CINEFEST: CINEMA TRANS-ALPINO
Unter dem Motto CINEMA TRANS-ALPINO widmet sich das Cinefest diesmal der Geschichte der deutsch-italienischen Filmbeziehungen. Von den frühen deutschen Fantasien eines italienischen Wunsch- und Sehnsuchtsortes bis zu zeitgenössischen Koproduktionen mit Starbesetzung, von den Beiträgen italienischer Filmschaffender zur Genreproduktion des Weimarer Kinos über Klischeebilder mit touristischer Funktion und die unterschiedlichen Formen der Auseinandersetzung mit Faschismus und Nationalsozialismus bis hin zu reflexiven Vorstellungen vom Anderen und einem Leben in der Fremde, CINEMA TRANS-ALPINO gibt einen Überblick über die Film-Bilder, die im 20. Jahrhundert zwischen Nordsee und Adria entstanden sind. Das im November 2010 erstmals in Hamburg präsentierte Cinefest wurde von CineGraph Hamburg und dem Bundesarchiv-Filmarchiv kuratiert.
Eine Filmreihe mit freundlicher Unterstützung des Istituto Italiano di Cultura di Berlino.
CINEFEST: CINEMA TRANS-ALPINO
Kanonen-Serenade
Pezzo, capopezzo e capitano
BRD/I 1958, R: Wolfgang Staudte, B: Ennio De Concini, Duccio Tessari, Wolfgang Staudte, D: Vittorio De Sica, Folco Lulli, Heinz Reincke, Ingmar Zeisberg, Hélène Rémy, 91’ 35 mm, DF
Ein heikles Thema: Die Bundesgenossenschaft von Deutschen und Italienern im Zweiten Weltkrieg, die von 1940 bis 1943 dauerte und nach dem Sturz Mussolinis einem brutalen deutschen Besatzungsregime in Italien wich. Während sich in Italien bereits seit 1945 zahlreiche Filme mit dem Faschismus, dem Krieg und vor allem mit der Okkupation und dem Widerstand auseinander setzten, hatten es die Deutschen nicht eilig, dieses Kapitel näher zu beleuchten. Wolfgang Staudtes deutsch-italienische Co-Produktion Kanonen-Serenade blieb eine Ausnahme.
Satirisch nimmt der Film den Hurrapatriotismus eines italienischen Kapitäns (Vittorio De Sica) aufs Korn, dessen Gemüsedampfer nach Italiens Eintritt in den Krieg mit einer Bordkanone ausgestattet wird. Gepackt vom Ehrgeiz verwandelt sich der Kapitän in einen fanatischen Militaristen und macht Jagd auf britische U-Boote. Der deutsche Offizier, den man ihm an die Seite stellt, entpuppt sich als der einzige Pazifist an Bord. „Mit trefflicher Ironie hat Regisseur Wolfgang Staudte hier die gefährliche Verlockung bunter Uniformen und klimpernder Orden geschildert; und das gespreizte Pathos des geckenhaften Seefahrers parodiert wirkungsvoll die allzu großen Worte, mit denen man andernorts die rauhe Wirklichkeit des Krieges zu übertünchen trachtet, so daß schließlich dies amüsante Lustspiel ganz allgemein der Entlarvung menschlicher Schwächen höchst dienlich ist.“ (Dieter Krusche, Filmforum, September 1958). (ps)
Mit Einführung am 4.1.2011 um 20.00 Uhr
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Gino
BRD 1960, R/P: Ottomar Domnick, B: Ottomar Domnick nach dem Roman Gino von Eugen Rivas, K: Andor von Barsy, Philipp Kepplinger, D: Eleonore van Hoogstraten, Kurt Haars, Jörg Pleva, 80’ Beta SP
Das deutsche Italienbild der Nachkriegszeit wird ebenso sehr von Tourismus wie von den sogenannten Gastarbeitern aus dem Süden geprägt. Im Kino taucht der Gastarbeiter als handlungstragende Figur zum ersten Mal in Gino (1960) auf, einem Avantgardefilm des Regie-Außenseiters, Kunstsammlers und Psychiaters Ottomar Domnick. Gino (Jörg Pleva) ist ein 18-jähriger, in recht naiven Vorstellungen verhafteter Neapolitaner, der in Stuttgart von einem eifersüchtigen Fabrikanten beauftragt wird, dessen Ex-Frau zu bespitzeln. Diese Frau, eine Schriftstellerin, ist emanzipiert und Gino intellektuell überlegen. Sie empfindet zunächst mütterliche Gefühle für Gino, wird dann aber von seiner Fremdartigkeit auch erotisch angezogen.
In Gino fügt sich die kühle Beobachtung der drei Protagonisten zu einem psychologischen Kammerspiel, das Einblick gewährt in einen durcheinander geratenen Seelenhaushalt – eine „Seelenobduktion“, die nach Ansicht von Werner Sonntag den Betrachter stark fordert: „Dort hingegen, wo es um die poetische Umsetzung des Romans in Bilder geht, ist Domnick (…) in seinem Element. Bei den Kameraeinstellungen von beklemmender Großartigkeit folgt ihm der Zuschauer willig. (…) Darin, wie der Regisseur Domnick aus vorübergleitenden Landschaften, lastenden Wolken, aus den Kurven des endlosen Bandes einer Straße, aus trübem Gewässer, aus einem Autorennen auf der Solitude, aus der gigantischen Szenerie des Steinwerks in Stuttgart-Münster dramatische Spannung gewinnt, darin ist der Schöpfer dieses Filmexperiments Meister.“ (Die Zeit, 23.9.1960). (ps)
am 5.1.2011 um 20.00 Uhr
am 9.1.2011 um 21.00 Uhr
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Zinksärge für die Goldjungen
BRD/I 1973, R: Jürgen Roland, P: Wolf C. Hartwig, D: Herbert Fleischmann, Henry Silva, Patrizia Gori, Horst Janson, 97’ 35 mm
Ein Titel wie eine Verheißung! An Bord der „Queen Elizabeth“ kommt der amerikanisch-sizilianische Mafiaboss Luca Messina (Henry Silva) in Hamburg an, um sich die Stadt zu unterwerfen. Er stößt auf den erbitterten Widerstand von Otto Westermann (Herbert Fleischmann), dem Kopf der Hamburger Unterwelt. Dessen Sohn wiederum verliebt sich in Messinas Tochter. Doch die Liebe der Kinder droht vom Hass der Väter zerstört zu werden. Und die Landungsbrücken färben sich rot.
Schon seit den späten fünfziger Jahren hatte sich der ehemalige Rundfunkreporter und Dokumentarfilmer Jürgen Roland einen Namen als Experte für harte, realistische Krimis gemacht. Nun präsentiert er eine ruppige Version von Romeo und Julia, angesiedelt in Blankenese, eingespannt in eine Handlung voller Knalleffekte, Kung-Fu-Einlagen und Sex. Wandten sich zeitgenössische Kritiker noch pikiert von einem solchen Genrekino ab, in dem sie nichts als fremdenfeindliche Klischees und unnötige Brutalitäten erblickten, so schätzen jüngere Verehrer die rohe Energie des Films und sein demonstratives Desinteresse an guten Haltungsnoten. Wiederzuentdecken ist ein geschmähtes Kapitel der populären Filmkultur: „Spannende Unterhaltung mit viel Wumm und Päng, die am Schluss in eine Schnellboot-Verfolgungsjagd im Hamburger Hafen mündet, die zum Besten gehört, was ich jemals in deutschen Produktionen gesehen habe. (...) Großes Actionkino.“ (Christian Kessler, Splatting Image, September 2005). (ps)
am 7.1.2011 um 21.00 Uhr
am 8.1.2011 um 19.00 Uhr
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Germania anno zero
Deutschland im Jahre Null
I 1948, R/B: Roberto Rossellini, D: Edmund Meschke, Ernst Pittschau, Ingetraud Hinze, 72’ 35 mm, DF
Nachdem Roberto Rossellini in Rom, offene Stadt (1945) und Paisà (1946) die Befreiung Italiens und die Gräuel der deutschen Besatzung, die Verwüstung des Landes und den Widerstand geschildert hatte, reiste er 1947 nach Berlin und drehte auf den Straßen der zertrümmerten Stadt Deutschland im Jahre Null. Der Film erzählt von einem zwölfjährigen Jungen, der nach Kriegsende durch Berlin streift, vorbei an Bergen von Schutt und aufragenden Ruinen, an Denkmälern der Katastrophe und des Todes. Es herrschen Hunger, Krankheit und Misstrauen. Der Junge ist auf der Suche nach Arbeit und Essen, vor allem aber sucht er ein Ziel. Zum Schluss ist der Junge zum Mörder geworden und stürzt sich selbst in den Tod. An seinem Leichnam kniet eine Frau nieder.
Mit dem Bild einer Pietà endet Rossellinis verstörender Versuch, mit den Mitteln des Neorealismus Deutschlands moralische Zerrissenheit zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu begreifen. Wie in seinen vorangegangenen Filmen arbeitet der Regisseur mit einer dokumentarischen Kamera und mit Laien, deren persönliche Erfahrungen ihr eigenes Gewicht behalten. Dass der Film seine gleichnishafte Geschichte eines am Ende selbst erkannten und mit dem Tod gesühnten Scheiterns an die Figur eines schuldlos-schuldigen Kindes bindet, verleiht Deutschland im Jahre Null seine besondere Wucht und unterstreicht die Radikalität der Analyse. (ps)
am 8.1.2011 um 21.00 Uhr
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Am Fuße des Aetna
D 1927, R: Gerhard Lamprecht, 10’ 35 mm
CINEFEST: CINEMA TRANS-ALPINO
Die Insel der Seligen
D 1913, R: Max Reinhardt, D: Wilhelm Diegelmann, Willi Prager, Gertrud Hackelberg, Ernst Hofmann, Greta Schröder, 60’ 35 mm
Italien, eine erotische Fantasie. Bereits in Die Insel der Seligen aus dem Jahr 1913 erscheint das Land am Mittelmeer als ein Wunschort: Deutsche Touristen begegnen hier im Sommerurlaub Armor, Circe und Co. Und lernen ein gänzlich enthemmtes Leben kennen. Dem Rausch der Sinne gibt sich der Film, den der Berliner Theaterpabst Max Reinhardt mit seiner Schauspieltruppe am Golf von La Spezia drehte, in freizügigen Bildern hin. „Wir wissen längst, dass Reinhardt ein großer Maler ist, ein Meister der Färbungen und Stimmungen. (…) In vielen Bildern steckt wirkliche Poesie... Eine kühne Neuerung, der sich diesmal erfreulicherweise kein Zensor entgegengestellt hat, ist die Freiheit der Darstellung. Die Götter treiben in holder Nacktheit ihr Wesen und Unwesen, die Wellen des italienischen Meeres umspielen die schönen Nymphen und seltsamen Tritonen.“ (Berliner Volkszeitung, zit. n. Lichtbild-Bühne, 11.10.1913).
Eine Italienreise schildert auch der kurze Dokumentarfilm Am Fuße des Aetna (1927), den der Berliner Regisseur Gerhard Lamprecht während seines Urlaubs in Neapel und Sizilien aufnahm. Ein Zeugnis von touristischem Erlebnishunger und Wissensdrang. (ps)
Klavierbegleitung: Peter Gotthardt am 9.1.2011 um 19.00 Uhr
CINEFEST: CINEMA TRANS-ALPINO
Morte a Venezia
Tod in Venedig
I/F 1970, R: Luchino Visconti, B: nach Thomas Manns Novelle Der Tod in Venedig (1912), K: Pasquale De Santis, M: Gustav Mahler, Franz Lehár, Modest Mussorgski, Ludwig van Beethoven, Armando Gil, D: Dirk Bogarde, Silvana Mangano, Björn Andrésen, Mark Burns, Nora Ricci, 130’ 35 mm, engl. OF
Die Beschäftigung mit Deutschland zieht sich wie ein roter Faden durch das Filmschaffen von Luchino Visconti. Sie prägt vor allem drei seiner Meisterwerke: In Die Verdammten (1968) erzählt Visconti von einer deutschen Industriellenfamilie, die mit den Nationalsozialisten kollaboriert, und in Ludwig II. (1972) vom Leben und Scheitern des bayerischen Märchenkönigs. Tod in Venedig nach der Novelle von Thomas Mann bildet das Mittelstück der Trilogie über die Dekadenz: Im winterlichen Venedig verliebt sich der alternde Komponist Aschenbach (Dirk Bogarde) in den jungen Tadzio (Björn Andrésen). Sie sprechen nicht miteinander, sondern werfen sich nur verstohlene Blicke zu, während sich die Ahnungen des nahen Endes mehren. Treffend bemerkt Johannes Roschlau: „Je deutlicher sich Aschenbach (…) seiner aussichtslosen Liebe zum schönen Knaben Tadzio bewusst wird, desto orientierungsloser taumelt er durch das Kanalgewirr eines schwül lastenden, morbiden Venedig voller Todessymbole. Unterlegt mit der Musik Gustav Mahlers geriet der Film Visconti zum elegischen Abgesang nicht nur auf die Dekadenz des ‚Fin de siècle’, sondern auch auf die deutsche Italiensehnsucht.“ (Katalog Cinema trans-alpino, 2010). (ps)
am 12.1.2011 um 20.00 Uhr
am 22.1.2011 um 18.30 Uhr
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Simplon-Tunnel
DDR 1959, R: Gottfried Kolditz, D: Otto Mellies, Brigitte Krause, Horst Weinheimer, Gerry Wolff, 90’ 35 mm
Ein Historiendrama vom epochalen Bau des Simplon-Tunnels durch die Alpen. Anfang des 20. Jahrhunderts stoßen hier klassenbewusste deutsche Arbeiter auf italienische Arbeiter aus dem armen, rückständigen Süden. Als es zum Streik kommt, werden die Italiener als Streikbrecher missbraucht, bevor auch sie umschwenken und die Notwendigkeit der internationalen Arbeitersolidarität erkennen. Erzählt wird diese Episode aus der Sicht des blonden Erich, des dunklen Antonio und des von beiden Männern geliebten Mädchens Rosa. Am Höhepunkt des Films bricht Wasser in den Tunnel ein, die Bautätigkeit ruht und die nicht weiter bezahlten Arbeiter hungern. Mit einer riskanten Sprengung gelingt es Erich und Antonio, einen Abfluss für das Wasser zu schaffen.
Geplant war Simplon-Tunnel als eine Co-Produktion der DEFA mit italienischen Partnern, doch viel mehr als die Buchvorlage eines italienischen Autorenkollektivs um Carlo Lizzani blieb von diesem Vorhaben nicht übrig. Gedreht wurde im Babelsberger Studio und in der hohen Tatra. Die Rollen der Italiener übernahmen deutsche Schauspieler, was denn auch als unglaubwürdig kritisiert wurde. Es sei zudem ein Mangel, dass der Film die Entstehung von Klassenbewusstsein und Arbeitersolidarität nicht in der wünschenswerten Klarheit entwickele: „Was der Film zeigt, ist eine sehr eindrucksvolle, interessante Darstellung von dem heroischen Ringen der Arbeiter um den Bau des Simplon-Tunnels. Ein Epos dieses stolzen Sieges. Was der Film zeigen wollte, war weit mehr. Und darin liegt sein Mangel.“ (Manfred Merz, Neue Zeit, 18.6.1959). (ps)
am 15.1.2011 um 19.00 Uhr
am 16.1.2011 um 21.00 Uhr
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Mutterlied
I/D 1937, R: Carmine Gallone, B: Thea von Harbou, Bernd Hofmann, D: Beniamino Gigli, Maria Cebotari, Hans Moser, Michael Bohnen, Hilde Hildebrand, 90’ 35 mm, DF
Anknüpfend an die Erfolge italienischer Regisseure und Schauspieler im Weimarer Kino, setzten das faschistische Italien und das nationalsozialistische Deutschland in ihrer Kulturpolitik ab Mitte der 1930er Jahre verstärkt auf die Produktion deutsch-italienischer Sprachversionen von Sängerfilmen. Einen Höhepunkt dieser Zusammenarbeit bildete die Filmserie mit dem weltberühmten Tenor Beniamino Gigli, der damals als Nachfolger von Enrico Caruso galt: In Mutterlied spielt Gigli den umjubelten Opernsänger Ettore Vanni, der erst spät erfährt, dass nicht er, sondern Cesare, der ehemalige Liebhaber seiner Frau Fiamma, der Vater seines heißgeliebten Kindes ist. Als Cesare ermordet wird, fällt der Verdacht auf Fiamma.
Im Mittelpunkt des in der römischen Cinecittà gedrehten Melodrams stehen die großen Gesangseinlagen von Gigli, der Arien von Mozart, Verdi und Gounod vorträgt. Wie ein Kritiker bemerkt, zielt Mutterlied, die deutsche Version von Solo per te, damit vor allem auf jene Millionen, die außerhalb der Großstädte leben und keinen Zugang zu Opernhäusern und Konzertsälen haben. Im Kino kann dieses Publikum dennoch erstklassige Gesangskunst genießen: „Für diese Millionen ist ein Film mit Benjamino Gigli, Maria Cebotari und Michael Bohnen auf jeden Fall ein lohnender Besuchsanlaß. Und in der Tat erfüllt der Film in dieser Hinsicht alle Erwartungen. (...) Viele Frauen schluchzten vernehmlich.“ (Georg Herzberg, Film-Kurier, 23.12.1937). (ps)
am 16.1.2011 um 19.00 Uhr
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Palermo oder Wolfsburg
BRD 1980, R/B/Sch: Werner Schroeter, K: Thomas Mauch, D: Nicola Zarbo, Calogero Arancio, Padre Pace, Brigitte Tilg, Gisela Hahn, Magdalena Montezuma, Otto Sander, 180’ 35 mm
Der Zusammenprall zweier Welten: des warmen Südens und des eisigen Nordens, des traditionsgebundenen Lebens in Italien und des Industriekapitalismus in Deutschland. Der 17-jährige Nicola aus Palermo findet in Wolfsburg Arbeit in der VW-Fabrik und verliebt sich in ein deutsches Mädchen. Als er von ihr verlassen wird, tötet er aus Eifersucht seine vermeintlichen Nebenbuhler, um seine Ehre wieder herzustellen. Beim anschließenden Gerichtsprozess hört Nicola stumm zu. Allmählich entwickelt sich der Film, der mit realistisch-dokumentarischen Bildern beginnt, zu einer satirisch-surrealistischen Passions-Oper.
Auf der Berlinale wurde Palermo oder Wolfsburg 1980 mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet. „Seine stilistische Wechselhaftigkeit (…); seine völlig undramatische Erzählweise, die sich eher horizontal, sammelnd und schweifend auf die Suche nach der Welt macht, als vertikal und mit dramatischen Steigerungen, Verwicklungen, Peripetien den Zuschauer (und sich) ins Korsett der Erzählkino-Dramaturgie zu spannen; und schließlich das unterschwellige emphatische Pathos, mit dem Schroeter die Passion seines Helden wider alle Alltagsvernunft behauptet (…): das sind stachlige Widerborstigkeiten von Stoff und Form eines Films, die unseren geläufigen, oft unbewußten und ununterbrochen doch antrainierten Erwartungen an das Kino entgegenstehen. Ein Zwitterfilm – weder in sich geschlossenes Experimental-, noch in sich fließendes Erzählkino.“ (Wolfram Schütte, Frankfurter Rundschau, 22.3.1980). (ps)
am 19.1.2011 um 20.00 Uhr
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Die Rote
BRD/I 1962, R: Helmut Käutner, B: Helmut Käutner nach dem Roman Die Rote (1960) von Alfred Andersch, K: Otello Martelli, D: Ruth Leuwerik, Rossano Brazzi, Gert Fröbe, Harry Meyen, Giorgio Albertazzi, 94’ 35 mm
Venedig, nicht mehr als Ort romantischer Eskapaden, sondern als abweisender Schauplatz einer Sinnkrise. Franziska Lukas (Ruth Leuwerik) bricht aus ihrem tristen Dasein zwischen Ehemann und Liebhaber aus und reist ins winterliche Venedig. Hier begegnet sie dem italienischen Schriftsteller Fabio, mit dem sie lange Gespräche führt, und dem Briten Patrick, der mit ihr weit wegfahren will. Im Krieg hatten die Deutschen den homosexuellen Patrick gefoltert und zum Verräter gemacht. Nun trifft er seinen einstigen Peiniger wieder und sinnt auf Rache. Franziska wird zu seinem Lockvogel.
Diesen Stoff voller existenzialistischer Anklänge gestaltet Helmut Käutner als eine Montage aus Rückblenden, Erinnerungsbildern und inneren Monologen. Damit unterstreicht er das literarische Moment und sucht Anschluss an die kühle, modernistische Filmästhetik eines Resnais und Antonioni. Die Bilder der Einsamkeit und Entfremdung gestaltet Otello Martelli, der für seine Arbeit mit Rossellini und Fellini berühmt ist: „Venedig (…) ist von dem italienischen Kameramann Otello Martelli wie eine Stadt auf der anderen Seite gesehen: grau, vermodert, schimmlig, bleiche stumme Folie, Tümpel der Trauer, eingenebelt in die Dämpfe einer Vergangenheit, zerfließend in einer Gegenwart, die die Wirklichkeit abwehrt. Auch diesen Film.“ (Karena Niehoff, Stimmt es – Stimmt es nicht?, 1962). (ps)
am 21.1.2011 um 19.00 Uhr
am 23.1.2011 um 21.00 Uhr
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Sei donne per l’assassino
Blutige Seide
I/F/BRD/MC 1964, R/K: Mario Bava, D: Eva Bartok, Thomas Reiner, Mary Arden, Claude Dantes, 86’ 35 mm, DF
Wie Alfred Hitchcock als Vater des modernen Psychothrillers gilt, so gilt Mario Bava als Vater seiner italienischen Variante, des Giallo. Krimi und Horrorfilm gehen darin eine ganz eigene, explosive Verbindung ein, denn immer wieder nimmt der Giallo die Perspektive des Lustmörders ein. Er rückt so die komplizenhafte Beziehung zwischen Regisseur und Betrachter, zwischen Sex und Gewalt in den Mittelpunkt und bewirkt eine tiefe Erschütterung der bisherigen Betrachterposition. Mit der italienisch-französisch-deutschen Co-Produktion Blutige Seide legte Bava den Prototyp des Genres vor: Ein ganz in schwarz gehüllter Mörder bringt nacheinander die Mannequins eines luxuriösen Modeateliers um, um in den Besitz eines geheimnisvollen Tagebuchs zu gelangen. Die Polizei tappt im Dunkeln. Und das Morden geht weiter.
Inszeniert wird diese Geschichte im unverwechselbaren Stil des ehemaligen Kameramanns Bava, für den die Atmosphäre eines Films stets wichtiger als sein Plot war. Mit Licht und Farben schafft er einen künstlichen, stilisierten filmischen Raum, der den Zuschauer in seinen Bann zieht. Die Komposition der Effekte bildet eine bizarre Harmonie: „Knarrende Türen, vermummte Mörder, schwarze, mit blauen, roten und gelben Scheinwerfern nur spärlich ausgeleuchtete Szenerien, wahnwitzige Kämpfe gejagter Mädchen mit ihren Mördern, Blut an Kleidern, Gesichtern und Händen, losgerissene Dachrinnen, glühende Öfen, Perlen, rote Telephone, mysteriöse Schatten, Revolver, Luxuswagen – das alles gerät Bava zu einer beeindruckenden (… ) Vision vom Leben mit, in und von der Angst.“ (Eckhart Schmidt, Süddeutsche Zeitung, 21.6.1965). (ps)
am 21.1.2011 um 21.00 Uhr
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Il portiere di notte
Der Nachtportier
I 1974, R/B: Lilliana Cavani, K: Alfio Contini, D: Dirk Bogarde, Charlotte Rampling, Philippe Leroy, Gabriele Ferzetti, 120’ 35 mm, DF
Ab Ende der 1960er Jahre sorgt eine Reihe italienischer Filme von Visconti, Pasolini und Tinto Brass für großes öffentliches Aufsehen, weil sie Faschismus, Gewalt und sexuelle Obsessionen miteinander in Verbindung bringen. Den Filmen bzw. den Filmemachern wird vorgeworfen, ein ernstes Thema zum Gegenstand von Spekulationen zu machen. Der publizistische Erfolg der Filme, zu denen auch Lilliana Cavanis Der Nachtportier gehört, trägt wesentlich zur Entstehung einer eigenen, randständigen Produktionssparte bei, der Naziploitation, die speziell in Italien aufblüht und zwischen Horror- und Pornofilm hin- und herpendelt.
Der Nachtportier erzählt die sadomasochistische Liebesgeschichte des ehemaligen KZ-Arztes Max (Dirk Bogarde) und der KZ-Insassin Lucia (Charlotte Rampling), die sich im Wien der späten 1950er Jahre wieder begegnen. Statt Max, der nun als Nachtportier eines Hotels arbeitet, anzuzeigen, geht Lucia ihm zunächst aus dem Weg. Doch dann entbrennt eine neue sexuelle Abhängigkeit der beiden. Der Regisseurin zufolge sollte der Film ein genaueres Verständnis des Faschismus ermöglichen und zu diesem Zweck auf jene in uns allen vorhandenen sadomasochistischen, selbstzerstörerischen Dispositionen hinweisen, die von totalitären Regimen ausgenutzt würden. Die Kritik reagierte entsetzt: „Die Allergien, die dieses zynisch-virtuose Horrorstück entfesselt, sind klar: KZ-Terror als sexuelles Panoptikum – das wirkt wie in Massengräber gespuckt. Dem Zeitgenossen, in Faschismus erfahren, sträubt sich das gebrannte Fell. (…) Der letzte Tango in Wien, auf der Polithintertreppe in den Liebestod getanzt.“ (Ponkie, Abendzeitung, 21.2.1975). (ps)
am 22.1.2011 um 21.00 Uhr
CINEFEST: CINEMA TRANS-ALPINO
Der geheime Kurier
D 1928, R: Gennaro Righelli, D: Ivan Mosjukin, Lil Dagover, José Davert, Jean Dax, Agnes Petersen, Hubert von Meyerinck, 102’ 35 mm
In den 1920er Jahren bildet sich in Berlin eine Kolonie italienischer Filmschaffender, die wegen einer Produktionskrise ihr Heimatland verlassen hatten und jenseits der Alpen insbesonders im Genre des Sensations- und Abenteuerfilms Arbeit fanden. Neben beliebten Sensationsdarstellern (heute würde man sagen: Actionstars) wie Luciano Albertini und Carlo Aldini und Diven wie Marcella Albani und Maria Jacobini gehörten dazu auch die Regisseure Carmine Gallone, Augusto Genina und Gennaro Righelli. Letzterer drehte mit Der geheime Kurier nach einem Roman von Stendhal einen großen Abenteuerfilm voller Liebes-, Kampf- und Massenszenen.
Vor der Juli-Revolution von 1830 schlägt sich der Sekretär Julien (gespielt vom internationalen Star Ivan Mosjukin) auf die Seite des späteren Bürgerkönigs Louis Phillipe und dient ihm als Geheimkurier. Vorher beendet er aber seine Liebesaffäre mit einer verheirateten Frau, die ihm diesen Schritt nicht verzeiht und gegen ihn intrigiert. Julien erschießt sie aus Rache. „Gennaro Righelli (...) schafft eine Regieleistung, wie man sie bei ihm seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Der große Rahmen entfesselt ihn, macht aus dem sauberen Inszenator durchschnittlicher Geschäftsfilme einen Mann mit sicherem Blick für Wirkungen. Spielszenen, Einstellungen, Schnitt, alles klappt. Die Reiterszenen haben ein Tempo, wie sonst in den vielgerühmten amerikanischen Spitzenwerken. (…) Das ist Filmkunst.“ (Hans Feld, Film-Kurier, 26.10.1928). Gezeigt wird die soeben vom Bundesarchiv restaurierte deutsche Fassung. (ps)
Klavierbegleitung: Peter Gotthardt Aam 23.1.2011 um 19.00 Uhr
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Condottieri
D/I 1937, R/B: Luis Trenker, Werner Klingler, K: Albert Benitz, Walter Hege, D: Luis Trenker, Ethel Maggi, Carla Sveva, August Eichhorn, Waltraut Klein, 90’ 35 mm, DF
In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre bauen das faschistische Italien und das nationalsozialistische Deutschland ihre politische, militärische und wirtschaftliche Zusammenarbeit weiter aus. Auf kultureller Ebene findet ihr Bündnis Ausdruck in dem propagandistischen Großprojekt Condottieri, das auf eine Anregung des italienischen Außenministers Graf Ciano zurückgeht. Erzählt wird die Geschichte von Giovanni de’ Medici (1498-1526), dem Sohn des jung gestorbenen Herzogs von Lombardo. Giovanni schließt sich einem Söldnerführer an, dem Condottiere Malatesta, trennt sich aber bald wieder von ihm, um die väterliche Burg zurückzuerobern. Er gründet eine eigene Söldnertruppe, mit der er für ein geeintes Vaterland kämpft. Dadurch macht sich Giovanni, der in Rom vom Pabst gesegnet wird, Malatesta zum Feind, und es kommt zwischen ihnen zum Kampf.
Mit der Regie des aufwändigen, bildgewaltigen Großfilms wird Luis Trenker betraut, der als heimatverbundener Südtiroler eine Mittlerfunktion zwischen Deutschland und Italien einnimmt. Obwohl Condottieri einen historischen Stoff behandelt, sorgt der an Schauplätzen in Italien sowie im Studio in Berlin und Rom gedrehte Film doch für erhebliche Reibereien unter den beteiligten italienischen und deutschen Funktionären. Die einen fordern von Trenker ein ausdrückliches Bekenntnis zu seiner italienischen Herkunft (das er verweigert), die anderen beklagen die Verneigung vor dem Pabst und überhaupt die katholische Tendenz des Films. Davon unbenommen erhält der Film gute Kritiken und wird in Deutschland mit dem Prädikat „staatspolitisch und künstlerisch wertvoll“ ausgezeichnet. (ps)
Einführung: Fabian Tietke
am 26.1.2011 um 20.00 Uhr
CINEFEST: CINEMA TRANS-ALPINO
Licht für Palermo
DDR 1960, R/B: Karl Gass, K: Peter Hellmich, 15’ 35 mm
CINEFEST: CINEMA TRANS-ALPINO
Notabene Mezzogiorno
BRD 1962, R/B/P: Hans Rolf Strobel, Heinrich Tichawsky, K: Heinrich Tichawsky, 55’ 35 mm
Dem Bild der heilen Urlaubswelt, das viele westdeutsche Spielfilme der 1950er Jahre von Italien zeichnen, setzen die Dokumentaristen Hans Rolf Strobel und Heinrich Tichawsky in ihren Filmen eine genaue Analyse entgegen. In Notabene Mezzogiorno (1962) befassen sie sich mit den negativen Folgen der Landreform in Sizilien und kehren damit an den Schauplatz ihres früheren Films, Der große Tag des Giovanni Farina (1958), zurück. Sie müssen feststellen, dass sie damals allzu optimistisch über die Landreform geurteilt hatten. Nun gilt ihre Hoffnung einer radikalen Industrialisierung. Nicht wegen dieses streitbaren Fazits, sondern wegen seiner reflektierten Machart stellte der mit vielen Preisen ausgezeichnete Film für Uwe Nettelbeck eine besondere Leistung dar: „Seit es Notabene Mezzogiorno gibt, kann man vom bundesdeutschen Nachkriegsfilm sagen, daß er einen Dokumentarfilm von Rang besitzt. (…) Formal ist der Film eine artistische Recherche. Zwischentitel und Zitate aus dem alten Film, die modifiziert, bestätigt oder dementiert werden, ordnen den Stoff. Kunstvoll beginnt jede Sequenz mit einem ähnlichen Schwenk, vom klaren Detail (…) hinaus in die Landschaft, in die Dörfer, unter die Menschen.“ (Filmkritik, Januar 1964).
Geht es in Notabene Mezzogiorno um die Landbevölkerung, so konzentriert sich der kurze Dokumentarfilm Licht für Palermo (1960) auf das soziale Elend in der Millionenstadt Palermo, das mit den bunten Bildern für die Touristen konstrastiert. Doch nicht dem Überlebenskampf der Menschen gilt das Augenmerk des Regisseurs. Vielmehr dienen die Erscheinungsformen der sozialen Not als Belege für marxistische Verelendungstheorie und propagandistische Thesen. (ps)
am 4.2.2011 um 21.00 Uhr
CINEFEST: CINEMA TRANS-ALPINO
Heaven
USA/D 2002, R: Tom Tykwer, B: Krzysztof Kieślowski, Krzysztof Piesiewicz, Anthony Minghella, K: Frank Griebe, D: Cate Blanchett, Giovanni Ribisi, Remo Girone, Stefania Rocca, 97’ 35 mm, engl. OF
Der Himmel über der Toskana ist der Fluchtpunkt eines ebenso bildgewaltigen wie schwerelosen Films, der als Thriller beginnt und als Geschichte einer Liebe endet, die nicht von dieser Welt zu sein scheint. In Turin verliebt sich der junge Polizist Filippo (Giovanni Ribisi) in die gerade festgenommene Ausländerin Philippa (Cate Blanchett), die einen Drogenhändler hatte töten wollen. Doch ihr Attentat misslang, und nun hat sie das Leben von vier Unschuldigen auf dem Gewissen. Dennoch verhilft ihr Filippo zur Flucht. Die beiden locken den Drogenhändler in eine Falle und fliehen anschließend aufs Land. Während sich Filippo und Philippa die Frage nach Erlösung von einer großen Schuld und der Möglichkeit einer gemeinsamen Zukunft stellen, schließt sich der Ring ihrer Verfolger immer enger um sie zusammen.
Gedreht an italienischen Schauplätzen mit einer australischen Hauptdarstellerin, produziert mit amerikanischem Geld, inszeniert von einem deutschen Regisseur nach dem Drehbuch eines Polen, ist Heaven doch zuallererst ein Film von Tom Tykwer, der von einer Kinowelt träumt, in der andere physikalische Gesetze gelten: „Das beflügelt ihn zu Bildern, die vor allem jenes Schwindelgefühl artikulieren, das einen befallen mag, wenn die Welt von einer Eisschicht aus Zelluloid überzogen ist. In seinen Filmen stehen sich deshalb immer wieder Welthaltigkeit und Märchenhaftigkeit gegenüber und suchen nach einer Übereinkunft. Aber weil er die beiden nie so recht zur Deckung bringt, wimmelt es bei ihm von Doppelgängern, und am Ende sind Kino und Welt bei ihm immer Geschwister im Geiste.“ (Michael Althen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7.2.2002). (ps)
am 5.2.2011 um 19.00 Uhr
CINEFEST: CINEMA TRANS-ALPINO
Le quattro giornate di Napoli
Die vier Tage von Neapel
I/F 1962, R: Nanni Loy, B: Carlo Bernani, Vasco Pratolini, Massimo Franciosa, Pasquale Festa Campanile, D: Regina Bianchi, Gian Maria Volonté, Aldo Giuffré, 113’ 35 mm, DF
Anfang der 1960er Jahre macht der italienische Komödienregisseur Nanni Loy einen Exkurs ins Genre des Anti-Kriegsfilms. 1961 entsteht Un giorno da leoni und im Folgejahr Loys wohl berühmtester Film Die vier Tage von Neapel. Der Film behandelt den im September 1943 in Neapel stattfindenden Aufstand gegen die deutschen Besatzungstruppen. Die Filmpremiere am 16. November 1962 liegt nur ein halbes Jahr nach dem deutsch-italienischen Abkommen, das zum Ziel hatte, alle italienischen Forderungen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs abzugelten. Bereits zuvor waren die Akten über deutsche Kriegsverbrechen im Zuge der NATO-Integration Deutschlands in den sogenannten Schrank der Schande gewandert, wo sie etwa vierzig Jahre lang verblieben. Dementsprechend sind die Reaktionen: in Italien entflammte die Diskussion um die Resistenza neu, in der Bundesrepublik ist die Empörung groß und die DDR findet einen weiteren Beleg für die Verbrechen des Nationalsozialismus. „Die Empörung deutscher Rezensenten war um so größer, als das neapolitanische Aufstands-Epos keineswegs das einzige italienische Lichtspiel ist, in dem deutsche Kriegsteilnehmer unheroisch abgebildet wurden. Seit drei Jahren trampeln immer häufiger SS- und Wehrmachtsstiefel über italienische Filmleinwände, bis sie jeweils zum bösen Ende über den Heroismus ausgeplünderter und barfüßiger Italiener stolpern.“ (Der Spiegel, Dezember 1962). (ft)
Einführung: Fabian Tietke
am 5.2.2011 um 21.00 Uhr
CINEFEST: CINEMA TRANS-ALPINO
Italienreise – Liebe inbegriffen
BRD 1957, R: Wolfgang Becker, D: Paul Hubschmid, Susanne Cramer, Hannelore Schroth, Walter Giller, Bum Krüger, 97’ 35 mm
Eine mit leichter Ironie getränkte Bestandsaufnahme all jener Klischeebilder vom Sehnsuchtsort Italien, die in den 1950er Jahren von der aufstrebenden Tourismusbranche und zahlreichen Lustspielen und Schlagerfilmen verbreitet werden. In Italienreise – Liebe inbegriffen fährt eine Busladung deutscher Touristen durchs Land, hakt die obligatorischen Sehenswürdigkeiten ab und meidet dabei tunlichst den Kontakt mit der italienischen Bevölkerung. Viel zu sehr sind die Reisenden auch beschäftigt mit ihren eigenen Gefühls- und Liebesverwirrungen. „Dieser neue deutsche Unterhaltungsfilm bietet sich in dieser naßkalten Zeit tatsächlich als eine bemerkenswert preisgünstige Reisegelegenheit in den sonnigen Süden an. (…) Regisseur Wolfga,
ng Becker war sichtlich um differenzierte Kurzweil bemüht, während Kameramann Heinz Pehlke flink und bewegt den optischen Reichtum Italiens vor seine Kamera nahm. Angenehm, sich in 90 Minuten zwischen Venedig und Florenz von soviel Sonne blenden zu lassen. Und kaum zu glauben, daß in einem deutschen Reise-Lustspiel a) niemand in Venedigs Kanäle plumpst, b) kein einziges Bett zusammenkracht und c) eventuell drohende Sentimentalität gleich komisch aufgetrocknet wird.“ (Der Abend, 15.1.1958) (ps)
Einführung: Chris Wahl am 6.2.2011 um 18.30 Uhr
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