WIEDERENTDECKT
Wiederentdeckt – so heißt unsere filmhistorische Reihe, kuratiert von CineGraph Babelsberg e.V., die einmal im Monat vergessene Schätze der deutschen Filmgeschichte vorstellt. Zu sehen sind Werke, die oftmals im Schatten jener Filme stehen, die den deutschen Filmruhm begründet haben. Sie sind Zeugnisse einer wirtschaftlich leistungsfähigen und handwerklich ambitionierten Filmindustrie. Erstaunlich viele dieser Filme „aus der zweiten Reihe“ sind erhalten. In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv und der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen recherchieren die Mitarbeiter von CineGraph Babelsberg e.V. diese Filme und analysieren sie im historischen Kontext. Sie erstellen Begleitblätter für das Publikum, führen in die Filme ein und dokumentieren ihre Forschungsergebnisse im Filmblatt, der Zeitschrift von CineGraph Babelsberg e.V.
Eine Veranstaltungsreihe in Zusammenarbeit mit CineGraph Babelsberg e.V., dem Bundesarchiv-Filmarchiv und der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen
WIEDERENTDECKT
Einmal ist keinmal
DDR 1955, R: Konrad Wolf, B: Paul Wiens, K: Werner Bergmann, M: Günter Kochan, D: Horst Drinda, Brigitte Krause, Annemone Haase, Friedrich Gnaß, 98‘ 35 mm
„Ein heiterer musikalischer Farbfilm der DEFA in und um Klingenthal“ – so warb die DEFA 1955; „der einzige Heimatfilm aus der DDR“ – so befand Peter Hoff 35 Jahre später (Beiträge zur Film- und Fernsehwissenschaft 1990/39). In seinem Debütfilm, den er als Diplomfilm an der Filmhochschule WGIK in Moskau einreichte, entführt uns Konrad Wolf mitten ins Erzgebirge, genauer gesagt nach Klingenthal im sächsischen Musikwinkel. Hier will Peter Weselin (Horst Drinda), ein junger Düsseldorfer Komponist, einen ruhigen Sommerurlaub verbringen – ausgerechnet während des alljährlichen Musikfests. Nach zahlreichen Irrungen und Verwirrungen hat er nicht nur einen Walzer, eine Rhapsodie und einen Schlager komponiert, sondern auch die hübsche Rothaar-Anna mit dem vertrackten Charakter (Brigitte Krause) erobert. Einmal ist keinmal kombiniert Motive des westdeutschen Heimatfilms mit solchen der sowjetischen Filmkomödie. Dabei sei der Film „so erfreulich weit von jeder herkömmlichen Lustspielschablone entfernt, daß mir richtig wohl ums Herz wurde beim Zuschauen“, schrieb Hermann Martin (B.Z. Am Abend, Deutschland, 31.3.55) und die Musikstücke, „die sich ins Ohr schmeicheln“ (Gerhard Rostin, Neue Zeit, 31.3.55) wurden mehrfach hervorgehoben. (sk)
Einführung: Sarah Kordecki
am 7.6.2013 um 18.30 Uhr
WIEDERENTDECKT
Angelo. Das Mysterium des Schlosses
D 1921, R: Robert Leffler, P/B: Franjo Ledić, Fragment, 1’ DVD
Die Finanzen des Großherzogs
D 1924, R: Friedrich Wilhelm Murnau, B: Thea von Harbou, K: Karl Freund, Franz Planer, D: Alfred Abel, Harry Liedtke, Mady Christians, ca. 77’ 35 mm
m Juli 2013 feiert Kroatien seinen Beitritt zur Europäischen Union. Aus diesem Anlass werfen zwei Programme ein Schlaglicht auf die lange Geschichte der deutsch-kroatischen Filmbeziehungen. Angezogen von der Schönheit der Adria, reisten seit den 1920er Jahren immer wieder Filmteams von Deutschland nach Kroatien, um dort unter freiem Himmel Komödien, Melodramen und Abenteuerfilme zu drehen. Ein Großteil davon ist heute verschollen. Zu den berühmtesten dieser Filme gehört Die Finanzen des Großherzogs von Friedrich Wilhelm Murnau, eine überschäumende Komödie, wunderschön fotografiert von Karl Freund und Franz Planer. Die Geschichte klingt aktuell: Wie kann ein hochverschuldeter kleiner Staat in Südeuropa seine Finanzen wieder in Ordnung bringen? Zwar lässt die geplante Heirat des Großherzogs Don Ramon (Harry Liedtke) mit einer reichen Russin (Mady Christians) neue Hoffnung keimen, doch dann lösen die Ankunft eines seltsamen Abenteurers (Alfred Abel) und die geheimen Aktivitäten einer Gruppe von Revolutionären ungeahnte Turbulenzen aus.
Dass in den 1920er Jahren nicht nur Deutsche nach Kroatien gingen, sondern auch Kroaten nach Deutschland, um Filme zu machen, zeigt das im expressionistischen Stil inszenierte Drama Angelo. Das Mysterium des Schlosses (1921), geschrieben und produziert von Franjo Ledić. (lr, ps)
Eine Gemeinschaftsveranstaltung von CineGraph Babelsberg e.V. und Kinofon (Zagreb) im Rahmen von Kroatien Kreativ 2013
Am Flügel: Peter Gotthardt
Grußwort: S.E. Dr. Miro Kovač (Botschafter der Republik Kroatien)
Einführung: Leon Rizmaul (Kinofon)
am 5.7.2013 um 20.00 Uhr
WIEDERENTDECKT
Lied der Adria
D 1937, R: Hanns Beck-Gaden, 22’ 35 mm
Die Korallenprinzessin / An der blauen Adria
D/YU 1937, R: Victor Janson, B: Harald G. Petersson, F.B. Cortan, M: Ivo Tijardovich, D: Iván Petrovich, Ita Rina, Hilde Sessak, Wilhelm H. König, Eduard von Winterstein, 74’ 35 mm
In der Geschichte der deutsch-kroatischen Filmbeziehungen nimmt Die Korallenprinzessin (1937) als erste wirkliche Koproduktion beider Länder eine Sonderrolle ein. Jahrzehnte bevor die – vom gleichen Drehbuchautor, Harald G. Petersson, verfassten – Winnetou-Filme die kroatische Adria in der Bundesrepublik als idealen Schauplatz für Abenteuerfilme und als begehrtes Urlaubsziel berühmt machten, entstand dort mit kroatischen und deutschen Schauspielern das Sozialdrama Die Korallenprinzessin Der junge Marko, der eigentlich ein begeisterter Fliegeroffizier ist, kommt zurück in sein Fischerdorf in Dalmatien und übernimmt vom Vater die Leitung der Fanggemeinschaft der Korallenfischer. Als er moderne Fangmethoden einführen will, kommt es zur Revolte. Nebenbei erzählt der populäre Film von einer deutsch-kroatischen Liebesgeschichte. Man sieht der Korallenprinzessin nicht mehr an, wie kompliziert die Produktion verlief: Hinter den Kulissen verfolgten nämlich die Gestapo und der jugoslawische Geheimdienst, Propagandaminister Goebbels und der Botschafter Jugoslawiens ihre ganz eigenen Ziele. Im Vorprogramm läuft der ebenfalls 1937 entstandene Kulturfilm Lied der Adria, gedreht in Split, Omis, Brac und Trogir. (dr, ps)
Eine Gemeinschaftsveranstaltung von CineGraph Babelsberg e.V. und Kinofon (Zagreb) im Rahmen von Kroatien Kreativ 2013
Einführung: Daniel Rafaelić (Kinofon)
am 6.7.2013 um 20.00 Uhr
WIEDERENTDECKT
Madame hat Ausgang
D/F 1931, R: Wilhelm Thiele, B: Franz Schulz, Wilhelm Thiele, D: Liane Haid, Hans Brausewetter, Ernst Dumke, Hilde Hildebrand, 82‘ 35 mm
„Mein schönes Fräulein darf ich‘s wagen? Wir geh’n ein Stündchen noch zu mir? Nicht weit von hier, wenn Sie mich fragen, liegt mein bescheidenes Quartier.“ Mit dieser Goethe-Lockerungsübung beginnt der von Robert Gilbert getextete und von dem Wiener Ralph Erwin komponierte Foxtrott Mein Herz hat heut’ Besuch, den der junge Marcel (Hans Brausewetter) singt, um die attraktive Irène (Liane Haid) zu sich zu locken. Irène, die Frau des wohlhabenden Jacques Vernier (Ernst Dumke), hat sich als Dienstmädchen verkleidet und ist mit ihrer Freundin Eva (Hilde Hildebrand) auf einen Bal Musette gegangen, um es Jacques, der es mit der ehelichen Treue nicht so genau nimmt, einmal richtig heimzuzahlen. Marcel und Irène werden ein Liebespaar, doch ergeben sich aus dem Wechsel zwischen Hausherrin und Zofe recht unangenehme Verwicklungen.
Der Komponist Ralph Erwin, der 1929 mit dem Tango Ich küsse Ihre Hand, Madame aus dem gleichnamigen Teiltonfilm mit Marlene Dietrich einen überragenden Schallplattenerfolg erzielt hatte, schrieb für Madame hat Ausgang zwei weitere, gut tanzbare Nummern, und Regisseur Wilhelm Thiele (Drei von der Tankstelle, 1930) erwies sich erneut als Meister in der Inszenierung der Tonfilmoperette.
Die musikalische Komödie aus dem Pariser Gesellschaftsmilieu nach dem Theaterstück
L’amoureuse aventure von Armant und Gerbidon galt lange Zeit als verschollen. 1994 fand das Team des Münchner Filmmuseums im Schuppen des Privatsammlers Hermann Fischer eine Nitro-Kopie des Films. Das Bundesarchiv sicherte das Material. (uvk)
Einführung: Ursula von Keitz
am 2.8.2013 um 19.00 Uhr
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