Der Schlußstein
der deutschen Einigung Der Reichstag stand also auf der einen Seite einer Linie, die den Einheitsstaat
und die nationaldemokratische Repräsentation vom Bundesstaat und
dem monarchischen Absolutismus trennte; diese Linie aber lief mitten
durch das Parlament hindurch, indem nicht nur Vertreter föderalistischer,
ja, partikularistischer und damit anti-unitarischer Interessen saßen,
sondern auch Gegner der Demokratie. Als Moritz von Blanckenburg, als
Preuße anti-unitarischer Partikularist und als Konservativer anti-demokratischer
Monarchist, in der Debatte über die Errichtung eines Reichstagsgebäudes
am 19. April 1871 das Wort ergriff, war klar, daß er nicht bereit
sein würde, sich für einen aufwendigen und repräsentativen
Bau einzusetzen, der die Bedeutung des Reichstages besonders unterstrichen
hätte. Blanckenburg votiert für ein unauffälliges Zweckgebäude
in der Nähe der Zentrale staatlicher Macht in der Wilhelmstraße.
Er trifft sich in dieser Forderung mit dem Abgeordneten der linksliberalen
Fortschrittspartei, Franz von Hoverbeck, der zwar weder anti-Unitarier
noch gar anti-Demokrat war, aber umgekehrt wohl die Befürchtung
hegte, der geringe Umfang der Machtfülle, die die Verfassung dem
Reichstag zugestand, könnte durch die aufwendige Fassade eines
repräsentativen Gebäudes allzu leicht verdeckt werden. |
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