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Organisatorisches Zentrum dieser antikolonialen Aktivitäten war eine Zeit lang das Haus des Münzenberg-Konzerns in der Wilhelmstraße 48, in dem sich außer der Geschäftsstelle der IAH auch der von Münzenberg geleitete Neue Deutsche Verlag befand, ferner die Redaktion der einflussreichen Wochenzeitschrift Arbeiter Illustrierte Zeitung AIZ, deren Chefredakteur ebenfalls Willi Münzenberg war. [29]
Die Liga zur Verteidigung der Negerrasse war die deutsche Sektion der 1924 in Paris gegründeten Ligue pour la Défense des la race noir und setzte sich für die Gleichberechtigung von Schwarzen und Weißen ein. Die meisten ihrer Mitglieder kamen aus Kamerun, das bis zum Ersten Weltkrieg eine deutsche Kolonie gewesen war, und lebten schon lange in Deutschland. Viele von ihnen stammten aus vornehmen kamerunischen Familien, verfügten über einen hohen Bildungsgrad und waren schon im Kaiserreich politisch aktiv gewesen. Sie versuchten von Deutschland aus, sich für die Verbesserung der Situation ihre Landsleute in Kamerun und der Schwarzen in Europa einzusetzen. Berühmtestes Mitglied der Liga zur Verteidigung der Negerrasse war ein gewisser Louis Bebe Mpessa [33], der später als Louis Brody beim Film eine große Karriere machte.
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Von Kamerun nach Babelsberg: Die Geschichte des Schauspielers Louis Brody
Ludwig M'bebe Mpessa, der sich später Louis Brody nannte, wurde am 15. Februar 1892 in Duala/Kamerun geboren. Wie er nach Deutschland kam, ist unbekannt. Mit 23 Jahren bekam er seine erste Rolle in dem mittlerweile verschollenen Film von Joe May Das Gesetz der Mine . Dort spielte er einen „riesenhaften Neger“, der einen Weißen tötet. Diese Rolle blieb ihm zeitlebens erhalten. Immer wieder trat er in Abenteuerfilmen als bedrohlich-exotischer „schwarzer Mann“ auf. Ende der Zwanziger Jahre nahm der junge Schauspieler für Bühnenauftritte den Künstlernamen „Brody-Alcolson“ an - eine Hommage an den amerikanisch-jüdischen Schauspieler Al Jolson, der den Ton im Kino eingeführt hatte; in einer so genannten blackface-performance hatten die dort auftretenden weißen Musiker sich die Gesichter mit Schminke schwarz gefärbt.
Die Nazi-Zeit bedeutete für Louis Brody keinen Bruch in seiner Karriere. Für das neue Genre der Kolonialfilme brauchten die Nazis schwarze Schauspieler. So entstand die paradoxe Situation, dass die wenigen schwarzen Schauspieler in Deutschland, obwohl sie sonst überall benachteiligt wurden, mehr verdienten als ihre weißen Kollegen. Bruce erhielt z. B. bis zu 100 Mark pro Drehtag, das entsprach dem halben Monatslohn eines damaligen Spitzenverdieners. Am bekanntesten wurde er in der Rolle des bösen Häuptlings im NS-Kolonialfilm Ohm Krüger von 1941. Brody gehörte zu den wenigen schwarzen Darstellern, denen auch Sprechrollen zugestanden wurden – die meisten schwarzen Filmkomparsen hatten lediglich dekorativ im Hintergrund herumzustehen, während im Vordergrund die weißen „Herrenmenschen“ ihre Heldentaten vollbrachten. Die Rollen, die Brody zu spielen hatte, zeigten ihn allerdings stets in untergeordneter Position, mal als Diener oder Barmann, manchmal auch als Ringer. Auch außerhalb des Films trat Brody gelegentlich als Ringer auf. Seine vielseitige Begabung und seine großen Sprachkenntnisse sicherten ihm bis zum Kriegsende seinen Lebensunterhalt - und retteten ihm möglicherweise das Leben. 1938 heiratete er die schwarze Danzigerin Erika Diek, deren Vater ebenfalls aus Kamerun stammte. Sie erzählt über das Leben damals in einem Interview:
„Meinem Mann wurde die deutsche Staatsangehörigkeit damals auch aberkannt. Da Kamerun noch französische Kolonie war, wandte er sich an das französische Konsulat und erhielt ohne weiteres die französische Staatsangehörigkeit. Somit wurde ich durch die Heirat französische Staatsbürgerin. Wir mussten uns jede Woche bei der Polizei melden. In Berlin hatten wir viel auszustehen. Als ich schwanger war, bekam ich zu hören: ‚Unser Führer legt keinen Wert auf solche Kinder.' Als unsere Tochter vier Jahre alt war, meldete ich sie im Kindergarten an, ich arbeitete den Tag über. Nach einer Woche durfte ich sie nicht mehr hinbringen, da den anderen Kinder nicht zugemutet werden konnte, mit einem ‚Negerkind' zu spielen. Während des Krieges hatte mein Mann einen Schauspielvertrag in München. [...] Wir hatten zwei Zugplätze nebeneinander reserviert, damit das Kind sich zwischendurch schlafen legen konnte. Auf einmal ging die Abteil-Tür auf, ein SA-Mann erschien in der Tür: ‚Du Neger mit deinem Bierarsch, mach mal Platz für die alte Dame!' Ich weiß nicht, woher ich die Kraft nahm, meinen Mann zurückzuhalten. Er wog immerhin zwei Zentner, der ging auf den SA-Mann los wie ein Tiger. Der Mann ist sofort verschwunden. Es ist nicht auszudenken, was alles hätte passieren können. Nach einer Weile sagte mein Mann: ‚Gnädige Frau, sie können meinen Platz haben.' Sie hat aber abgelehnt.“ [34]
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Den Zusammenbruch der NS-Herrschaft erlebte Brody in Berlin, unter der Bettdecke heimlich „Feindsender“ hörend. Nach dem Krieg setzte er seine Schauspielerkarriere bei der Deutsche Film AG (DEFA) fort. Außerdem trat er als Sänger und Schlagzeuger der Mc Allen Band in der Pinguin Bar in der Bülowstraße auf. Noch 1950 ging er mit dieser Formation auf Tournee. Am 11. Februar 1951 starb Louis Brody in Berlin und wurde auf dem Friedhof Berlin-Hohenschönhausen beerdigt. Sein Grab existiert heute nicht mehr. [35]
Fußnoten:
[30] Zit. nach: Peter Martin: Schwarze Sowjets an Elbe und Spree? In: Peter Martin/ Christine Alonzo (Hg.): Zwischen Charleston und Stechschritt. Schwarze im Nationalsozialismus. München-Hamburg 2004. S. 181.
[31] Ebd.
[32] Siehe auch: Ebd. S. 178-193.
[33] Paulette Reed-Anderson: Berlin und die afrikanische Diaspora. Rewriting the Footnotes. Hg. von der Ausländerbeauftragten des Senats von Berlin. Berlin 200. S. 47.
[34] Katharina Oguntoye / May Opitz / Dagmar Schultz (Hg.): Farbe bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte. Frankfurt a.M. 1997. S. 72-73.
[35] Siehe auch: Tobias Nagel: Von Kamerun nach Babelsberg – Louis Brody und die schwarze Präsenz im deutschsprachigen Kino vor 1945. In: Ulrich van der Heyden / Joachim Zeller (Hg.): Kolonialmetropole Berlin. Eine Spurensuche. Berlin 2002. S. 220-225.
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