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    KUNST DES DOKUMENTS – TIBET

 

KUNST DES DOKUMENTS – TIBET

In acht Filmprogrammen unternimmt KUNST DES DOKUMENTS –TIBET eine dokumentarische Spurensuche durch den tibetischen Kulturraum. Dabei sind sowohl europäische wie auch asiatische Perspektiven vertreten: rare, frühe Aufnahmen aus den 1920er bis 1950er Jahren, die auf den Forschungsexpeditionen deutscher und britischer Wissenschaftler entstanden sind, und die Arbeiten tibetischer und indischer Filmemacher, die die kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Umwälzungen der Gegenwart dokumentieren. KUNST DES DOKUMENTS –TIBET stellt dem zeitgenössischen Interesse an Tibet die vergessene Geschichte seiner westlichen Deutungen an die Seite. Die von Jan Henselder kuratierte Filmreihe wird von einer Ausstellung im Foyer des Zeughauskinos begleitet.

 

 

KUNST DES DOKUMENTS – TIBET
Mönche, Tänzer und Soldaten – Das Kloster Kumbum
D 1926/1953 R: Erich Palme K: Wilhelm Filchner, Sprecher: Siegfried Schürenberg, 30’ (Ausschnitt) 16 mm

The Search for Shangri-la. Tibet on Film 1922 – 1950
GB 2010, R: J. B. Noel, F. M. Bailey, Charles Bell, Peggy Williamson, Basil Gould, Major Guthrie, Major Sherriff, Tsien Lien Shen, Betty Sherriff, 82’ engl. ZT, DigiBeta

Bei seiner ersten Tibet-Expedition entdeckte der Geophysiker, Forscher und Reiseschriftsteller Wilhelm Filchner 1904 das Kloster Kumbum im Nordosten Tibets. Tief beeindruckt von dem religiösen Leben der Lama-Mönche, ihren Tänzen, Gebeten und rituellen Zeremonien gelangen ihm auf seiner zweiten Asienreise 1925-1928 historisch einzigartige Filmaufnahmen von Kumbum. Das Kloster, das einst etwa 7.000 Mönche beherbergte, wurde während der Kulturrevolution fast völlig zerstört. Nur wenige der alten Gebäude sind heute noch erhalten. Filchner filmte die Anlage, Mönche und Laien auf dem Weg zu einem Klosterfest, Novizen mit Geistermasken und ihre rituellen Tänze. Es gelang ihm, die Filmaufnahmen quer durch China zur Küste transportieren zu lassen, von wo aus sie nach Deutschland verschifft wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg und seiner Internierung in Indien konnte Filchner das in Berlin unter einer Kohlenhalde versteckte Filmmaterial ausfindig machen und dem Regisseur und Produzenten Erich Palme zur Auswertung überlassen.
The Search for Shangri-la präsentiert vom BFI National Archive restaurierte Filme aus den Jahren 1922 bis 1950, also einer Zeit, in der es nur wenigen Reisenden, Forschern, Wissenschaftlern oder Diplomaten erlaubt war, Tibet zu betreten. Die ersten Filmaufnahmen dieser Kompilation stammen von Captain J. B. Noel, einem Fotografen und Kameramann der britischen Mount-Everest-Expedition aus dem Jahr 1922. In den nachfolgenden Jahren nutzten vor allem britische Diplomaten und Offiziere ihren Aufenthalt, um religiöse Zeremonien, Landschaften sowie das Leben der Mönche und Adeligen zu filmen. (clö)
Mit freundlicher Unterstützung des Wilhelm-Filchner-Archivs an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Musikalische Begleitung: Günter Schickert, Udo Erdenreich
Einführung: Jan Henselder
am 7.4.2011 um 20.00 Uhr

 

 

KUNST DES DOKUMENTS – TIBET
Cesta vede do Tibetu
Der Weg führt nach Tibet
ČSSR/CN 1954, R: Vladimir Sís, Josef Vaniš, 60’ 35 mm

Einen Dokumentarfilm über den monumentalen Bau der Straße von Sichuan nach Lhasa zu drehen – das war der Auftrag, den der tschechische Regisseur Vladimir Sís und sein Kameramann Josef Vanis erhielt und den sie 1954 zusammen mit der Filmabteilung der chinesischen Volksbefreiungsarmee realisieren sollten. Mit dem Auto, zu Fuß und auf Pferden reisten sie 1.760 km quer durch Tibet nach Lhasa und filmten nicht nur den aufwändigen Bau der Straße sondern auch die Landschaft, das Leben der Tibeter in den Städten und Dörfern, Gebäude und religiöse Feste. Ende November 1954 erreichten sie Lhasa und erhielten nach elftägiger Wartezeit die Erlaubnis, die für Ausländer schwer zugängliche Stadt zu betreten. Sís und Vanis nutzten die Möglichkeit und filmten und fotografierten alle wichtigen religiösen und kulturellen Stätten: Tempel, Marktplätze, Potala, die Residenz des Dalai Lama, der Jokang Tempel – Orte und heilige Stätten, die später während der Kulturrevolution zerstört wurden. Aus dem Material entstanden drei Schnittfassungen: die offizielle tschechoslowakische und eine chinesische Version sowie die der Autoren selbst, die Preise auf den Filmfestivals in Karlovy Vary und Venedig erhielt. (clö)

Einführung: Jarmila Ptackova
am 13.4.2011 um 20.00 Uhr

 

 

KUNST DES DOKUMENTS – TIBET
Ba ge nanjie shiliu hao
No. 16, Barkhor South Street
CN 1996, R: Duan Jin-Chuan, 100’ DigiBeta, OmeU

Barkhor South Street Nr. 16 lautet die Adresse eines Nachbarschaftskomitees in Lhasa, das Regierungsmaßnahmen auf lokaler Ebene durchsetzen soll. Die Mitarbeiter haben jedoch mit anderen Problemen zu kämpfen: eheliche Streitigkeiten, Kleinkriminalität, Arbeitslosigkeit. Die Beziehungen, die bei dieser täglichen Arbeit zwischen den Bürgern und lokalen Autoritäten entstehen, werden von dem chinesischen Regisseur Duan Jinchuan und seinem tibetischen Kameramann mit viel hintergründigem Humor eingefangen. Beeinflusst von der Arbeitsweise des US-amerikanischen Dokumentarfilmers Frederick Wiseman kommt No. 16, Barkhor South Street ohne Interviews, Kommentare oder Musik aus. Der Filmemacher bleibt ein scheinbar unsichtbarer Beobachter, der den Zuschauern beiläufig und ohne viel Aufhebens intime und persönliche Einblicke in das gesellschaftliche Klima des modernen Lhasa ermöglicht. Für die chinesische Dokumentarfilmszene nach 1989 waren Jinchuans Filme ein wichtiger Impuls. In einem Interview mit Joshua Fisher erklärt er: „Wir finden, dass die chinesische Geschichte ganz anders ist als sie in der Schule dargestellt wird. Also müssen wir überlegen, wie wir die Realität darstellen können.“ 1997 gewann No. 16, Barkhor South Street den Grand Prix du Festival du Réel in Paris. (clö)

am 21.4.2011 um 20.00 Uhr

 

 

KUNST DES DOKUMENTS – TIBET
Tibetische Erinnerungen
A 1995, R: Manfred Neuwirth, 23’ DigiBeta

Tibet Revisited
A 2005, R: Manfred Neuwirth, 86’ 35 mm

Ein „filmischer Flaneur“, wie sich Regisseur, Produzent, Kameramann und Medienkünstler Manfred Neuwirth selbst bezeichnet, versteht das Reisen als inhärente Form des Filmens. Sein Kurzfilm Tibetische Erinnerungen ist ein filmisches Reisejournal, das Tibet in den Jahren 1988 bis 1995 zeigt. Keine heiligen Berge oder betende Mönche, sondern Detailaufnahmen, Straßenszenen, Plakatwände, Stimmen, Gesichter und Blicke hat Neuwirth mehr zufällig als geplant aufgenommen und zu 35 ausgesuchten Sequenzen mit gleicher Länge montiert und rhythmisiert. Die Montage entfaltet keine logische Abfolge, Chronologie oder Geschichte; die Bilder stehen für sich. Während sie in Zeitlupe abgespielt werden, läuft der Ton normal weiter – ein filmischer Zwischenraum entsteht, der die disparaten politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in Tibet und China nachempfinden lässt.
20 Jahre später widmet sich Neuwirth mit Tibet Revisited erneut dem kulturellen Wandel in Tibet. 28 ungeschnittene Plansequenzen à drei Minuten zeigen den Konflikt zwischen traditionellen Werten und den marktwirtschaftlichen Umwälzungen, die, von China ausgehend, das Land verändern. Manfred Neuwirth begibt sich direkt in das Geschehen hinein, stellt seine Kamera auf und lässt den Dingen ihren Lauf. Trotz der strengen filmischen Form schillert das Kaleidoskop des tibetanischen Alltags, reiben sich die Widersprüche der Moderne aneinander. (clö)

am 28.4.2011 um 20.00 Uhr

 

 

KUNST DES DOKUMENTS – TIBET
Geheimnis Tibet. Ein Filmdokument der Deutschen Tibet-Expedition Ernst Schäfer 1938/39
D 1942, R: Hans Albert Lettow, Ernst Schäfer, 104’ 35 mm

April 1938: Eine Forschungsexpedition aus Deutschland macht sich auf den Weg nach Tibet. Ernst Schäfer, Zoologe und Geologe, sowie alle fünf Beteiligten der Forschungsreise sind Mitglieder der SS. Himmler verspricht eine großzügige Finanzierung, um durch Schäfers Expedition der Theorie einer verschütteten Rasse der „Ur-Arier“ nachzugehen. Doch Schäfer weicht nicht von seinen wissenschaftlichen Zielen ab: „eine gesamtbiologische Erfassung des tibetischen Hochlandes (...) eine Erforschung von Erde – Pflanze – Tier– Mensch“. Die Finanzierung wird abgesagt, Schäfer beschafft sich die Mittel selbst, benötigt jedoch weiterhin die politische Unterstützung Himmlers. Nach Schwierigkeiten mit Einreise- und Aufenthaltsdokumenten gelingt es Schäfer auf inoffiziellem Weg, eine Einladung der tibetischen Regierung nach Lhasa zu bekommen. Die Bekanntschaft mit Reting Rinpoche, dem jungen tibetischen Regenten, der nach dem Tod des 13. Dalai Lama die Regierungsgeschäfte übernommen hatte, öffnet Türen. In Lhasa entstehen ausführliche Beschreibungen und Aufnahmen der Neujahrsfestlichkeiten im Potala. In Sikkim und Tibet dokumentiert die Forschergruppe Flora und Fauna, landwirtschaftliche Tätigkeiten und erstellt fotografische Portraits von Bewohnern. Die Forscher sammeln 2000 ethnologische Objekte. Es entstehen 22.000 Fotografien und ca. 17.500 Meter Filmaufnahmen. Geheimnis Tibet zeigt tibetische Kriegstänze für den Kriegsgott Mahakala, Paraden des tibetischen Militärs, Toten- und Leichenkulte sowie das Staatsorakel. (clö)

Einführung: Gerlinde Waz
am 5.5.2011 um 20.00 Uhr

 

 

KUNST DES DOKUMENTS – TIBET
The Reincarnation of Khensur Rinpoche
GB/IND 1991, R: Ritu Sarin, Tenzing Sonam, K: Andrew Carchrae, 50’ BetaSP, OmeU

The Thread of Karma
IND 2007, R: Ritu Sarin, Tenzing Sonam, 50’ DigiBeta, OmeU

Choenzey Samdub ist ein 47-jähriger Mönch, der in einem indischen Flüchtlingskloster lebt. Sein Meister Khensur Rinpoche, ein hoher Lama, ist seit vier Jahren tot und müsste nach tibetischem Glauben bald wiedergeboren werden. Choenzeys Aufgabe ist es, ihn zu finden und an seine spirituellen Aufgaben heranzuführen. Nach Reisen durch Indien, Nepal und Tibet trifft er auf einen vierjährigen Jungen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Heimlich schmuggelt er das Kind aus Tibet nach Indien, wo es vom Dalai Lama und dem tibetischen Staatsorakel tatsächlich als der wiedergeborene Khensur Rinpoche anerkannt wird. The Reincarnation of Khensur Rinpoche begleitet die liebevolle, fast väterliche Beziehung zwischen Mönch und Kind, zwischen Meister und Schüler durch die Rituale und Weihungen des tibetischen Buddhismus.
16 Jahre später ist aus dem vierjährigen Kind ein junger Mann geworden. In The Thread of Karma besuchen die Filmemacher Phara Khenchen Rinpoche, die Inkarnation von Khensur Rinpoche, erneut im Kloster Drepung. Der inzwischen 20-jährige junge Lama versucht den hohen Erwartungen gerecht zu werden. Wieder ist die komplexe menschliche Beziehung zwischen spirituellem Meister und seinem Schüler das zentrale Thema des Films. (clö)

am 12.5.2011 um 20.00 Uhr

 

 

KUNST DES DOKUMENTS – TIBET
Kokonor
F 2009, R: Dorje Tsering Chenaktsang (Jangbu), 53’ DigiBeta, OmeU

Kokonor ist der mongolische Name für den 4.500 qm großen Qinghai-See in der tibetischen Hochebene. Seit Jahrzehnten ist dieser See Schauplatz von politischen, sozialen und wirtschaftlichen Konflikten. Für die ansässigen tibetischen Nomaden ist der von ihnen Tso Ngönpo genannte See heilig; unter der Herrschaft von Mao Zedong kamen 1957 zunächst Siedler, die das Land bewirtschaften und die Region lebensfähig machen sollten, dann Wissenschaftler und Forscher, die in dieser Region erste Atombombentests durchführten. Heute ist Kokonor ein beliebtes Urlaubsziel für Touristen aus Beijing, die eine exotische Kultur erleben wollen. Der exiltibetische Filmemacher und Autor Dorje Tsering Chenaktsang (Jangbu) spürt in seinem zweiten Dokumentarfilm den kulturellen und gesellschaftlichen Veränderungen rund um den See nach. Interviews mit Nomadenfamilien, historische Filmaufnahmen aus den 1950er und 1960er Jahren und Beobachtungen am See erzählen die Geschichte einer jahrzehntelang verfehlten Politik. Kokonor gewährt einen ungeschminkten Einblick in eine nomadische Realität jenseits von romantischen Vorstellungen. (clö)

am 19.5.2011 um 20.00 Uhr

 

 

KUNST DES DOKUMENTS – TIBET
The Sun Behind The Clouds: Tibet’s Struggle for Freedom
A/F/IND/NL/CDN/GB/D 2010, R: Ritu Sarin, Tenzing Sonam, P: White Crane Films, 79’ DigiBeta, OmeU

50 Jahre sind seit der chinesischen Machtübernahme in Tibet vergangen: Der Dalai Lama ist mit dem politischen „Mittelweg“ zwar populär aber in seinen Autonomiebemühungen erfolglos geblieben. Eine neue Generation von Tibetern fängt an, den „gewaltfreien Weg“ zu hinterfragen. Sie sind hin- und hergerissen zwischen der Treue zu ihrem religiösen Oberhaupt und der Forderung nach völliger Unabhängigkeit von China. Als im März 2008 in Tibet die größten Unruhen seit 1959 ausbrechen, begeben sich der tibetische Filmemacher Tenzing Sonam und seine indische Partnerin Ritu Sarin mitten in die Proteste hinein. Sie dokumentieren den Protestmarsch, der vom indischen Dharamsala bis an die tibetische Grenze führen soll, und zeigen die internationalen Protestaktionen anlässlich der Olympischen Spiele in Beijing.
The Sun Behind The Clouds entfaltet die Komplexität des Konflikts durch Interviews mit Aktivisten, Journalisten, Historikern und Schriftstellern; auch kritischen Positionen zum Dalai Lama wird Raum gewährt. Der geschickte Einsatz von Handyvideos, Amateurfilmmaterial und Nachrichtenmitschnitten verweist auf die neue Rolle der Bilder und Medien in diesem ungleichen Kampf. Die Filmmusik hat der „Oscar“-Gewinner Gustavo Santaolalla (Brokeback Mountain, Babel) komponiert. (clö)

am 26.5.2011 um 20.00 Uhr

 

 

 

 

 

 

 
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