|
An der Mauerstraße stand früher die böhmisch-lutherische Bethlehemskirche (erbaut 1735-1737). Heute findet man nur noch ihre in den Boden eingelegten Umrisse. Der Prediger dieser Kirche, Jan Jenik, oder wie ihn die Deutschen nannten, Johannes Jänicke, stammte aus einer Familie von böhmischen Religionsflüchtlingen, die in Folge der Gegenreformation ins tolerante Preußen geflohen waren. Seit 1800 unterhielt er in seinem Pfarrhaus ein Missionsseminar, aus dem viele bekannte Missionare hervorgingen.
Zwei von ihnen, die beiden Brüder Abraham und Christian Albrecht, gründeten 1805 die Missionsstation Warmbad im südlichen Namibia. Ein anderer Absolvent des Jänickeschen Missionsinstituts war der Missionar Johann Leonhardt Ebner. Er schilderte später, was man dort lernte:
„Wir erhielten Unterricht in der deutschen, lateinischen, englischen und kurz vor unserer Abreise aus Berlin, etwas in der griechischen und hebräischen Sprache; wie auch im Rechnen, Schreiben, auch etwas in der Mathematik. Wir konnten aber hernach in Afrika von allem nur die Englische gebrauchen, denn diese, nebst der Holländischen, sind am Vorgebürge der Guten Hoffnung und dessen Umgebungen die herrschendste.“ [26]
|
Die meisten der angehenden Missionare waren Handwerker und es fiel ihnen sehr schwer, wieder auf der Schulbank zu sitzen. Ebner erinnerte sich später mit Schrecken an seine Zeit bei Jänicke:
„Was nun ferner das Lernen betraf im Missions-Seminar, so fanden sich bei demselben viel und mancherlei Hindernisse. Unübersteigliche Berge türmten sich auf vor unserm Gemüth, Zweifel und Unmuth bemächtigten sich unser. Giebt man dem Gedanken in der Seele erst Raum, dass es heißt: Ja, du wirst doch nicht durchkommen, das Lernen fällt dir zu schwer, gib es nur auf usw., dann ist man in Gefahr, zu weichen. Doch der Herr ist getreu, dass Er uns nicht lässet versucht werden über unser Vermögen." [27]
|
Reise nach Südafrika und Darstellung meiner während acht Jahren daselbst als Missionair unter den Hottentotten gemachten Erfahrungen; so wie eine kurze Beschreibung meiner bisherigen Lebensschicksale . Dies war der Titel des Buches, das Ebner später über seine Zeit im südlichen Afrika schrieb. „Hottentotten“ wurden damals die Nama genannt, eine Bevölkerungsgruppe, die heute noch in Südafrika und im Süden Namibias lebt. Ihre Sprache galt als besonders schwierig und für Europäer unerlernbar. Die Nama „haben ihre Sprache noch nicht in Schrift verfasst und es wird wohl auch schwerlich soweit kommen, dass sie die Bibel in ihre Sprache übersetzt bekommen,“ [28] schrieb Ebner. Doch genau das gelang später seinem Kollegen Schmelen.
|
|
 |
 |
 |
Die Böhmisch-lutherische Bethlehemskirche, Blick von der Leipzigerstraße in die Mauerstraße (Gemälde von J.A.E. Niegelssohn von 1785).
Holger Martin, Berlin. |
|