Wie die DDR auf den Besuch von Kennedy
reagierte
2. Gegenpropaganda der DDR im
Westen
2.1.Flugblätter
Die Gegenpropaganda der DDR beschränkte
sich nicht nur auf Zeitungen.
Die SED verteilte direkt in Westberlin kleine Handzettel.
Leihgeber: Landesarchiv
Berlin
Beide Zettel gaben dem Wunsch der DDR-Führung
nach einer Statusänderung Westberlins in eine "freie"
Stadt Ausdruck. Diese Statusänderung hätte den
Abzug der Alliierten und den Verzicht auf die weiterhin
bestehende Kontrolle der Stadt bedeutet.
Dieser Wunsch dominierte die ostdeutsche Berlin-Politik
seit der Luftbrücke 1948. Auch 1958, von sowjetischer
Seite durch eine diplomatische Note nochmals verstärkt,
war der Status Berlins Anlass zu heftigen Auseinandersetzungen,
die 1961 schließlich zur Berlin-Krise und dem Mauerbau
führten.
Durch den Rückzug der Alliierten wäre Westberlin
über kurz oder lang in die DDR eingegliedert worden.
Mit der Referenz zu Kuba wurde auf die missglückte
Invasion der Schweinebucht 1961 angespielt, in der die Amerikaner
versuchten, das kommunistische Regime unter Fidel Castro
zu stürzen. Der Handzettel forderte nun von den USA,
sich nicht länger in die Angelegenheiten anderer Länder
einzumischen - weder in der Karibik noch in Europa.
2.2. Appell an Kennedy
Mit dem selben Ziel richtete der 1. Sekretär
des Vorstandes der SED- Westberlin, Gerhard Danelius, am
25.6.1963 einen offenen Brief an Kennedy, der in der Tagespresse
abgedruckt wurde.
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Im Sinne des Friedens, der Sicherheit
und der Entspannung bat er den Präsidenten, einen
Friedensvertrag mit beiden deutschen Staaten zu unterzeichnen
und der Umwandlung Westberlins in eine (von der Besatzung)
freie und neutrale Stadt zuzustimmen.Er erhoffte sich
damit neben einer späteren Eingliederung des
westlichen Teils Berlins in die DDR einen Schritt
hin zur völkerrechtlichen Annerkennung der DDR.
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Gleiches hatte am 15.Juni bereits Lothar Bolz,
DDR-Außenminister, in einer Fernsehansprache getan.
Die Auswirkung der beiden Aktionen war jedoch beschränkt;
weder von den westlichen Medien noch von der Politik wurden
die Vorschläge ernsthaft berücksichtigt.
2.3.Überflugrechte
Wie aus amerikanischen Dokumenten vom Mai
1963 hervorgeht, gab es auf Seiten der DDR Überlegungen,
Präsident Kennedy die Überflugrechte über
die DDR zu verweigern, um seinen Berlin-Besuch zu vereiteln.
Die Russen hätten dies jedoch nicht zugelassen. Ihr
Hinweis auf das Recht des freien Zugangs nach Westberlin
über einen schmalen Luftkorridor hätte die DDR
letztlich von der Luftraumsperrung abgehalten, meldeten
westliche Geheimdienstquellen.
Wie sich die Russen hingegen zu dem Besuch des Bundeskanzlers
Konrad Adenauer, der Kennedy nach Westberlin begleiten sollte,
verhalten würden, blieb zu diesem Zeitpunkt fragwürdig.
Da Westberlin nach dem Verständnis der Westallierten
und der Sowjetunion keinen Teil des offiziellen Staatswesens
der Bundesrepublik bildete, stellte Adenauers Besuch in
Berlin aus DDR-Perspektive eine Provokation dar.
Autorin: Lena Domröse