Viele Orte im alten Regierungsviertel von Berlin-Mitte haben einen Bezug zu Afrika. Hier lebten im 18. Jahrhundert die schwarzen Heeresmusiker der preußischen Könige, nach denen die Mohrenstraße benannt ist. In der Mauernstraße wurden Missionare ausgebildet, die fast ein Jahrhundert vor dem Beginn der deutschen Kolonialzeit im heutigen Namibia ihre Missionsstationen bauten. In Berlins Zentrum wurde im 19. Jahrhundert auch die Grundlage für die koloniale Aufteilung Afrikas gelegt. Hier waren seit 1884 viele koloniale Behörden und Institutionen angesiedelt. An Orten wie der Wilhelmstraße wurden in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts aber auch antikoloniale Pläne geschmiedet.
Schon seit über 300 Jahre leben Menschen aus Afrika an der Spree. Über das Leben einiger dieser Afrikaner und schwarzen Deutschen wissen wir etwas mehr. Manchmal, weil sie es selbst aufgeschrieben haben, wie z. B. der ostafrikanische Suaheli-Lektor Amur Bin Nasur ilOmeiri. Manchmal, weil sie aus irgendwelchen Gründen aktenkundig wurden, wie z.B. der Pianist Kwassi Bruce aus Togo. Es werden hier nur einige Schicksale erzählt. Sie sollen vor allem eines: Die Neugier wecken auf die lange und wechselvolle Geschichte der afrikanischen Gemeinschaft in Berlin.
Zum Schluss noch einige Anmerkungen zur Sprachregelung: In den folgenden Texten wird zuweilen die Bezeichnung „Neger“ verwandt. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert bezeichneten sich Schwarze gelegentlich auch selbst so, wenn sie z. B. eine Liga zur Verteidigung der Negerrasse gründeten. Doch meistens war auch damals schon der Ausdruck „Neger“ rassistisch und abwertend gemeint. Er wird im folgenden nur bei Zitaten verwendet. Das gleiche gilt für den Ausdruck „Häuptling“. Auch dieser Begriff ist nicht wertneutral, sondern hat einen abwertenden Beigeschmack. Im heutigen Afrika spricht man meist von „Chief“ oder „Chef“, wenn man den traditionellen Anführer einer Gemeinschaft meint.
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