Daß der Reichstag »nach dreizehnjährigem Bestehen
erst jetzt an den Reichstagsbau« geht, wie der nationalliberale
Abgeordnete Bamberger in seinem Diskussionsbeitrag am 9. Juni 1883,
chronologisch nicht ganz korrekt, bemerkt, »schreibt sich«,
so Bamberger
weiter, »von zwei besonders ungünstigen Umständen her,
gegen welche dieser Plan von Anfang an zu kämpfen hatte. Das eine
war die Ungunst, die der ganzen Sache von oben entgegengebracht ward...und
es lag, möchte ich sagen etwas symbolisches darin, daß gerade
die Herstellung des Reichstagsgebäudes, der Ausbau der inneren
Repräsentation der deutschen Nation, kühl behandelt ward und
auf mannigfache Hindernisse stieß«.
Gewiß trug eine gewisse »Ungunst...von oben« erheblich
zu der Verzögerung bei, mit der der Beschluß vom 19. April
1871 schließlich ins Werk gesetzt werden konnte. Als Ende 1872
klar wurde, daß der in Aussicht genommenen Bauplatz auf der Ostseite
des Königsplatzes, das Gelände, auf dem schließlich
doch gebaut wurde, nicht zur Verfügung stand, wiedersetzte sich
Wilhelm I. beharrlich dem von der Reichstagsmehrheit in drei Abstimmungen
1873, 1874, und 1876 ausgesprochenen Wunsch, den Reichstag auf einem
Gelände auf der Südseite der Leipziger Straße zu errichten;
für den Kaiser kam nur das Gelände des »Kroll'schen
Etablissements« auf der Westseite des Königsplatzes in Frage.
Zwar lehnte Bismarck, wie die Reichstagsmehrheit, dieses Gelände
ab, war aber nicht bereit, den Wünschen des Parlaments, mit dem
er seit Mitte der siebziger Jahre wiederholt schwere Auseinandersetzungen
führte, entgegenzukommen; es scheint, als habe er vor allem durch
die dilatorische Behandlung der Anträge des Reichstags auch zur
Verzögerung beigetragen.