Und wie sie so dicht beieinander hielten, meinte ihn der von Schaumberg
ins Gesicht zu treffen, Schoß ihm aber zu hoch durch die Überhaube
und die Kappe und verwundete ihn nicht, und als der Soldknecht auch schießen
wollte, schlug dem das Pferd so rasch mit dem Kopf an die Armbrust darüber,
daß ihm der Pfeil entfiel. Darauf schrie der Soldknecht seinen Gegner
an, er solle ihm doch sagen, wer er sei, und griff schnell nach einem
zweiten Pfeil im Köcher. Schaumberg kam ihm mit dem Schwert zuvor,
so daß er die gespannte Armbrust hinwerfen mußte. Er griff
ebenfalls nach der Klinge. Doch kam Wilwolt ihm an die Seite und traf
ihn unter dem Arm. Der Soldknecht wandte sich aus dem Stich, ließ
sein Schwert los, und das verlor das Gleichgewicht und fiel aus der Scheide.
So wurde er gezwungen, stille zu halten und Bescheid zu geben, sagte,
er gehöre zu Herrn Jakob von Landau, und bat seinen Gegner, ihm doch
zu sagen, wer er sei. Das tat Wilwolt gern und nahm ihm eine alte Urfehde
ab.
Das nahm sich der Soldknecht schwer zu Herzen und dachte und meinte, wenn
das von ihm bekannt würde, werde er, auch wenn er stets als redlicher
Soldknecht gegolten habe, fortan als heilloser Mann angesehen werden.
Wilwolt sagte: " Langsam, Lieber. Andere sind auch Leute. Hast du
nie gehört, daß dort, wo zwei miteinander spielen, einer gewinnen
und der andere verlieren muß?"
Darauf bat der Soldknecht Wilwolt von Schaumberg inständig, ihm sein
Schwert und die Armbrust zu reichen, und er ließ ihn wissen, daß
ihn sein Pferd draußen nicht mehr aufsitzen lasse. Der von Schaumberg
überlegte sich, daß der Soldknecht, falls er das nicht tue,
es ihm als Furcht auslegen könne. So befahl er dem Soldknecht, beiseite
zu rücken, saß ab, ließ sich von dem Soldknecht die Armbrustwinde
geben, löste die Armbrust, die noch gespannt war, gab sie mit der
Winde und allem, auch das Schwert, dem Soldknecht, saß wieder auf,
und sie ritten zusammen bis zur feuchten Lache, dem Wald, der nahe bei
Ansbach liegt. Da sagte der Soldknecht: "Junker, ich will den Wald
ansehen." Er legte einen Pfeil an, und Wilwolt tat das gleiche, und
wurde eher fertig als er, und wie sie durch den Wald kamen, wandte sich
der Söldner um und sagte: "Nun ist es nicht nötig."
Er hätte es gern gehabt, daß der von Schaumberg seinen Pfeil
als erster abgeschossen hätte. Der wollte aber seinen Vorteil nicht
aufgeben. Er verstand gut, daß den Soldknecht der Hohn, der ihm
begegnet war, heftig verdroß Als der Soldknecht das merkte, ließ
er von sich aus von seinem Vorhaben ab.
Als Wilwolt von Schaumberg abends mit anderen Grafen, Herren und Adligen,
die, wie es Hof-Brauch ist, nicht stets am Hof zum Essen gingen, diesesmal
beim Wirt aß, trat der Soldknecht vor, indem er vielleicht dachte,
es sei besser, wenn er den anderen davon berichtete. Das würde ihm
nicht soviel Schande bringen. Er ließ wissen, daß er sein
Leben lang als ehrlicher Soldknecht gegolten habe. Dennoch sei ihm an
diesem Tage das mit dem Junker Wilwolt zugestoßen. Er erzählte
den ganzen Hergang und wie ihn schwere Schande getroffen habe und wo sein
Gegner einen Vorteil ergriffen oder sie sich geeinigt hätten, und
er sei bereit gewesen, die erlittene Schande zu rächen. Als aber
die Herren und Adligen diesen Hergang vernahmen, führten sie eine
Einigung zwischen den beiden herbei, und Wilwolt sollte die Unterkunft
und den Abendverzehr des Soldknechts bezahlen, und damit sollte alles
gesühnt, vertragen, erledigt, gerichtet sein und der Soldknecht von
Wilwolt als anständiger Kerl angesehen werden.
Wie immer man sich diese Begegnung in der Nähe von Ansbach vorzustellen
hat: Hier waren leichte Waffen im Einsatz. Die schweren waren dem Ernstfall
vorbehalten, und der hieß im Falle der schönen Harnische Ritterspiel:
Reiterkampf von Einzelkämpfern - Stechen, Rennen, Kampf mit dem Kolben
oder mit dem Schwert -, Kampf von Reitergruppen - das meint im engem Sinne
das Wort Turnier -, sowie Kampf zu Fuß, wie er sich an den Reiterkampf
meistens anschloß. Auch jenseits der Kampfgattungen - Lanzenkampf,
Stechen, Rennen usw. - hat man es mit einer Vielzahl von Möglichkeiten
zu tun. Sie reichen von der einfachen Kampfveranstaltung bis zum repräsentativen
Schaugefecht mit vielen Teilnehmern, von einer nach unseren Begriffen
eher sport-lichen Veranstaltung zu Treffen, die wirkliche Kampfdimensionen
annahmen - sei es, weil es sich so ergab, sei es deshalb, weil da Gegner
aufeinandertrafen, die Gegner nicht erst beim Ritterspiel waren, sondern
ältere Rechnungen zu begleichen hatten. So ist jede Waffe im Museum
jedenfalls potentiell mehr als ein Sportgerät - so schön und
künstlich und "spätgotisch" sie auch wirkt und von
Anfang an wirken sollte.
Der Biograph Wilwolts von Schaumberg stellt eine ganze Reihe solcher Hergänge
dar, oft so detailliert, daß man seine Erzählung nicht mit
Hilfe einer anderen Überlieferung kontrollieren kann. Wo das möglich
ist, erweist sich sein Bericht als zuverlässig. Doch kommt es hier
weniger darauf an, ob eine Einzelheit verbürgt oder ob sie vom Autor
fingiert ist. Da dieser Wirkungen auf Jüngere seines Standes erzielen
wollte, mußte, was er berichtet, jedenfalls möglich sein. Und
es mußte die potentiellen Harnisch-Träger mental ansprechen.
So kann man diese Erzählungen als willkommenes Gegenstück zu
den erhaltenen Waffen und Harnischen betrachten. Der Held der zu Anfang
des 16. Jahrhunderts verfaßten Erzählung, Wilwolt von Schaumberg
(1446-1510), gehörte einer angesehenen fränkischen Familie an,
konnte jedoch von seinem Erbe nicht leben. Nach einer adligen Erziehung,
zeitweilig am Hof Kaiser Friedrichs III., nimmt er, seinem Biographen
zufolge, an Fehden in seiner Heimat teil.
Als dieser Krieg auch zum Ende gekommen war und Wilwolt von Schaumberg
in eigener Sache oder der seiner engeren Verwandtschaft nichts zu tun
hatte, war die kleine Reiterei üblich, indem einige Freiherren und
Adlige, da dergewöhnliche Streit im Frankenland selten ruht, Ansprüche
gegeneinander hatten, sich Burgen abnahmen, Dörfer plünderten
und abbrannten, Vieh wegführten und ähnliches taten. In diesen
Angelegenheiten diente er kräftig seinen guten Freunden, die ihm
schrieben. Er bewarb sich weiterhin und diente als Reiter und verschaffte
sich bei den Fürsten und der Ritterschaft ein großes Ansehen.
Dieser frühe Ruhm veranlaßte eine vermögende adlige
Dame, mit Wilwolt eine bulschaft einzugehen. Auch hier versucht
der Autor, ein Thema der klassischen höfischen Epik zu revitalisieren,
das Minnebündnis zwischen dem Ritter und der vornehmen Frau, das
nun allerdings eine etwas andere Gestalt erhält. Die vornehme Dame
engagiert Wilwolt nicht nur zu Liebesstunden, sondern auch als Turnierhelden
und stattet ihn zu diesem Zweck reichhaltig aus, und diese Ausstattung
läßt erkennen, wie das, was von solcher Pracht auf uns gekommen
ist, nämlich die Waffen und Harnische, zusammen mit teuren Pferden,
Gold und Perlen, Samt und Seide, vorgeführt wurde.
Nun ist es sehr wahr und wird auch oft bewiesen, wie Ovid schreibt,
daß jede Frau von Ehre besondere Liebe und Lust und Wohlgefallen
gegenüber männlichen, unerschrockenen und kühnen, ernst
zu nehmenden Männern empfindet, wobei sie bedenkt, daß die
eher und zupackender etwas wegen einer Frau wagen oder tun als hausbackene
oder weibische Männer. Das half auch diesem von Schaumberg, daß
sich ihm eine edle tugendhafte Frau in Liebe verband. Der versprach er
in einer Verabredung und Abmachung ihres Liebesverhältnisses, sich
nach ihrem Wunsch und Willen zu verhalten. Dagegen sagte sie zu, sie wolle
ihn, wenn er seinem Versprechen so nachkomme, nicht im Stich lassen und
an ihrem Vermögen, entsprechend ihren Möglichkeiten, wie sie
einer edlen, frommen und tugendhaften Frau zukamen und sie das mit Ehre,
Anstand und angemessen tun könnte, Anteil nehmen lassen. Sie wollte,
worum er sie auch bat, keinem unnützen Schwätzer sein Gerede
glauben. Ferner befahl sie ihm, ritterlich und ehrenhaft in ihrem Dienst
zu leben. Dazu wollte sie ihn weder Mangel noch Not leiden lassen.
Er richtete sich nach ihrem Wunsch, suchte, wovon es damals viele gab,
Rennhöfe auf und veranstaltete solche und ritt mit kostbarer Waffenkleidung,
seidener Decke und was sonst dazugehörte ins Stechen, meist in guter
Seide und kostbarem Schmuck am Hut und mit guten goldenen Ketten um die
Arme und anderen dazu passenden Kleinodien. Er hatte auch stets vier oder
sechs Fußknechte, die ihm in Seidenkleidern seiner Farbe auf der
Kampfbahn dienten, und er war für solche Kampfspiele gut ausgerüstet,
immer auch hinreichend mit Pferden ausgestattet und nach ihrem Geschmack
Sommers wie Winters mit seinen Knechten und Pferden standesgemäß
und gut gekleidet, worüber sich viele Leute, die seine Lebensverhältnisse
und Einkünfte kannten, mächtig wunderten und einige, wie es
denn der Welt lauf ist, geradezu weinten. Und obwohl dieses Verhältnis
von niemand genau erkannt und entdeckt werden konnte, wurde es doch aufgrund
von Vermutungen ihren Verwandten vielfach weitergegeben, weshalb er oft
gewarnt wurde, sich von diesen Orten zu entfernen, sonst würde er
um seinen Hals kommen und einen besonders gräßlichen Tod finden.
Doch wie wurden diese kostbaren Ausstattungen vorgeführt? Einerseits
gab es die etablierten Gattungen des Schaukampfes. Auf der anderen Seite
waren Novitäten gefragt. Kaiser Maximilian selbst tat sich auf diesem
Felde hervor. Und auch Wilwolt von Schaumberg unternahm den Versuch, seiner
Dame mit einer originellen Erfindung zu dienen. Ein leichtes Lanzen-Stechen
sollte nicht einfach auf den Zusammenstoß der beiden Reiter zielen.
Diese hatten vielmehr die Aufgabe, einen kleinen Spiegel zu treffen, der
auf dem Schild des Gegners befestigt war. Und damit das ganze auch den
Kitzel des Risikos hatte, verführte Wilwolt seinen Partner, einen
älteren Ritter, nicht nur dazu, daß ein Kranz den Helm ersetzen
sollte, sondern er fand ihn auch bereit, mit ihm zusammen die Turnierveranstalter,
die solchen leichtsinnigen Sport nicht dulden wollten, zu überlisten.
Das Ende des sonst so gelungenen Stücks ist jedoch ein wenig prosaisch.
Die beiden Helden streiten sich um einen Kampfpreis von mäßigem
Wert.
Zu Anfang dieses Buches wird gesagt, daß die Jungen, die es lesen
werden, sich ein Beispiel daran nehmen sollen, und man hat gehört,
wie sich der Held dieser Geschichte zuvor oft in bloßer Hoffnung
auch einer verschleierten Dame zuliebe auf Kampfspiele und Kämpfe
eingelassen hat. Umso mehr gedachte er nun, da er in einer wirklichen
Verpflichtung die vor Augen sah, die ihn so vielfältig erfreut hatte
und ihm am Herzen lag, ein ausgesucht originelles Ritterspiel zu beginnen.
Er verabredete mit Eberhard von Brandenstein, der in seiner Jugend ebenfalls
ein Freund der lustigen Geselligkeit und ein unerschrockener Mann gewesen
war, ein Rennen, bei dem jeder auf seiner Tartsche einen Spiegel und keinen
Rennhelm tragen sollte, sondern toupiertes und geschmücktes Haar
und ein schönes Kränzlein, und wer den Spiegel auf der Tartsche
am nächsten treffe, der sollte den Preis, der zehn Gulden wert war,
gewonnen haben. So kamen sie in ihrem Schmuck auf die Kampfbahn, und mein
Wilwolt war so richtig reiterlich herausgeputzt. Sie berieten den Kampf.
Da ließen ihm Herzog Ernst und Herzog Albrecht, beides Fürsten
von Sachsen, durch Herrn Haubold von Schleinitz, Obersten Hofmarschall,
und Herrn Heinrich von Einsiedel sagen, wenn sie sich in ein Rennen begeben
wollten, dann sollten sie sich mit Helmen und allem, was zu einem Rennen
gehört, schützen wie andere Angehörige der Ritterschaft.
Sie antworteten: wenn es der Fürsten Wille nicht anders sei, wollten
sie noch ein- oder zweimal herumreiten und dann abziehen. Da sie vorher
wohl bedacht hatten, daß man ein solches Rennen nicht gern zulassen
werde, besprachen sie sich nun und stießen zusammen, und Herr Eberhard
von Brandenstein traf das Brettchen, in das der Spiegel gefaßt war,
an einer Ecke, aber Wilwolt das Spiegelglas auf Herrn Eberhards Tartsche.
Da entstand ein Streit zwischen ihnen, und Wilwolt meinte, Herr Eberhard
habe den Preis verloren. Da sagte Herr Eberhard, die Bedingung, den Spiegel
am nächsten zu treffen, sei erfüllt. Er habe das Brett, das
dem Spiegel verbunden sei, getroffen, und ein vollkommener Spiegel könne
nur ein solcher genannt werden, der gefaßt sei. Also hätten
sie beide den Spiegel getroffen, und es sei nicht ausgemacht gewesen,
daß man ihn am besten in der Mitte oder am Rande treffe. Auf ihrer
beider Bitte, eine Entscheidung herbeizuführen, wurde ein Rittergericht
gebildet, und mit Wilwolt wurde so lange gesprochen, bis er seinen Anspruch
gütlich fallen ließ.
Ludwig von Eyb verknüpft mit der Erwähnung der Treffen von
Würzburg (1479) und von Mainz (1480) die Bemerkung, daß damals
wieder die großen Turniere begonnen hätten. In der Tat beginnt
mit diesem Würzburger Turnier eine dichte Reihe von Turnieren, auf
denen sich Hunderte von Adligen und Fürsten trafen, geordnet nach
vier Landschaften und die meisten von ihnen gestützt durch ihre Zugehörigkeit
zu ritterordensähnlichen Adelsbruderschaften wie z. B. der Gesellschaft
vom Einhorn oder der vom Esel, die in der Geschichte Wilwolts eine Rolle
spielen.
Die Turniere waren streng reguliert. Die Teilnahmeberechtigung wurde genau
geprüft. Diese Veranstaltungen trugen wesentlich zum Abschluß
des Adels gegenüber den Angehörigen der führenden Stadtfamilien
bei. Turnierfähigkeit wurde zum Synonym für Adel, und so führen
die Harnische ihren heutigen Betrachter nicht nur in traumhafte Bezirke
von Ritterherrlichkeit, sondern auch zu elementaren sozialgeschichtlichen
Prozessen. Obwohl der Ablauf der Kampfspiele in einer Weise reguliert
war, die den Vergleich mit heutigen Fußballspielen erlaubt, konnte
aus dem Sport doch Ernst werden. Die Kampfrichter erlaubten mehr als Schiedsrichter
heute und mußten das tun, da schließlich Waffen im Spiel waren.
Und die Spieler konnten den Schaukampf nutzen, einen alten Streit auszutragen.
So gehörte zur Vorgeschichte des Mainzer Turniers ein Erbstreit.
Die Führer der streitenden Parteien ritten nach Mainz und versuchten,
die Sache durch das Turniergericht beilegen zu lassen. Die Beleidigungen,
die dabei fielen, waren geeignet, die Ehre der Beleidigten - und damit
ihre Turnierfähigkeit - zu schädigen. So wurde das Turnier benutzt,
um die gefährdete Ehre wiederherzustellen - unter Zuhilfenahme einer
jener Adelsgesellschaften, aber in einer Weise, über die sich wundern
mag, wer sich die Wirklichkeit, aus welcher die Harnische stammen, allzu
festlich-sportlich vorstellt. Hier wird ein Ritter in die Enge getrieben,
von vielen überwältigt, im Zustand der Wehrlosigkeit verprügelt
und am Ende samt seinem Sattel auf den Zaun des Kampffeldes gesetzt -
wie jemand, der einen Regelverstoß unternommen hat und nun nicht
einfach vom Feld verwiesen wird, sondern groben Spott erdulden muß.
Damals begannen wieder die Turniere, wie sie früher gehalten worden
waren. Das erste war zu Würzburg, das zweite zu Mainz. Das wurde
von den Franken ansehnlich und gut besucht, und es kamen viele zerstrittene
Parteien dorthin, besonders Martin Zöllner, ein Ritter. Den verklagte
vor den vier Landen Bayern, Schwaben, Franken und Rheinländern Adam
von Schaumberg und trug vor, daß Herr Martin Zöllner der Mutter
seiner Ehefrau ihr mütterliches Erbe und Gut gewaltsam vorenthalte.
Obwohl Adams Schwiegermutter und Herrn Martins Ehefrau von der Mutter
her leibliche Schwestern seien, habe dieser dennoch nach dem Tode ihrer
Mutter, die bei Herrn Martin lebte, beider Frauen Erbgut gewaltsam an
sich genommen. Er habe ihre Untertanen zur Erbhuldigung gezwungen und
die Inhaber des Hofs zu Haßfurt mit dem Siegel der verstorbenen
Frau betrogen, so daß sie ihm die Schlüssel zu allen Silber-schränken
und das Bargeld übergeben und den Hof mit zahlreichem und großem
Zubehör überantwortet hätten. Und nachdem Herr Martin seine
Antwort gegeben hatte, nahm sich Wilwolt seines erwähnten Vetters,
des Sohnes des Lorenz von Schaumberg, von dem vorher die Rede war, und
der noch ein ziemlich junger Bursche und sein Neffe war, an, und er stieß
mit Herrn Martin so zusammen, daß ihn dieser der Lüge bezichtigte.
Darauf sagte Wilwolt, er wolle ihm die Lügen ins Maul stoßen.
Dessen Antwort war, er wolle ihn auch nicht schonen und zurückschlagen.
Und einer gab dem andern ziemlich böse Worte.
Nun überlegte der treue Wilwolt, wie Herr Martin seinem Verwandten
so Unrecht getan habe. Er erwog auch die Worte, die jener öffentlich
gebraucht hatte, und sorgte sich, er würde als verächtlich gelten,
wenn er nicht mehr dagegen tue. Damals wurde Herr Martin von jedermann
für einen ernst zu nehmenden, tapferen und unerschrockenen Mann gehalten.
Um sich deshalb umso besser vorzubereiten, bewarb sich Wilwolt bei einigen
Bayern und der Gesellschaft mit dem Esel. Alle sagten ihm zu. Herr Martin
Zöllner bewarb sich auch um Verbündete. Als aber Wilwolt die
Dinge sorgfältig bedachte, was er und wie er es am besten unternehmen
könnte, schlief er nachts wenig und sagte seinen Verbündeten
am Morgen, sie sollten ihn aufmerksam beobachten. Und als man in die Schranken
gezogen war und an Seilen hielt, rückte Wilwolt von Schaumberg dem
oft erwähnten Herrn Martin an die Seite, und als das Seil zerhauen
und durchbrochen war, nahm Wilwolts Knecht, der bei den Schranken auf
ihn wartete, sein Pferd beim Zügel, brachte ihn gleich zu Herrn Martin,
den er sogleich mit dem Zaum band, ohne darauf zu achten, wie dieser auf
ihn einschlug, und hielt ihn so, bis seine Verbündeten herankamen.
Die umzingelten ihn und schlugen ihn maßlos. Nun kamen Herrn Martins
Verbündete auch und fragten, was der Grund dieser Schlägerei
sei. Sie erhielten die Antwort, jetzt sei keine Zeit; auf dem Tanzhaus
würde es erklärt werden. Da mußten Herrn Martins Verbündete
abziehen und die andern mit ihm gewähren lassen. Darauf rissen sie
ihn bis zu den Sporen aus dem Turniersattel, legten ihn seinem Pferd auf
den Rücken und schlugen ihn so lange auf den Bauch, bis er das Pferd
hergab. Darauf setzten sie ihn wieder aufrecht und ließen ihm durch
die Kampfrichter die Gurte zerschneiden und ihn wie einen Mann, der die
Turnierstrafe verdient hat, in seinem Sattel auf die Schranke setzen...
|