Zeughauskino

 

Kino im Zeughaus | Programm | Programmarchiv


November | Dezember
Berlin.Dokument | Hands on Fassbinder | Ohne Genehmigung | Rekonstruktion. Finnland Rumänien
Günter Reisch | Unter Vorbehalt | Verführung Freiheit | Wiederentdeckt

 


  UNTER VORBEHALT

 

UNTER VORBEHALT

Die Vorführung mancher Filme, die während des „Dritten Reichs“ entstanden sind, ist nur unter Vorbehalt möglich. Diese sogenannten Vorbehaltsfilme dürfen zwar gezeigt, sie müssen aber eingeführt und mit dem Publikum diskutiert werden. Ihre Vorführung soll der Aufklärung über den Nationalsozialismus dienen. Zum Korpus der Vorbehaltsfilme gehören über 40 abendfüllende Produktionen. Darunter finden sich Spielfilme wie Jud Süß oder Hitlerjunge Quex – Filme, von denen immer wieder die Rede ist, wenngleich sie kaum jemand gesehen hat. Die meisten Vorbehaltsfilme sind jedoch vollkommen unbekannt. Die Reihe UNTER VORBEHALT, die in unregelmäßiger Folge alle Vorbehaltsfilme vorstellen und diskutieren wird, möchte unter anderem dazu beitragen, das Reden über das Kino des „Dritten Reichs“ von diesen blinden Flecken der Diskussion zu befreien. Dabei wird auch die Frage eine Rolle spielen, wie wir mit dem filmischen Erbe des Nationalsozialismus umgehen möchten – und wer dieses „wir“ ist.

 

UNTER VORBEHALT
„Für Sauberkeit in unserem Haus sorgen wir selbst“
Zur Geschichte der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) und ihres Umgangs mit NS-Filmen
Vortrag von Christiane von Wahlert (Geschäftsführerin FSK)

1949 einigten sich die Kultusminister und die deutsche Filmwirtschaft auf Druck der US-amerikanischen Militärregierung auf eine gemeinsame Selbstkontrolleinrichtung, an der auch die Kirchen mitwirkten. Damit sollte ein behördliches Eingreifen und die Errichtung einer staatlichen Filmzensur vermieden werden. Seitdem wurden 170.000 Filme auf „Gefährdung der Jugend“ geprüft und – mit einigen Ausnahmen – nach Altersgruppen freigegeben. Die Geschichte der FSK dokumentiert auch die Veränderung der moralischen und sittlichen Grundwerte der Gesellschaft. Der Vortrag skizziert die Entstehungsgeschichte, die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Arbeitsweise der FSK. Anhand ausgewählter Beispiele wird zudem der Umgang der FSK mit den sogenannten Vorbehaltsfilmen aus der NS-Zeit dargelegt.

Eintritt frei
am 9.11.2012 um 18.30 Uhr

 

UNTER VORBEHALT
Das Wunschkonzert
D 1940, R: Eduard von Borsody, B: Felix Lützkendorf, Eduard von Borsody, D: Ilse Werner, Carl Raddatz, Heinz Goedecke, Ida Wüst, 101‘     35 mm

Im ersten Jahr des Zweiten Weltkriegs beschwört Das Wunschkonzert den unerschütterlichen Zusammenhalt von Front und Heimat und die Treue der wartenden Frau. Während der Olympiade 1936 verliebt sich Inge in den Fliegerleutnant Herbert, der aber kurz vor ihrer Heirat in geheimer Mission zum Einsatz in der Legion Condor nach Spanien abkommandiert wird. Jahrelang empfängt Inge kein Lebenszeichen von Herbert, bis sie in der populären Radiosendung Das Wunschkonzert ein von ihm gewünschtes Lied hört. So findet das Paar schließlich doch wieder zusammen.
Im Zentrum dieser Geschichte über Liebe und Krieg, Pflichterfüllung, Verzicht und glückliche Wiedervereinigung steht das Wunschkonzert, das die Soldaten an den verschiedenen Kriegsfronten und die Zivilisten in Deutschland als Radiohörer miteinander vereint. Eingefügt in die Spielhandlung sind dokumentarische Szenen aus Leni Riefenstahls Olympia-Film und verschiedenen Kriegswochenschauen sowie die Auftritte zahlreicher Unterhaltungskünstler im Rundfunkstudio. Mit 23 Millionen Zuschauern war Das Wunschkonzert der zweiterfolgreichste Film des „Dritten Reichs“. (ps)

Einführung: Stefanie Mathilde Frank
am 9.11.2012 um 20.00 Uhr

 

UNTER VORBEHALT
Geschichte und Struktur der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
Vortrag von Ernst Szebedits (Vorstand Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung)

Zu den Beständen der 1966 in Wiesbaden gegründeten Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung zählen vor allem das Weimarer Kino, die Produktion des „Dritten Reiches“ sowie ein Teil des deutschen Nachkriegskinos. In diesem einzigartigen Bestand – 2.000 Stummfilme, 1.000 Tonfilme und rund 3.000 Kurzfilme (Werbe-, Kultur-, Dokumentarfilme) – finden sich Filme bedeutender Regisseure wie Friedrich Wilhelm Murnau, Fritz Lang, Ernst Lubitsch, Detlef Sierck, Helmut Käutner und Wolfgang Staudte.
Besondere Verantwortung trägt die Stiftung für den Umgang mit den sogenannten „Vorbehaltsfilmen“, Propagandafilmen aus dem nationalsozialistischen Deutschland, deren Inhalte meist kriegsverherrlichend, rassistisch oder volksverhetzend sind. Der Stiftung ist aufgegeben, mit den in ideologischer Absicht produzierten Filmen jener Zeit verantwortungsbewusst umzugehen. Die Filme gehören zum deutschen Film-Erbe und sind einmalige historische Zeitdokumente und Zeitzeugnisse. Sie repräsentieren den Versuch der Nazi-Herrscher, die Bevölkerung systematisch zu manipulieren und stellen ein Element im „Konzert der NS-Propagandamittel“ dar. Dieses Mittel ist erhalten geblieben und kann „besichtigt“ werden. Die Filme werden in Seminaren mit begleitender historischer Einführung und Diskussion durch einen fachkundigen Referenten gezeigt.

Eintritt frei
am 10.11.2012 um 17.00 Uhr

 

UNTER VORBEHALT
Heimkehr
D 1941, R: Gustav Ucicky, B: Gerhard Menzel, D: Paula Wessely, Peter Petersen, Attila Hörbiger, Ruth Hellberg, Berta Drews, 95’           35 mm

Antipolnischer und antisemitischer Propagandafilm, mit den höchsten Prädikaten des NS-Staates ausgezeichnet. Die Handlung spielt 1939 in der polnischen Kreisstadt Luzk, in Wolhynien. Die hier seit dem 18. Jahrhundert lebende deutsche Minderheit – die sogenannten Wolhyniendeutschen – wird von den Polen immer stärker schikaniert und ihrer Rechte beraubt. Sie müssen ihre Schule aufgeben, bei einem brutalen Übergriff in einem Kino wird ein Deutscher erschlagen, ein Arzt wird aus dem Hinterhalt beschossen und erblindet, die Deutschen werden von ihren Höfen gejagt. Trotz eines Versammlungsverbots finden sich am 1. September 1939 200 Deutsche in einer Scheune ein, um im Radio Hitlers Rede vor dem Reichstag zu verfolgen. Sie werden von polnischen Soldaten verhaftet und eingekerkert; nur der deutsche Vormarsch rettet sie vor dem sicheren Erschießungstod. Im Treck ziehen die Wolhyniendeutschen schließlich „heim ins Reich“... tatsächlich aber wurden sie in die eroberten polnischen Westgebiete „umgesiedelt“. – Am Film Heimkehr wirken auch polnische Schauspieler mit – „die schlimmste Episode aus der Geschichte der Filmkollaboration“, wie der polnische Filmhistoriker Jerzy Toeplitz schreibt. Ihnen wird 1947 in Polen der Prozess gemacht. (jg)

Einführung: Philipp Stiasny
am 10.11.2012 um 18.30 Uhr

 

UNTER VORBEHALT
Nur unter Vorbehalt!
Podiumsdiskussion über den Umgang mit dem Erbe der nationalsozialistischen Propagandafilme

Seit September 2011 präsentiert die Reihe UNTER VORBEHALT Propagandafilme aus der Zeit des Nationalsozialismus, deren Vorführung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verboten war und die mittlerweile wieder gezeigt werden dürfen – unter dem Vorbehalt, dass Einführungen und Diskussionen die Vorführung der Filme begleiten. In den bisherigen Diskussionen der Reihe wurden immer wieder auch allgemeine Fragen gestellt, die für das jeweilige Programm genauso von Interesse waren wie für den Korpus der sogenannten Vorbehaltsfilme insgesamt. Welche besonderen Kennzeichen besitzt ein Propagandafilm? Welcher Umgang mit diesem filmischen Erbe ist heute angemessen? Wer entscheidet über die Bedingungen seiner Vorführung? Und aufgrund welcher Maßstäbe?
Am 10. November widmet sich diesen Fragen eine eigene Veranstaltung. Auf dem Podium sitzen unter anderem Ernst Szebedits (Vorstand Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung), Rainer Rother (Künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen) und Christiane von Wahlert (Geschäftsführerin der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft).

Eintritt frei
am 10.11.2012 um 20.30 Uhr

 

 
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