preußische Staatsministerium in seinen Erinnerungen auf eine
Formel, die zeigt, wie sehr der Name der Wilhelmstraße längst
zur topographischen Metapher geworden war. Brecht stellt seine neue
Tätigkeit als preußischer Beamter, seinen Wechsel von der
Westseite auf die Ostseite unter den Titel: Auf der anderen Seite der
Wilhelmstraße.
Der "Preußenschlag" war nur der erste Schritt auf dem
Weg zur "Gleichschaltung der Länder", die mit dem gleichnamigen
Gesetz vom 31. März 1933 ihren Ausgangspunkt
nahm und bis 1936 mit der zwangsweisen Vereinigung der preußischen
Ministerien mit den Reichsministerien abgeschlossen war. Die Wilhelmstraße
blieb nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten und nach
der Ausschaltung des Reichstags durch das "Ermächtigungsgesetz"
der zentrale Ort der Konzentration politischer Macht in Berlin. Bereits
1935/36 ließ Göring auf dem Grundstück des ehemaligen
preußischen Kriegsministeriums, das sich südlich der Leipziger
Straße von Wilhelmstraße 81-85 erstreckte, ein Ministerium
für Reichsluftfahrt bauen; im Verlauf des Jahres 1938 errichtete
der Architekt Albert Speer im Auftrag Hitlers in der Voßstraße
eine "Neue Reichskanzlei". Der Klang, den der Name der Wilhelmstraße
hatte,wurde jedoch zunehmend auch von einem anderen Gebäude bestimmt.
In Nr. 102, das Prinz-AlbrechtPalais, zog 1934 der "Sicherheitsdienst
der SS" ein, der 1939 mit der in der Prinz-Albrecht-Straße
8 benachbarten Geheimen Staatspolizei sowie anderen Dienststellen von
SS und Polizei zum Reichsicherheitshauptamt zusammengefaßt wurde.
Von hier aus wurde das System der Konzentrationslager gesteuert, der
Name der Wilhelmstraße war Synonym für die Zentrale des Terrors.