während die in Moskau verbliebenen Rüstungen in den Depots lagern, können die in Graudenz sichergestellten Museumsgüter im Armeemuseum in Warschau besichtigt werden, so z. B. eine gebläute und mit vergoldeten Ätzungen verzierte Rüstung des Augsburger Plattners Anton Peffenhauser. Sie war ein Geschenk der brandenburgischen Kurfürsten Sophie an ihren Gemahl Christian von Sachsen (Abb. V). Wieder eingegliedert in die Sammlung wird hingegen in Kürze der Turnierharnisch des Markgrafen Georg Friedrich von Brandenburg-Ansbach und Bayreuth (1539-1603). Er befand sich unter der von den amerikanischen Besatzungstruppen abtransportierten Zeughaussammlung. Aufbewahrt werden diese Objekte zur Zeit im Kunstgewerbemuseum und im Jagdschloß Grunewald.

An der Ausstellung haben viele mitgewirkt. Unser herzlicher Dank gilt zunächst Prof. Dr. Hartmut Boockmann (Göttingen), einem profunden Kenner der mittelalterlichen Geschichte. Dank schulden wir auch Herrn Dr. Müller für seine wertvollen Vorschläge bei der Lösung waffenkundlicher Probleme. Weitere Unterstützung fanden wir bei Klaus-Peter Merta und Rainer Wiehagen. Wesentlichen Anteil an der Realisierung der Ausstellung haben die Gestalter Klaus-Jürgen Sembach und Peter Hoffmann, deren Ideen und praktischen Lösungen die Arbeit bereicherten.

Christoph Stölzl
Gerhard Quaas

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