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    ORDNUNG UND VERNICHTUNG

 

ORDNUNG UND VERNICHTUNG

Die Polizei war ein zentrales Herrschaftsinstrument des NS-Regimes. Nicht nur die Gestapo, sondern auch alle anderen Sparten der deutschen Polizei waren am Terror gegen die politischen und weltanschaulichen Gegner der Nationalsozialisten beteiligt, zunächst im Inneren des Deutschen Reiches und seit Kriegsbeginn 1939 schließlich in allen von der Wehrmacht eroberten Gebieten. Mehrheitlich in der Weimarer Republik sozialisiert und ausgebildet, beteiligten sich deutsche Polizisten massenhaft an Verbrechen. Nur wenige mussten sich nach 1945 vor Gericht verantworten. Viele konnten in der Bundesrepublik ihre Karrieren im Polizeidienst fortsetzen. Ab dem 1. April ist im Deutschen Historischen Museum die Ausstellung ORDNUNG UND VERNICHTUNG – DIE POLIZEI IM NS-STAAT zu erleben, die das Zeughauskino mit einer Filmreihe begleitet. Neben Dokumentarfilmen, die vor allem die verschlungenen Lebenswege ehemaliger Polizeibeamter erforschen, steht mit drei Spielfilmen aus der Zeit des „Dritten Reichs“ auch die Funktion des Kriminalfilms im NS-Staat zur Diskussion.

 

 

ORDNUNG UND VERNICHTUNG
Oberwachtmeister Schwenke
D 1935, R: Carl Froelich, D: Gustav Fröhlich, Marianne Hoppe, Emmy Sonnemann, Walter Steinbeck, Karl Dannemann, 93’ 35 mm

Der junge Oberwachtmeister Schwenke verkörpert das Leitbild vom Polizisten als „Freund und Helfer“: Charmant, zuvorkommend und allzeit hilfsbereit. In seinem Berliner Revier ist er deswegen sehr beliebt. Die Blumenverkäuferin Maria verliebt sich in den Oberwachtmeister, doch den zieht es zu dem schüchternen Dienstmädchen Erna. Der Ganove Karl Franke benutzt sie, um dem Bankier Wenkstern zu erpressen, den die Polizei wegen Devisenvergehen verfolgt. Wenkstern flieht und begeht Selbstmord. Erna wird tot aufgefunden und Oberwachtmeister Schwenke das Opfer einer Intrige. Der gute Schupo wandelt sich daraufhin zum gnadenlosen Rächer, der verbissen um seine Ehre kämpft.
Die Vorlage für diesen Polizeifilm aus dem Berliner Milieu stammt vom Krimiautor Hans Joachim Freiherr von Reitzenstein. Das Drehbuch verfasste Robert A. Stemmle, der zahlreiche Drehbücher für Kriminalfilme des bundesdeutschen Nachkriegskinos schrieb. Wenige Monate nach der Uraufführung des Films im Januar 1935 heiratete die Hauptdarstellerin Emmy Sonnemann den preußischen Ministerpräsidenten und Oberbefehlshaber der Luftwaffe Hermann Göring. (am)

Einführung: Michael Wedel
am 5.4.2011 um 20.00 Uhr

 

 

ORDNUNG UND VERNICHTUNG
Dienst am Volk
D 1928/29, R: Walter Oberwinder, 80’ 35 mm

In der Weimarer Republik nutzte die Polizei auch den Film als Mittel der Öffentlichkeitsarbeit. Lehrfilme klärten über die Gefahren des wachsenden Straßenverkehrs auf. In Produktionen wie Die Großstadtpolizei und ihre Arbeit (1925) präsentierte sie sich bürgernah und modern. Mit Dienst am Volk produzierte die Düsseldorfer Polizei 1928/29 einen aufwendigen Werbefilm. Das Drehbuch schrieb der Pressechef der Düsseldorfer Polizei. Als Darsteller traten neben Berufsschauspielern auch Polizeibeamte auf. Die Werbebotschaft von der Volksverbundenheit und Leistungsstärke der Polizei ist in eine Spielfilmhandlung verpackt: Nach dem verlorenen Weltkrieg suchen die Freunde Heinz und Claus nach Wegen, um der wirtschaftlichen Not in den frühen 1920er Jahren zu entkommen. Während Claus auswandert, entscheidet sich der ältere Heinz für den Polizeidienst. Dienst am Volk zeigt Stationen seiner Ausbildung und späteren Tätigkeit. Dabei werden sowohl die militärischen Aspekte als auch die Bürgernähe der Polizeiarbeit hervorgehoben.
Dienst am Volk wurde am 1. Juli 1930 in Düsseldorf uraufgeführt und später in zahlreichen Städten gezeigt. Die politischen Entwicklungen unterliefen schon bald das im Film propagierte Ideal einer zivilen Polizei. In den bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen am Ende der Weimarer Republik fand dieses Ideal immer weniger Fürsprecher. (am)

Klavierbegleitung: Peter Gotthardt
Einführung: Jeanpaul Goergen
am 6.4.2011 um 20.00 Uhr

 

 

ORDNUNG UND VERNICHTUNG
Nachts, wenn der Teufel kam
BRD 1957, R: Robert Siodmak, D: Claus Holm, Mario Adorf, Hannes Messemer, Peter Carsten, 104’ 35 mm

Kriminalkommissar Axel Kersten, 1944 von der Front heimgekehrt, ermittelt im Mordfall der Kellnerin Lucy. Kersten glaubt nicht, dass der kleine Parteifunktionär Willi Keun der Täter war, sondern ordnet den Fall einer Serie weiterer Frauenmorde zu. Schließlich kann der Kriminalist den geistig zurückgebliebenen Bruno Lüdke als Täter überführen. Kerstens Vorgesetzter, der SS-Gruppenführer Rossdorf, scheint zufrieden: Der geisteskranke Serienmörder passt in das ideologische Bild vom „Berufsverbrecher“. Doch der Fall soll nicht publik werden, weil er die Propaganda der verbrechensfreien Gesellschaft gefährdet. Rossdorf lässt Lüdke umbringen und Keun als Täter verurteilen. Der aufrechte Kommissar Kersten wird zurück an die Front geschickt.
Mit der Rolle des Triebtäters Bruno Lüdke gelang Mario Adorf der Durchbruch als Filmschauspieler. Robert Siodmaks vielfach ausgezeichneter Spielfilm beruht jedoch nicht, wie immer wieder behauptet wird, auf Tatsachen. Die Kriminalisten des NS-Regimes machten den geistig behinderten Berliner Hilfsarbeiter Bruno Lüdke für zahlreiche unaufgeklärte Morde verantwortlich. Dieses ideologisch motivierte Zerrbild eines Serienmörders verfestigte sich in der Nachkriegszeit durch Publikationen von Kriminalisten und Journalisten. (am)

Einführung: Philipp Stiasny
am 8.4.2011 um 18.30 Uhr

 

 

ORDNUNG UND VERNICHTUNG
Im Namen des Volkes
D 1939, R: Erich Engels, D: Rudolf Fernau, Christine Grabe, Fritz Kampers, Ellen Bang, 84’ 35 mm

Ab 1934 beschäftigte die Berliner Kriminalpolizei eine neue Form des Verbrechens: An den Autobahnen und Landstraßen im Berliner Umland raubte eine Bande regelmäßig Autofahrer aus. Auch die bis dahin größte Fahndung der Berliner Polizei blieb zunächst erfolglos. Erst 1938 konnten die Brüder Max und Walter Götze als Täter gefasst werden. Ihnen wurden mehr als 150 Überfälle und zwei Morde angelastet. Das NS-Regime erließ daraufhin ein „Autofallenraubgesetz“, das rückwirkend in Kraft trat, um die Brüder Götze zum Tode verurteilen zu können.
Der Kriminalfilm Im Namen des Volkes nahm den Fall der Brüder Götze zum Anlass, um für den vom NS-Regime propagierten Kampf gegen „Berufsverbrecher“ zu werben: Der skrupellose Räuber Alfred Hübner wird von der Polizei gejagt, vor Gericht gestellt, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Das Drehbuch schrieb Walter Maisch, ein Mitarbeiter des Reichskriminalpolizeiamtes. Maisch lieferte die Vorlagen für eine Reihe von Kriminalfilmen im „Dritten Reich“. (am)

Einführung: Philipp Stiasny
am 10.4.2011 um 19.00 Uhr

 

 

ORDNUNG UND VERNICHTUNG
Ein deutsches Schicksal – Kriminalkommissar Alfred Aedtner
BRD 1987, R: Yoash Tatari, 44’ BetaSP

Sie wurden geschnitten, beschimpft und manchmal sogar bedroht bei ihrer Arbeit. Kriminalbeamte wie Alfred Aedtner ermittelten ab Ende der 1950er Jahre gegen NS-Verbrecher. Viele von ihnen waren Kollegen im Polizeidienst oder sogar Vorgesetzte. Alfred Aedtner ließ sich davon nicht abschrecken. Mit großem Engagement arbeitete er sein ganzes Berufsleben lang für die Aufklärung der NS-Verbrechen. Nach seiner vorzeitigen Pensionierung sorgte er dafür, dass die Ermittlungsakten archiviert wurden und so für die Nachwelt erhalten bleiben.
Die Dokumentation von Yoash Tatari porträtiert einen Menschen, dem die Aufarbeitung der NS-Verbrechen zur Lebensaufgabe wurde. Es ist zugleich das Porträt einer für lange Zeit wenig beachteten Behörde: Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen, für die Aedtner tätig war, wurde 1958 gegründet, um innerhalb weniger Jahre die unbequeme Vergangenheit aufzuarbeiten. Nach mehr als einem halben Jahrhundert hat die Behörde ihre Arbeit noch immer nicht abgeschlossen. (am)

In Anwesenheit von Yoash Tatari
am 12.4.2011 um 20.00 Uhr

 

 

ORDNUNG UND VERNICHTUNG
Herr Schmidt von der Gestapo – Filmische Dokumentation einer Beamtenkarriere.
DDR 1989, R: Róza Berger-Fiedler, 106’ 35 mm

Im Herbst 1987 stand der Rentner Henry Schmidt in Dresden vor Gericht. Der ehemalige Leiter des Juden-Referats der Dresdner Gestapo musste sich wegen der Deportation von Juden nach Auschwitz verantworten. Es sollte einer der letzten Strafprozesse in der DDR gegen NS-Verbrecher werden. Wie in diesen Fällen üblich, bereitete das Ministerium für Staatssicherheit das Verfahren sorgfältig vor. Unter dem Decknamen „Operation Sadist“ ermittelte die Stasi mehrere Jahre verdeckt gegen Schmidt, der sich nach Kriegsende den neuen politischen Verhältnissen in Ostdeutschland angepasst hatte. Aus dem „Eichmann von Dresden“ (Neues Deutschland) war ein mehrfach ausgezeichneter „Aktivist der sozialistischen Arbeit“ geworden, der schließlich zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.
Die DEFA-Dokumentation zeigt den Angeklagten Schmidt als einen beflissenen Kleinbürger und willigen Bürokraten des NS-Regimes. Der Film bekräftigte das antifaschistische Selbstbild der DDR als besserer deutscher Staat, der konsequent die NS-Verbrechen aufarbeitet. (am)

Einführung: Elke Schieber
am 22.4.2011 um 18.30 Uhr

 

 

ORDNUNG UND VERNICHTUNG
Kriminalkommissar Eyck
D 1939/40, R: Milo Harbich, D: Anneliese Uhlig, Paul Klinger, Herbert Wilk, Hans-Joachim Büttner, 87’ 35 mm

Den Winterurlaub kann der Kriminalkommissar Eyck nur kurz genießen, denn in seinem mondänen Hotel geschieht ein Mord. Verdächtig ist der Krimiautor Gorgas, der nach eigener Auskunft bloß „Tatortstudien“ betreibt. Doch Gorgas hat ein Alibi. Bei den Ermittlungen, die ihn zurück nach Berlin führen, stößt Eyck auf eine international operierende Bande von Juwelendieben, zu der auch Gorgas Kontakte unterhält. Ein Mordversuch an Eyck in einer Kneipe schlägt fehlt, aber dann spinnt Gorgas eine Intrige gegen den Kommissar. Dabei bedient er sich der Sängerin Barbara. In die Zeugin des Mordes hat sich Eyck verliebt. Das wird ihm nun zum Verhängnis. Als er aus dem Polizeidienst entlassen wird, ermittelt er auf eigene Faust weiter, unterstützt allein von seinem Mitarbeiter Brandner.
Kriminalkommissar Eyck gehört zu den Polizeifilmen, die mit Unterstützung des Reichskriminalpolizeiamtes realisiert wurden. Sie sollten ein positives Bild von den Kriminalisten des NS-Regimes und ihrer Arbeit verbreiten. (am)

am 23.4.2011 um 21.00 Uhr

 

 

ORDNUNG UND VERNICHTUNG
Land der Vernichtung
D 2004, R: Romuald Karmakar, 140’ BetaSP

Die Recherchen für einen Spielfilm über das Strafverfahren gegen Angehörige des Polizei-Reservebataillons 101 führten Romuald Karmakar 2003 nach Polen. Im Raum Lublin ermordete die Polizeieinheit aus Hamburg zwischen Sommer 1942 und Herbst 1943 fast 40.000 Juden; noch einmal so viele wurden von den Polizisten in das Vernichtungslager Treblinka getrieben. Für ihre Taten mussten sich 14 Angehörige der etwa 500 Mann starken Einheit Ende der 1960er Jahre vor dem Landgericht Hamburg verantworten.
Mit einer Handkamera dreht Karmakar an den Orten der Verbrechen – an kleinen Ortschaften in Ostpolen und an den Gedenkstätten Majdanek, Treblinka, Sobibor und Belzec. Er spricht mit Polen, die heute dort leben, und mit Touristen. Aus den 15 Stunden Filmmaterial entstand ein Dokumentarfilm über den schwierigen Umgang mit den Orten des Grauens und dem Erbe der verschwundenen jüdischen Kultur in Polen. (am)

Im Anschluss Publikumsgespräch mit Romuald Karmakar
am 26.4.2011 um 20.00 Uhr

 

 

ORDNUNG UND VERNICHTUNG
Der gute Vater: Eine Tochter klagt an.
D 2003, R: Yoash Tatari, 90’ BetaSP

Eine Frau macht sich auf die Suche nach der Geschichte ihres Vaters, der als Opfer der DDR-Justiz gilt. Ihre Recherchen liefern ein anderes Bild: Der Vater war ein Mörder, und die Familiengeschichte auf Lügen gebaut.
Die Dokumentation des mehrfachen Grimmepreisträgers Yoash Tatari begleitet Beate Niemann bei der Spurensuche nach ihrem Vater Bruno Sattler. Die Tochter, 1942 geboren, sah ihren Vater nur wenige Mal vor dessen Tod in der DDR-Haft 1972. Sattler trat 1928 in Berlin in den Polizeidienst. Von der Kriminalpolizei wechselte er 1933 zur Gestapo. Der Krieg eröffnete dem Kriminalisten eine Karriere als Referatsleiter im Reichssicherheitshauptamt, als Angehöriger einer Einsatzgruppe der Sicherheitspolizei beim Überfall auf die Sowjetunion und schließlich als Gestapochef in Belgrad. Dort organisierte er den Mord an den Juden und die Verschleppung von Zivilisten zur Zwangsarbeit. Nach dem Krieg kehrte Sattler unter falschem Namen zu seiner Familie nach Westberlin zurück. Von dort aus verschleppte ihn die ostdeutsche Geheimpolizei. Jahrelang galt er als verschollen, bis die Familie zufällig von seiner Verurteilung als Kriegsverbrecher erfuhr. (am)

In Anwesenheit von Beate Niemann und Yoash Tatari
am 29.4.2011 um 18.30 Uhr

 

 

ORDNUNG UND VERNICHTUNG

Hôtel Terminus. The Life and Times of Klaus Barbie
Hôtel Terminus. Leben und Zeit des Klaus Barbie
USA/BRD/F 1988, R: Marcel Ophüls, 267’ 35 mm, OmU

Er war als „Schlächter von Lyon“ gefürchtet: Klaus Barbie, SS-Hauptsturmführer und Gestapochef von Lyon. Im Hôtel Terminus, seinem Dienstsitz, folterte Barbie seine Opfer. Unter ihnen waren Priester, Juden und Angehörige der Résistance. Nach Kriegsende setzte sich Barbie mit Hilfe von Geheimdiensten nach Südamerika ab. Unter dem Namen Klaus Altmann arbeitete er für den bolivianischen Geheimdienst. In den 1970er Jahren spürten ihn Beate und Serge Klarsfeld auf und versuchten ihn nach Frankreich zu entführen. Erst 1983 lieferte ihn die bolivianische Regierung aus. Vier Jahre später verurteilte ein französisches Gericht Klaus Barbie zu lebenslanger Haft.
In Hôtel Terminus. The Life and Times of Klaus Barbie kommen Schulfreunde, Kommilitonen, Nachbarn, Agenten, Opfer und Familienangehörige von Klaus Barbie zu Wort. Aus verschiedenen Perspektiven erzählen sie das Leben Barbies, von den Jugendjahren im Rheinland bis zur Geheimdienstarbeit für die bolivianische Junta und seiner späten Enttarnung. (am)

am 3.5.2011 um 19.00 Uhr

 

 

 

 

 

 

 
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