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Ehrenlegion
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Durch die Französische Revolution von 1789 veränderte
sich das Auszeichnungswesen grundlegend. Das Ordenssystem
des Adels wurde in Frankreich abgeschafft. Die neue Ordnung
wollte jedoch auf ein Auszeichnungssystem nicht verzichten.
Die durch die revolutionäre Umgestaltung geschaffenen
Verwaltungs- und Staatsbehörden basierten auf einer aktiven
Mitarbeit von Vertretern unterer Bevölkerungsschichten
(Abb. 1). In den Koalitionskriegen, die gegen Frankreich geführt
wurden, erschien die Schaffung von Auszeichnungen notwendig,
die den Leistungswillen der Massenheere (levée en masse)
zum Ausdruck brachten und vor allem der Motivation dienten.
Durch die veränderten Gesellschaftsstrukturen konnte
auf das aus dynastischen Zeiten stammende Ordenswesen nicht
zurückgegriffen werden. Eine Belohnung erfolgte durch
Geldgeschenke oder durch die Vergabe von Ehrenwaffen in Form
von gravierten Degen und Säbeln (Abb. 2). Der Artikel
87 der Verfassung von 1799 legte fest, daß für
Kriegsverdienste nationale Belohnungen zu vergeben sind, und
laut Erlaß vom 25. Dezember 1799 sollten an Soldaten
und Offiziere, die sich im Krieg auszeichnen, Ehrenwaffen
verliehen werden. Offensichtlich entsprach diese Art von Auszeichnungen
nicht den Vorstellungen des zu Machtfülle gelangten Ersten
Konsuls.
In der Nationalversammlung wurde 1802 die auf einer Idee
Napoleon Bonapartes beruhende Ehrenlegion ins Leben gerufen.
Bezeichnend und aufschlußreich sind die Worte, mit denen
Napoleon im Staatsrat die Notwendigkeit gegenüber Kritikern
einer neu zu schaffenden Auszeichnung begründete: "Ich
wette,
daß man mir keine alte und neue Republik
nennen kann, die keine Auszeichnungen vergeben hat. Und das
nennt man Spielzeug und Flitterkram! Sehr gut! Aber mit solchem
Flitterkram leitet man die Menschen. Ich würde das vom
Rednerpult herab nicht aussprechen, aber in einem Rat von
weisen Staatsmännern kann man alles sagen. Ich glaube
nicht, daß das französische Volk Freiheit und Gleichheit
liebt. Die Franzosen haben sich in den letzten Jahren der
Revolution nicht geändert. Sie haben nur eine Leidenschaft,
und diese nennt sich Ehre'. Man muß aber diese
Leidenschaft hegen und pflegen und Auszeichnungen verleihen!"
(Kircheisen, Napoleon I., V 272). Die Ehrenlegion berücksichtigte
gleichermaßen zivile und militärische Verdienste.
Orientierung gaben römische Vorbilder, was auch in den
Bezeichnungen seinen Niederschlag fand. Entsprechend der Zahl
der Landesregionen bestand die Legion aus 16 Kohorten. Jede
von ihnen zählte 350 Legionäre, 30 Offiziere, 20
Kommandeure und 7 Großoffiziere. Den Kohorten stand
der Große Rat vor; Chef des Rates und der Legion war
der Erste Konsul. In die Legion konnte jeder unabhängig
vom Rang oder Stand sowie unabhängig von der konfessionellen
Bindung aufgenommen werden. Aufnahme und Mitgliedschaft stellten
die Auszeichnung dar. Bis 1804 gab es auch keine sichtbar
zu tragende Insignie. Ein Kapitel regelte die finanziellen
Angelegenheiten, da mit der Aufnahme ein Rentenanspruch verbunden
war.
Die Auszeichnung unterschied sich grundlegend von den Orden
des Ancien Regime und entsprach in dieser Form den gesellschaftlichen
Notwendigkeiten und Erfordernissen der Konsulatszeit. Als
sich Napoleon 1804 zum Kaiser krönte, wurden auch die
Statuten der Ehrenlegion geändert. Von einer Organisation
wurde sie zum Verdienstorden umfunktioniert. In den folgenden
Jahren entstand eine fünfklassige Einteilung in Großkreuz
(Abb. 3 u. 4), Großoffizier, Kommandeur, Offizier und
Ritter (Abb. 5-8), die von der Ein- bzw. Dreistufigkeit bisheriger
Orden abwich. Ein Ausdruck für die nationale Bedeutung
dieser Auszeichnung ist ihr Bestand durch den politischen
und zeitlichen Wandel bis zur Gegenwart. "Sie überdauerte
alle Regierungen, Königtum wie Republiken, ganz von dem
zweiten Kaiserreich abgesehen, und ist auch in der gegenwärtigen
Republik die stärkste Triebfeder für den französischen
Ehrgeiz, denn das rote Bändchen im Knopfloch öffnet
allen Tür und Tor" (Kircheisen, Napoleon I., V 273).
Als ziviler und militärischer Verdienstorden stand und
steht sie allen Personen ohne Rücksicht auf Rang oder
Stand offen. Im Laufe der Jahre wurden lediglich Modifizierungen
der Verleihung oder Änderungen in der Größe
und am Bild sowie der Devise im Medaillon des Ordenszeichens
vorgenommen. Die Änderungen entsprachen dem jeweiligen
politischen Umfeld. Seit 1871 ist das Zeichen der Ehrenlegion
auch Bestandteil des Staatswappens der Republik Frankreich.
Die Ehrenlegion als ein äußeres Zeichen der gesellschaftlichen
Veränderungen war auch für das Auszeichnungswesen
anderer Länder ein Vorbild. Die Entwicklung Europas wurde
nachhaltig durch die Französische Revolution, die Auswirkungen
der Koalitionskriege sowie die Napoleonischen Kriege beeinflußt.
Staaten, die in einem Abhängigkeits- oder Besatzungsverhältnis
zu Frankreich standen, übernahmen Teile der bürgerlichen
Gesellschaftsstrukturen. Auch in den monarchisch geprägten
Ländern Deutschlands nahm im 19. Jahrhundert die Zahl
der Orden für Verdienste zu. Obwohl der Adel keine Verleihungsvoraussetzung
mehr war, blieben die hohen Klassen (Großkreuz und Kommandeur)
noch an Rang und Stand gebunden. Das Auszeichnungswesen war
im 19. Jahrhundert durch eine Vielzahl von Stiftungen gekennzeichnet.
Von 1800 bis 1945 entstanden in den deutschen Ländern
3.500 staatliche tragbare Auszeichnungen aller Kategorien
und Klassen. Verdienstauszeichnungen wurden geschaffen für
ein breites Leistungs- und Verdienstspektrum verschiedener
Bereiche, Berufe, Ämter und Dienststellungen. Leistungen
im wissenschaftlich-technischen Bereich, bei der industriellen
Entwicklung und bei der Bewältigung von Verwaltungsaufgaben
fanden mit der Verleihung von Verdienstorden eine Würdigung.
Vertreter des Bürgertums wurden politisch gesehen im
19. Jahrhundert zu anerkannten Kräften in der Gesellschaft.
Viele Orden wurden um eine vierte Klasse oder eine Medaille
bzw. ein Kreuz erweitert. In der Fachsprache nennt man diese
Ehrenzeichen, die einem Orden angeschlossen sind, affiliierte
Medaillen oder Kreuze. Untere Berufsgruppen im Staatsapparat
und niedere Ranggruppen des Militärs konnten so ebenfalls
in den Genuß von Auszeichnungen kommen. Ordensverleihungen
an Arbeiter oder Bauern blieben eine Ausnahme. Stiftungen
und Statuten, Klasseneinteilung und Verleihungsmodalitäten
sowie Gestaltung und Form der Orden des 19. Jahrhunderts wurden
inhaltlich von den deutschen Fürsten vorgegeben. Sie
waren auf die Würdigung von Leistungen zur Wahrung monarchischer
Strukturen ausgerichtet. Verleihungen an Vertreter des Bürgertums
sind innerhalb des monarchischen Systems Ausdruck der Würdigung
ihrer Arbeit auf politischem, wirtschaftlichem, wissenschaftlichem
und kulturellem Gebiet.
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Abb.
1
Medaille für Richter des Tribunal de cassation, Frankreich,
1799/1800
(Kat.-Nr. 17) |
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Abb.
2
Mundblech mit Gravur zur Scheide eines Ehrensäbels, Frankreich,
1793
(Kat.-Nr. 18) |
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Abb.
3
Orden der Ehrenlegion, Bruststern zum Großkreuz, 4. Modell,
Frankreich, 1830-1848
(Kat.-Nr. 20) |
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Abb.
4
Bildnis Kaiser Napoleons I. mit angelegtem Ordenskreuz und Bruststern
zum Großkreuz der Ehrenlegion sowie dem 1805 gestifteten
Orden der eisernen Krone Italiens |
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Abb.5
Orden der Ehrenlegion, Ritterkreuz, Frankreich,
2. Modell, 2. Typ, 1806-1815, Reduktion
(Kat.-Nr. 19a) |
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Abb.6
Orden der Ehrenlegion, Ritterkreuz, Frankreich,
2. Modell, 2.Typ, 1806-1815
(Kat.-Nr. 19b) |
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Abb.7
Orden der Ehrenlegion, Ritterkreuz, Frankreich
6. Modell, 1852-1870, Rückseite
(Kat.-Nr. 19c) |
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Abb.8
Orden der Ehrenlegion, Ritterkreuz, Frankreich,
7. Modell, 1870-1950
(Kat.-Nr. 19d)
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